Welche Probleme haben Mitarbeiter aus anderen Ländern im Unternehmen und was bedeutet überhaupt Identität? Mit diesen Fragen beschäftigten sich auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland im Kloster Kirchberg.
Mehr als 60 Führungskräfte aus Wirtschaft und Sozialwirtschaft zu Werten, Vielfalt und Visionen und der Frage: Wie wollen wir zukünftig zusammenarbeiten?
Weil Teams am Arbeitsplatz sich mehr und mehr aus Mitarbeitenden unterschiedlicher Kulturen, unterschiedlichen Alters und Geschlechts zusammensetzen, lautete ein Schwerpunkt: Wie gelingt es, am Arbeitsplatz nicht zu diskriminieren?
Führungskräfte diskriminieren
Referentin Şeydâ Buurman-Kutsal, Diplom Supervisorin und Lehrbeauftragte an der Niederländischen Hochschule Fontys, machte im Blue Eyed-Workshop sichtbar, wie manipulierbar Menschen sind, wenn es darum geht, andere Menschen auszugrenzen.
Dabei erhielten die Führungskräfte im Workshop unterschiedliche Rollen. Buurman-Kutsal teilte die Teilnehmenden in Gruppen auf: in Menschen, die diskriminieren und Menschen, die diskriminiert werden.
Rücksicht für zugewanderte Mitarbeiter
Die Mehrheit der Beteiligten fügte sich trotz Unbehagens ihrer Rolle, da sie davon ausging, der Workshop solle ungestört ablaufen. Zugleich war diese Reaktion eine wichtige Erkenntnis: nicht stillhalten und denken, alles sei in Ordnung, weil niemand reagiert, sondern Haltung zeigen – und übertragen auf Unternehmen, sich in die Rolle der Menschen einfühlen, die sich diskriminiert fühlen.
Den Führungskräften war schnell klar, dass Zugewanderte, die als Mitarbeitende gewonnen werden, den Kulturvorsprung einheimischer Mitarbeitender nicht einholen können und dass darauf Rücksicht genommen werden sollte.
Familie und Kultur werden vorgegeben
Zur Frage „Was heißt Identität?“ formulierte Philosoph Marcus Steinweg in seinem Vortrag unterschiedliche Antworten anhand von Aussagen früherer Philosophen wie Descartes, Kant oder Wittgenstein. Sein Fazit: Identität sei zunächst einmal nur ein Wort. In der Beschäftigung mit der Identität solle man sie als offenes System denken.
Ein großer Anteil unserer Identität weise uns als Objekte aus: So werden wir in eine bestimmte Familie geboren, in einer bestimmten Kultur aufgezogen, ein Bildungsweg sei uns zunächst vorgegeben.
Mit- statt übereinander reden
Auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland sprachen zu „New Leadership“.
Palmer berichtete von Feedbackrunden, die bei Sitzungen im Tübinger Rathaus eingerichtet worden seien, damit man nicht im Flur über das, was er gesagt habe, spreche, sondern im Anschluss an eine Sitzung direkt mit ihm austausche.
Die Macht der Arbeitnehmer
Präses Anna-Nicole Heinrich berichtete vom hohen Engagement von Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen in Kirchen. Sie beobachte aber auch, dass sich bei einigen die intrinsische Motivation abschleife.
Sie erklärte jedoch: „Die Leute brennen, sie wollen sich verwirklichen.“ „Und gilt das auch für die Generation Z?“, fragte Moderator Berg. Diese wisse, dass sie nicht immer ihr Bestes geben müsse, um gewollt zu werden, erläuterte Heinrich. Denn „die ab 1995 Geborenen finden ja auch einen anderen Job“, beschrieb sie die aktuelle Arbeitsmarktsituation.
Geld, Zeit und Sinn
Auf die Unterschiede von Generationen bezog sich Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen in ihrem Vortrag. Nach 75 Jahren Generationenforschung sei deutlich, dass Babyboomer, Gen X, Gen Y und auch Gen Z das Spiegelbild der Erziehung der jeweiligen Zeit seien.
So bringen sie jeweils andere Erwartungen an den Arbeitsplatz mit. Wichtig sei, anzuerkennen, dass daraus eine lebensphasenorientierte Personalpolitik in den Unternehmen abgeleitet werden müsse.
Drei Währungen seien besonders bedeutend: Sicherheit, womit ein gutes Gehalt gemeint ist, Zeit, denn sie hat sich zu einem knappen Gut entwickelt, und Sinnhaftigkeit, also die Nachvollziehbarkeit und nachhaltige Wirkung des Tuns.