Heimatvereins-Chef Helmut Strobel (links) nahm die beiden Zeichnungen der Peterskirche von Pfarrer i.R. Norbert Dilger in Empfang. Sie bekommen im Heimatmuseum einen Ehrenplatz. Foto: Beiter

Lange galten sie als verschollen. Jetzt sind die beiden Original-Zeichnungen der alten Rangendinger Peterskirche wieder aufgetaucht. Siegfried Kuhn hat sie durch Zufall im Pfarrarchiv gefunden.

Rangendingen - Vor einigen Tagen konnte der Vorsitzende des Heimatvereins, Helmut Strobel, die gerahmten Zeichnungen bei Rangendingens Ruhestandspfarrer Norbert Dilger abholen. Sie bekommen nun als Leihgabe der Kirchengemeinde einen Ehrenplatz im "Mahles Haus".

Kolorierte Tuschezeichnungen wurden von Andreas Dieringer angefertigt

Gezeichnet wurden sie von Andreas Dieringer, einem Rangendinger Bürgersohn, der als Fürstlicher Bauinspektor in Sigmaringen Karriere machte. Er lebte von 1858 bis 1939. Wann Dieringer die Bilder gezeichnet hat, ist nicht bekannt. Sie sind nicht datiert. Eines von ihnen trägt lediglich die Inschrift: "Alte Kirche zu Rangendingen, abgebrochen den 3. Februar 1868".

Bereits seit geraumer Zeit hatte der Heimatverein nach den beiden handkolorierten Tuschezeichnungen aus dem 19. Jahrhundert gesucht. Dass Siegfried Kuhn sie in einem Stahlschrank im Pfarrhaus fand, war eher dem Zufall geschuldet denn einer direkten Suche. Als er beim Umzug von Norbert Dilger einen Blick in den Restbestand des St. Gallus-Pfarrarchivs werfen durfte, fand er die beiden gerahmten Bilder dort liegen.

Hoher ideeller Wert für Rangendingen

Die beiden Abbildungen lassen sich nur schwer in einem materiellen, dafür aber in einem hohen ideellen Wert für Rangendingen bewerten. Sind die Zeichnungen doch neben einer weiteren Zeichnung, die im Privatbesitz ist und einst als Geschenk von Pfarrer Sebastian Wannenmacher dorthin kam, die einzigen vorhandenen Darstellungen der ehemaligen Rangendinger Pfarrkirche.

Selbst wenn sie lange von der Bildfläche verschwunden waren, das Licht der Öffentlichkeit mussten die Bilder aber auf jeden Fall schon viel früher einmal gesehen haben, da beide Kirchen-Darstellungen als Repro im Rangendinger Heimatbuch abgedruckt sind. Doch nicht einmal Heimatforscher Josef Haug, der einst die Texte im Heimatbuch zur Kirchengeschichte verfasst hatte, wusste etwas von deren Verbleib. Was Haug in seinem Besitz hat sind zwei Schwarz-Weiß-Drucke, die im Original vermutlich vor dem Jahr 1995, dem Druck des Heimatbuches, entstanden.

Siegfried Kuhn recherchiert möglichen Weg der Bilder nach Rangendingen

Auch wie die Bilder einst nach Rangendingen kamen, liegt weitgehend im Dunkeln. Allenfalls einen möglichen Weg, den sie genommen haben könnten, hat Siegfried Kuhn anhand eines Namens, der hinten auf eines der Bilder geschrieben steht, in seinen Recherchen herausgefunden. "E.Strobel" steht für Eduard Strobel (1900 bis 1982). Auch er stammte wie Dieringer aus Rangendingen und war Landesbankdirektor der Hohenzollerischen Landesbank in Sigmaringen.

In dieser Funktion kam er dort wohl auch angesichts derselben Heimatgemeinde mit Bauinspektor Andreas Dieringer in Kontakt - so eng, dass Eduard Strobel sogar Dieringers Tochter Antonie heiratete. Die Ehe blieb kinderlos. Und so liegt es nahe, dass die Zeichnungen aus dem späteren Nachlass der Eheleute Strobel nach Rangendingen gelangt sein dürften, wo sie jetzt einen Ehrenplatz im Heimatmuseum gefunden haben.

Die Peter- und spätere Galluskirche zu Rangendingen

Erstmals ist die Peterskirche im Zusammenhang mit der Ersterwähnung Rangendingens in einer Urkunde von 795 genannt. Das Patrozinium St. Peter gilt damit als eine der frühesten Kirchen Hohenzollerns. Zur Pfarrei in Rangendingen gehörte bis ins Jahr 1782 auch die "Filiale Hart". 802 wurde die Kirche an das Kloster St. Gallus übergeben, woraufhin vermutlich bald das Patrozinium zum Heiligen Gallus wechselte. Allerdings habe der Ex-Patron St. Peter einen eigenen Altar behalten und auch Maria wird als Mitpatronin genannt, schreibt Josef Haug.

Mitte des 20. Jahrhunderts war die alte Kirche zu klein geworden und stark renovierungsbedürftig. Am 3. Februar 1863 wurde mit dem Abbruch begonnen. Am selben Platz entstand zwischen 1868 und 1870 die jetzige Pfarrkirche St. Gallus.

Die einzigen Hinweise zum Aussehen der Kirche geben die beiden Zeichnungen von Andreas Dieringer. Sie zeigen einen Kirchenbau mit eindeutig romanischen Stilelementen und einem Kirchturm aus sicherlich gotischer Zeit. Zusammen mit der hohen Umfassungsmauer vermitteln sie den Charakter einer mittelalterlichen Wehrkirche.

Die Mauer, innerhalb welcher auch der Friedhof lag, legt nahe, dass Rangendingen ein Kirchenasyl-Recht besaß. Im Heimatbuch heißt es dazu: Nach einem Urbar der Stadt Haigerloch von 1467 genossen die Haigerlocher im Friedhof zu Rangendingen eine Zuflucht. "Jeder Verbrecher, der in die Freistätte eintritt, soll guten Frieden haben, wer ihn freventlich verfolgt, dessen Leib und Gut solle verfallen sein."

Info: Kirchenasyl

Kirchenasyle hatten damals unter anderem den Sinn, Verbrechern - insbesondere auch Totschlägern - die ohne Vorsatz gehandelt hatten, bis zur gerichtlichen Klärung Sicherheit zu bieten und somit die bösen Auswüchse der Blutrache einzudämmen. Konkrete Fälle einer Inanspruchnahme des Asylrechts in Rangendingen sind allerdings nicht überliefert.