Nämlich beim Konzert zum Reformationstag, bei dem Michael Schneider den Posaunenchor Balingen-Heselwangen unterstützte.
Martin Luther an der Wand der Balinger Stadtkirche schaut gütig aus seinem Bilderrahmen. Und er schweigt zum pulsierenden Klanggrund und den Pauken und Trompeten und anderen Blechinstrumenten des Posaunenchors Balingen-Heselwangen bei der Feierstunde zum Reformationstag.
Ein Statement für die Bewahrung der Schöpfung
Wir aber im Publikum summen mit und wiegen uns dezent bei Gabriellas Song aus dem Film „Wie im Himmel“ – beseelt an der Orgel nachempfunden von Jule Stengel. So auch bei „Scarborbough Fair“, mit dem Simon and Garfunkel das Gemüt verwöhnt, und erst recht beim „Earth Song“, mit dem Michael Jackson sein noch heute gültiges Statement setzte für die Bewahrung der Schöpfung.
„Nicht jede Tradition ist sinnvoll“
„Bewahrung ja, aber nicht jede Tradition ist auch sinnvoll“, bemerkt Dekan Michael Schneider bei seiner Ansprache im Rahmen der außerordentlich gut besuchten Feierstunde. Diese stellt übrigens für den Posaunenchor Balingen-Heselwangen nach eigenem Bekunden den Höhepunkt ihres vielschichtigen musikalischen Jahres dar.
Unter der Leitung von Jürgen Stengel, der in diesem Rahmen für seine 30-jährige Chorleiter-Tätigkeit geehrt wurde, kann diese Formation Räume voller Klänge und Licht auch jenseits der üblichen Posaunenchor-Musikliteratur heraufbeschwören und die Zuhörer überraschen. Sich zum Beispiel federleichten Beat leisten wie bei „Hard To Say I’m Sorry“, von der jazzigen Rockband Chikago, und eben auch die charakteristische synkopierte Melodik.
Dekan Schneider unterstützt an der Pauke
Der Ausflug in die Welt des Pop und Rock wird immer wieder angereichert mit besinnlich-feierlichen Stücken wie das strahlend und kraftvoll intonierte „Rondo a la Marcia“ – komponiert von Stephan Maulbetsch, Mitglied des Balinger Posaunenchors. Dabei unterstützt werden die Musiker von Dekan Schneider mit beherzten Paukenschlägen.
Wir halten innere Einkehr bei „O Singt unserem Gott“ und einer modernen Bearbeitung eines Chorsatzes nach Psalm 96 von Händel. Auch bei diesem Stück zeigt der Posaunenchor seine soliden klangdynamischen Möglichkeiten, seine fast ungebremste Energie und bemerkenswerte Präzision, die vor allem bei den Abschlüssen zum Tragen kommt.
Ehrungen gab es auch
Die Spiel- und Experimentierfreude der jungen und erwachsenen Bläserinnen und Bläser, die stets auf der Suche nach Nachwuchs sind und diesen auch ausbilden, die springt über. Genauso mit Applaus verwöhnt werden bei der Ehrung der Trompeter Markus Schmalzl und die Trompeterin Stefanie Sedlmayr für 25 Jahre Mitwirken im Chor sowie der Multiinstrumentalist Uwe Geckeler für stattliche 50 Jahre.
Und dann ist noch die Rede von Schweinebraten im Zusammenhang mit dem Reformationsfest. Der Percussionist und Dekan Schneider erzählt die Geschichte vom Schweinebraten, vor dessen Zubereitung seit Generationen von Köchinnen vorne und hinten komischer Weise ein Stück abgeschnitten wurde. Ein Urenkelchen erfährt schließlich, dass der Braten nur gelingt, weil er eben nur dann in den Topf passt.
„Was aber muss ich tun, um Gott zu gefallen?“, stellt Schneider die Verbindung zur Reformation her. Sich anderen gegenüber gerecht und richtig verhalten. Seinen Nächsten lieben und Ehrfurcht vor Gott üben. Statt jedoch in tiefer Ehrfurcht zu versinken, zeigt der Posaunenchor mit dem vertrackten Stück „Haym For Hope“, konzertant und melodisch biegsam seine ganz eigene und alle Zuhörer begeisternde Sphäre – Reformation auf breiter Linie und viel Beifall.