Der Kippenheimer Unternehmer und Zeitzeuge ist im Alter von 100 Jahren gestorben.
Hans Samuel Wertheimer ist am 1. September friedlich im Kreise seiner Familie in New York verstorben. Noch im Mai hatte er dort seinen 100. Geburtstag gefeiert – umgeben von seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln. Seine Tochter Sarah übermittelte die Nachricht nun dem Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim, heißt es in einer Mitteilung.
Wertheimer war das zweite Kind des Ehepaars Richard und Bertha Wertheimer. Seine fünf Jahre ältere Schwester Pia besuchte wie er das Gymnasium in Ettenheim. Die Familie gehörte zu den angesehensten jüdischen Familien in Kippenheim. Sie wohnte im Anwesen Untere Hauptstraße 2 neben dem Rathaus. Diese zentrale Lage wurde in der Zeit des Nationalsozialismus zunehmend zur Bedrohung: Aufmärsche der Formationen der NSDAP, Beleidigungen und Einschüchterungen gehörten zum Alltag. Am 30. Mai 1937 verließ die Familie Deutschland – was ihr Leben retten sollte.
Die Familie ließ sich in Manhattan nieder, wo sein Highschool-Lehrer Hans Wertheimer bedrängte, seinen deutschen Vornamen in Harold umzuändern. Während des Zweiten Weltkriegs diente er in der US-Armee. Er nahm an der Landung in der Normandie teil, kämpfte in der Ardennenschlacht und war an der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen beteiligt. Nach dem Krieg studierte er am „City College of New York“ und trat in die Tabakbranche ein. Später baute er das Unternehmen Socotab Leaf Tobacco auf, das er bis ins hohe Alter leitete.
Im Jahr 2003 besuchte er seine alte Heimat
Hans Wertheimers Familie gehörte zu den Gründern der „Congregation Habonim“ in New York City. Diese jüdische Gemeinde wurde 1939 von deutsch-jüdischen Einwanderern gegründet, die vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die USA geflohen waren. Gründungsrabbiner Gemeinde war der frühere Offenburger Hugo Hahn.
1962 lernte Wertheimer seine spätere Frau Barbara Zeitlin kennen, deren Familie ebenfalls der „Congregation Habonim“ verbunden war. Das Ehepaar lebte mit seinen drei Kindern zeitweise in Paris und Genf, bevor es 2017 nach New York zurückkehrte.
Im Jahr 2003 besuchte Hans Wertheimer anlässlich der Einweihung der Gedenkstätte Ehemalige Synagoge Kippenheim seinen Heimatort. Trotz der traumatischen Erfahrungen, die er in Deutschland machen musste, bewahrte er eine Verbundenheit mit seiner Kindheit in Kippenheim. Seine Tochter Sarah berichtete, dass er trotz aller Anfeindungen und Kränkungen gerne an diese Zeit zurückgedacht habe.