Nichts zu lachen gibt es für die Narren des Ortenauer Narrenbundes. Die Vereinigung Schwäbisch­Alemannischer Narrenzünfte erheben schwere Vorwürfe gegen eine Schulfibel. Foto: Breuer/Archivfoto

Streit um Schulfibel sorgt für schlechte Stimmung zwischen Narren. Publikation habe einen "kulturellen Flurschaden" ausgelöst.

Mittleres Kinzigtal - In einer Pressemitteilung erhebt die Vereinigung SchwäbischAlemannischer Narrenzünfte (VSAN) schwere Vorwürfe gegen eine vom Ortenauer Narrenbund (ONB) herausgegebene Schulfibel. Der Vorwurf: Der ONB habe große Teile aus einem Schulbegleitheft übernommen.

In besagter Pressemitteilung schreibt der VSAN in Person ihres Präsidenten Roland Wehrle: "Aus närrischer Verbundenheit sehen wir derzeit noch von einer Abmahnung mit Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung ab, behalten uns dies aber als rechtliches Mittel weiterhin vor."

Was war passiert? Der Ortenauer Narrenbund (ONB) hatte im Juni eine Schulfibel unter dem Titel "Unsere Fastnacht in Kinderaugen – War einmal, ist noch immer" für die dritten und vierten Grundschulklassen herausgebracht und die ersten beiden Klassensätze an Schulen in Elgersweier und Diersburg verteilt, schreibt der VSAN. Stein des Anstoßes war offensichtlich auch, dass die Fibel nicht nur im Verbandsgebiet des Ortenauer Narrenbunds verteilt werden sollte, sondern "darüber hinaus in ganz Baden-Württemberg zur Vermittlung des schwäbisch-alemannischen Fastnachtsbrauchtums dienen" sollte, wie es in der Mitteilung heißt.

"Nach einer ersten Sichtung stellten wir fest, dass große Teile unautorisiert vom Web-Auftritt der Vereinigung Schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte entnommen wurden", stellt der VSAN fest. Der Ortenauer Narrenbund sei auf diese Rechteverletzung hingewiesen worden, doch habe er nicht reagiert. Auch das 20-seitige Lehrerbegleitheft missachte das Urheberschutzrecht "in erheblichem Maße". Es gehe dem VSAN nicht darum, ein "Sommertheater" zu veranstalten. Nicht zu unterschätzen sei, dass es sich bei dieser Schulfibel um "eines von überwiegend durch Sponsoren sowie öffentlichen Geldern finanziertes Schulbuchprojekt handle".

Grundsätzlich befürworte der VSAN sogar die Vermittlung von Wissen um das Brauchtum, doch die Publikation habe einen "kulturellen Flurschaden" ausgelöst, wie Professor Werner Mezger ausdrückt, der den VSAN in Sachen Brauchtum berät. "Wenn ein solches Projekt allerdings von mehreren Verbänden gemeinsam getragen und inhaltlich verantwortet werden soll, dann bedarf das gründlicher Vorarbeit und genauer Abstimmung der zu vermittelnden Inhalte mit allen Verbänden", wirft der Verband dem ONB sinngemäß einen Alleingang vor. Noch dazu weise die jetzt vorliegende Fibel Mängel auf: "Das jetzt vorliegende Kinderbuch erfüllt diese Qualitäts- und Seriositätsanforderungen an ein solches Projekt nicht", schreibt Roland Wehrle weiter. Außerdem sei eine allgemeine Fibel nicht sinnvoll, weil sie lokale Besonderheiten nur unzureichend berücksichtige. "Die entscheidende pädagogische Arbeit (...) kann nur von den örtlichen Zünften ausgehen. Alles andere wäre eine Bevormundung der örtlichen Vereine und ein Affront gegen die kulturelle Selbstverantwortung der Verbände", sagt Wehrle.

Zu der begleitenden Schulfibel fährt die VSAN noch stärkere Geschütze auf. Neben "gravierenden Mängeln in Rechtschreibung und Grammatik" gebe es auch "mehrere inhaltliche Fehler". Das ganze Projekt sei didaktisch, pädagogisch und fachwissenschaftlich rundum "indiskutabel", sagt der Freiburger Volkskundler und Leiter des Instituts für Europäische Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität, Werner Mezger, laut der Mitteilung des VSAN. Laut einem "neutral" von der Vereinigung herangezogenen Mitglied der baden-württembergischen Schulbuchkonferenz sei das Werk »nicht für Unterrichtszwecke« einsetzbar. Lediglich der Chef des ONB werde als Quelle genannt.

Weiterer Punkt der Kritik sei das Lehrerbegleitheft, in dem ebenfalls Inhalte des VSAN, des kulturellen Beirats, Werner Mezger und anderer Quellen ohne Nennung und ohne Druckgenehmigung einfach übernommen wurden. "Im redaktionellen Teil, das die erste Hälfte der Lehrerinformation einnimmt, wurde ebenfalls fremdes geistiges Eigentum mit Füßen getreten", sagt Roland Wehrle laut der Pressemitteilung des VSAN. Auch auf ein Veröffentlichungsverbot habe der ONB nicht angemessen reagiert, wirft der VSAN dem Narrenbund vor. Der ONB habe ausweichend argumentiert, Fehler zwar zugegeben, aber weder die erforderlichen Genehmigungen eingeholt noch sich dafür entschuldigt.