Mit einem Festgottesdienst in der Erlöserkirche feiern die Alt-Katholiken aus Fützen ihr 150-jähriges Bestehen. Die Kirche wurde im Jahr 2005 und mit viel Eigenleistung renoviert. Foto: Christian Charisius

Die meisten Mitglieder in der Region haben die sechs Randen- und Wutachtal-Gemeinden Kommingen, Fützen und Mundelfingen sowie Blumberg mit Randen und Stühlingen-Schwaningen.

In der Region sind sie ein Pfeiler der Gesellschaft, woanders sind sie kaum bekannt: Die Rede ist von den Alt-Katholiken in Südbaden.

 

Die meisten Mitglieder in der Region haben die sechs Randen- und Wutachtal-Gemeinden Kommingen, Fützen und Mundelfingen sowie Blumberg mit Randen und Stühlingen-Schwaningen mit circa 640 Seelen, die von den Pfarreien Kommingen und Blumberg geleitet werden.

Die Gemeinde Fützen, an der Grenze zum Landkreis Waldshut, feiert im Oktober stolz ihr 150-jähriges Bestehen. Und die Predigt im Gottesdienst und den Festvortrag im Anschluss hält Angela Berlis. Die Theologin von der Universität Bern stammt aus Blumberg. Die Professorin wurde 1996 zusammen mit einer Kollegin zur ersten alt-katholischen Priesterin in Deutschland geweiht.

„Wir freuen uns auf Angela Berlis“, betont Kommingens Pfarrer Stefan Hesse. „Und wir sind dankbar für die 150 Jahre Gemeinde Fützen, in denen sich viele engagierte Menschen eingebracht haben“.

Gegen starre Dogmen

Im Gemeindeleben, durch den Krankenpflegeverein und bei vielen anderen Anlässen sind sie dabei. Ganz besonders bei der Renovierung der Erlöserkirche in Fützen im Jahr 2005, die mit sehr viel Eigenleistung und Unterstützung durch das Bistum erfolgte. Die Vorsitzende des Kirchenvorstands, Helga Heimburger, bekräftigt das.

Die Alt-Katholiken entstanden nach dem Ersten Vatikanischen Konzil der Jahre 1869/70 in Rom, als Papst Pius IX sich von den Bischöfen die Unfehlbarkeit des Papstes sowie den Jurisdiktionsprimat als Dogmen anerkennen ließ.

„Der Jurisdiktionsprimat ist die höchste Rechtsgewalt und die höchste Lehrvollmacht des Papstes“, erklärt Pfarrer Stefan Hesse. Theologen und katholische Laien, die diese Dogmen nicht anerkannten, wurden vom Papst exkommuniziert. Sie firmierten sich dann als Alt-Katholiken.

Pfarrer werden gewählt

Bei den Alt-Katholiken werden die Pfarrer nicht ernannt, sondern von den Gemeindeversammlungen gewählt. An den Beschlüssen auf den Synoden wirken die Laien mit, die damit Einfluss auf die Entwicklung innerhalb des alt-katholischen Bistums Deutschland nehmen.

Priester dürfen heiraten

Und die alt-katholischen Priester dürfen auch heiraten. Dies wurde schon auf einer frühen Synode in den 1870er-Jahren beschlossen. „Die Frage nach dem Zölibat stellte sich schon nach der Aufklärung“, sagt Pfarrer Hesse. Die Alt-Katholiken hätten sich immer in der Tradition der Aufklärung gesehen. So ist Pfarrer Hesse ist verheiratet und hat zwei Kinder.

„Die staatliche Anerkennung der alt-katholischen Gemeinde Fützen ist auf den 19. August 1875 datiert“, heißt es im aktuellen Randenboten, dem Organ der Alt-Katholiken. Vorausgegangen war eine Gemeindebildung, die wahrscheinlich durch eine sogenannte Disputation (wissenschaftliches Streitgespräch) des geistlichen Philosophie-Professors Friedrich Michelis mit dem Ortspfarrer Schöttle in Fützen am 25. Oktober 1974 angeregt wurde, heißt es da weiter. Michelis hatte schon in Blumberg am 14. August 1874 den ersten Vortrag über den Alt-Katholizismus auf der Südbaar gehalten.

Es kommt zur Spaltung

Die Gründung der Alt-Katholiken führte zu Spannungen mit den römisch-katholischen Gemeinden und Christen. In Fützen kam es zur Spaltung wie in Blumberg und anderen Orten, in denen es Alt-Katholiken gab.

„Wir freuen uns auf Angela Berlis und wir sind dankbar für die 150 Jahre Gemeinde Fützen, in denen sich viele engagierte Menschen eingebracht haben", sagt Pfarrer Stefan Hesse. Foto: Claudia Hesse

Da die Mehrheit der volljährigen und damit stimmberechtigten Männer im Dorf alt-katholisch war, stellten sie Juli 1875 das Gesuch, die Pfarrkirche mitbenutzen zu dürfen.

Eine Notkirche gebaut

Das wurde ihnen am 19. August von den badischen Behörden auch eingeräumt, was wiederum zur Folge hatte, dass die römisch-katholische Kirche eine Notkirche baute. Der Papst hatte den römisch-katholischen Christen 1873 untersagt, ihre Kirche mit den Alt-Katholiken zu teilen. 1931 wurde in Fützen dann die alt-katholische Erlöserkirche in der Singener Straße eingeweiht, die 2005 renoviert wurde.

Zu den ältesten Alt-Katholiken in Fützen zählt Margot Gleichauf. Als die alt-katholische Geschichte in Fützen gegründet wurde, traten von ihren Urgroßeltern beide Familien bei. Die 88-Jährige ist seit ihrer Taufe Mitglied und hat sich vielfältig in der Gemeinde engagiert. „Das Allerhöchste für mich als Frau war, dass Frauen Priesterinnen werden dürfen.“ Angela Berlis kennt sie seit deren Jugendzeit, sie war auch bei ihrer Priesterinnenweihe in Konstanz dabei. „Mit Angela Berlis sind es immer schöne Begegnungen“, sagt Gleichauf.

Festprogramm

Jubiläum
150 Jahre Alt-Katholische Gemeinde in Fützen: Die Festgottesdienste zur Geburtsstunde beider Gemeinden finden am Samstag, 11. Oktober, um 13.30 Uhr, in der Erlöserkirche und am Sonntag, 12. Oktober, in Blumberg um 10 Uhr, statt. Die Predigten an beiden Tagen hält die aus Blumberg stammende Theologie-Professorin Angela Berlis von der Universität Bern. Sie hält Samstag auch den Festvortrag im Gasthaus Kranz in Fützen, zu dem die Gemeinde ihre Mitglieder zu Kaffee und Kuchen einlädt.