Papst Franziskus beim Besuch der Kathedrale von Notre-Dame in der Erzdiözese von Bangui in der Zentralafrikanischen Republik. Foto:  

Hunderttausende haben Franziskus während seines Afrika-Besuchs zugejubelt. Doch die Begeisterung hat die riesigen Probleme des Kontinents nicht überdecken können.

Stuttgart - Päpste lieben Afrika. Paul VI. betrat 1969 als erster Pontifex afrikanischen Boden. Johannes Paul II. bereiste während seines Pontifikats 42 afrikanische Staaten. Sein Nachfolger Benedikt XVI. schwärmte vom „Kontinent der Hoffnung“. Und das jetzige Kirchenoberhaupt Franziskus ist soeben nach einer sechstägigen Pilgerfahrt wieder in Rom gelandet. Für die katholische Kirche ist Afrika der Wachstumsmotor. Während die Ortskirchen in Europa und in Nord- und Südamerika stagnieren und die Zahl der Priesteramtskandidaten sinkt, sind Afrikas Seminare rappelvoll.

Wird der nächste Papst ein Afrikaner?

Die Zahl der Katholiken wächst doppelt so schnell wie im weltweiten Durchschnitt. Aus der Missionskirche, die bis Mitte der 1960er Jahre noch fast vollständig von ausländischen Missionare getragen wurde, ist eine missionarische Kirche geworden. Was früher Peripherie war, rückt immer mehr in den Mittelpunkt weltkirchlichen Agierens. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auf den ersten Lateinamerikaner der erste Afrikaner im höchsten Kirchenamt folgen wird.

Für die katholische Kirche und vor allem für Afrika wäre dies ein gewaltiger Fortschritt. Obwohl viele Länder auf dem zweitgrößten Kontinent mit hohen Wachstumsraten und enorm gesteigerten Bruttosozialprodukten glänzen, hat sich an den unausrottbaren Plagen nichts geändert. Nigeria, mit knapp 180 Millionen Einwohnern Afrikas bevölkerungsreichstes Land, ist hierfür ein Paradebeispiel. Kaum Strom und sauberes Wasser, hohe Kriminalität, krankhafte Korruption: Der ökonomische Wachstumsriese lebt wie viele andere Länder des Kontinents auf Kosten der großen Mehrheit der Armen und künftiger Generationen.

Wie seine Vorgänger hat auch Franziskus auf seiner Reise nach Kenia, Uganda und in die Zentralafrikanische Republik die extreme soziale Ungerechtigkeit, Korruption, ethnische Konflikte, Terror und Unterentwicklung angeprangert. Zwar hat heute fast jeder der knapp 1,2 Milliarden Afrikaner ein Handy, die Wachstumsraten sind glänzend und der Aufschwung in vielen Staaten beeindruckend, so dass Ökonomen angesichts der Statistiken ins Schwärmen geraten. Reichlich vorschnell. Denn der Boom ist weder nachhaltig noch von Dauer. Dass das Sozialprodukt in Ländern wie Nigeria, Angola, Tansania oder Kenia so stark zulegt, hat vor allem damit zu tun, dass Rohstoffe verhökert und die Ressourcen – zu denen vor allem fruchtbares Land gehört – ausgebeutet werden.

Kleine korrupte Cliquen herrschen über bettelarme Mehrheit

Vom Wachstum profitieren in der Regel nur wenige, kleine korrupte Cliquen von Kleptokraten, die sich die Gewinne in die eigenen Taschen stecken, während die große Mehrheit der Bevölkerung weiter in Armut und Unterentwicklung verharrt. Solange der Reichtum aller in den Taschen einiger weniger landet anstatt in Bildung, Infrastruktur, industrieller und sozialer Entwicklung investiert zu werden, wird auch dieser Boom nur ein Strohfeuer bleiben.

Trotz gesteigertem Bruttosozialprodukt und Hunderter Milliarden an Entwicklungshilfe sind viele Länder keinen Schritt vorangekommen. Afrika ist ein Kontinent voller Hunger, blutiger Bürgerkriege, gescheiterter Staaten und korrupter Regierungen geblieben. Die Mächtigen und Kleptokraten saugen ihre Völker aus, stecken sich einen Großteil der internationalen Hilfen und der Einnahmen aus dem Rohstoffexport in die eigenen Taschen und finanzieren damit ihr Luxusleben inmitten einer Welt bitterster Armut.

Bis 2050 verdoppelt sich Afrikas Bevölkerung

Hinzu kommt das rasante Bevölkerungswachstum. Bis 2050 wird Afrikas Bevölkerung Schätzungen der vereinten Nationen zufolge um 50 Prozent auf 2,7 Milliarden Menschen wachsen. In Somalia, Tansania und Uganda beispielsweise wird sich die Bevölkerung verfünffachen, im Niger sogar verzehnfachen. Ausgerechnet auf einem Kontinent, wo bereits Mangelernährung, medizinische Unterversorgung, Wasser- und Rohstoffknappheit herrschen, der wie kein anderer von Katastrophen, Kriegen und Seuchen heimgesucht wird und im Würgegriff von Korruption und Instabilität steckt, müssen sich in Zukunft noch mehr Menschen die immer knapper werdenden Ressourcen teilen.