Die Europäische Zentralbank in Frankfurt hat im September den Negativzins für Kreditinstituten, die bei ihr Geld einlagern, auf 0,5 Prozent erhöht. Foto: Rumpenhorst

Örtliche Banken erheben bei Privatkunden zum größten Teil keine "Spar-Gebühren" – vorerst.

Mittleres Kinzigtal - Banken müssen bereits seit fünf Jahren Negativzinsen zahlen, wenn sie ihr Geld bei der Europäische Zentralbank (EZB) einlagern. Bisher wurden diese Gebühren nicht an Privatkunden weitergegeben. Das ändert sich nun vielerorts. Auch im Kinzigtal?

Erst im September hat die EZB den Minuszins auf 0,5 Prozent erhöht. Lange versuchten die Banken, den Negativzins mit höheren Kontoführungsgebühren und anderen Leistungen zu kompensieren. Viele haben das nun aber aufgegeben. Laut einem Bericht der Bundesbank erhebt jedes vierte Kreditinstitut in Deutschland nun einen Negativzins. Und die Zahl der Banken und Sparkassen, die den Negativzins versuchen aufzufangen, indem sie "Verwahrgebühren" von Privat- und Firmenkunden verlangen, steigt. Die Volksbank Frankfurt und die Kreissparkasse Stendal haben bekannt gegeben, dass auch sie nach dem Sparer-Geld greifen – bereits ab dem ersten Cent. Wie sieht es im Kinzigtal aus?

Sparkasse Haslach-Zell: Carlo Carosi, Vorstand der Sparkasse Haslach-Zell, erklärt, dass seine Bank bei ausgewählten Firmenkundenkunden mit konstant hohen Guthabenständen Verwahrentgelte erhebt, und zwar genau zu dem Minuszinssatz, den die EZB erhebt: 0,5 Prozent. "In der Regel berechnen wir dieses Verwahrentgelt erst ab einem Freibetrag in Höhe von 200 000 Euro", so Carosi. Davon seien rund 20 bis 30 große Firmenkunden betroffen. Bisher: "Durch eine Zunahme an liquiden Geldbeständen und die damit einhergehende Überschreitung des Freibetrags könnte sich der Kreis der betroffenen Kunden weiter ausweiten", räumt Carosi ein. Bei Privatkunden sehe die Lage anders aus: "Aktuell gibt es keine konkreten Pläne, Negativzinsen bei Privatkunden zu erheben", betont der Sparkassen-Vorstand. Das widerspreche dem Sparkassengesetz und damit der "DNA" des Kreditinstituts. Ob das so bleibt? "Wir wünschen uns, die Berechnung von Verwahrentgelten zu vermeiden. Gleichwohl kommen auch wir nicht umhin, die weitere Zins- und Marktentwicklung genau zu beobachten und gegebenenfalls auch zu reagieren", so Carosi.

So oder so käme die Sparkasse Haslach-Zell aber nicht umhin, in irgendeiner Form auf den Negativzins der EZB zu reagieren: "Wir müssen dafür Sorge tragen, dass anfallenden Aufwendungen auch angemessene Erträge gegenüberstehen. Aus diesem Grunde kann es unsere Leistungen nicht zum Nulltarif geben. Die Erhöhung von Gebühren findet niemand gut, aber per Saldo haben Bankkunden heute weniger an Kosten zu tragen als früher", sagt Carosi.

 Volksbank Mittlerer Schwarzwald: Ähnlich sieht es bei der Volksbank Mittlerer Schwarzwald aus. Diese gibt Negativzinsen weiter – allerdings nur an Neukunden. "Die Einführung der Negativzinsen in Höhe von 0,5 Prozent für Privat- und Firmenkunden erfolgt im Moment lediglich bei Neukunden und Neukonten und auch bei diesen erst ab der Überschreitung eines Freibetrags von 250 000 Euro pro Konto für die Produkte ›Kontokorrentkonto‹ und ›Tagesgeldkonto‹", führt Martin Heinzmann als Vorstandsvorsitzender der Volksbank Mittlerer Schwarzwald aus. Damit wären laut Heinzmann 99 Prozent der Volksbank-Kunden nicht vom Negativzins betroffen. Er begründet diesen Schritt damit, dass "mittelfristig keine signifikanten Verbesserungen der Zinslandschaft zu erwarten sind" und dass die Bank aus diesem Grund aus ökonomischen Gesichtspunkten heraus tätig werden musste, um sich vor "nicht gewünschten Mittelverlagerungen von anderen Banken zu schützen", so Heinzmann.

Sparkasse Wolfach: Die Sparkasse Wolfach erhebt laut Marketingleiter Hans-Eberhard Rök weder bei Firmen- noch bei Privatkunden einen Negativzins. Sie hat auch nicht vor, das zu ändern – vorerst. "Es ist nichts geplant. Für Privatpersonen ist das aus unserer Sicht noch unvorstellbar. Wenn allerdings relevante Wettbewerber auf breiter Front Negativzinsen einführen würden, müssten auch wir handeln, um nicht mit Geld geflutet zu werden", so Rök weiter.

Auf die Frage, ob die Sparkasse Wolfach den Negativzins der EZB beispielsweise mit höheren Kontoführungsgebühren auffangen will, antwortet er: "Wir sehen uns in einem Sparförder- und keinen Entreicherungsauftrag. Die aktuelle Zinssituation trägt dazu bei, dass unsere Kunden einen hohen Beratungsbedarf bei den Themen Wertpapier-Sparen, Altersvorsorge und Immobilienfinanzierung haben. Unsere Berater entwickeln mit den Kunden Lösungskonzepte, die über die normale Anlage auf dem Sparkassenbuch hinausgehen und damit unseren Kunden langfristig eine höhere Rendite sichern als bei den klassischen Zins-Anlagen."

Noch erlauben die meisten Banken in Deutschland hohe Freibeträge. Ein Negativzins fällt erst oft erst einem sechsstelligen Einlagebetrag an. Das ändert sich: Erste Banken verzichten auf diese Freibeträge. So verlangt die Commerzbank laut dem Handelsblatts von manchen Mittelständlern ab dem ersten Euro Negativzinsen. Auch Privatkunden müssen bei manchen Banken für kleine Guthaben drauf zahlen. Laut dem Finanzportal Biallo gibt es 150 Banken und Sparkassen, die von einigen Kunden ein Verwahrentgelt verlangen. Bei 52 davon sind Privatkunden betroffen. Bei vieren gilt der Minuszins ab dem ersten Euro.