Christina Spitzmüller berichtet über ihre Erfahrungen in Russland. Foto: sb

Christina Spitzmüller erlebt das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest und Neujahr bei ihrer Gastfamilie.

Pskow/Kinzigtal - Christina Spitzmüller berichtet für den Schwarzwälder Boten in einer losen Serie von ihren Erfahrungen in der Großstadt Pskow (Nordwestrussland). Hier absolviert sie ein freiwilliges soziales Jahr – diesmal geht es um Weihnachten und den Jahreswechsel, der in Russland später liegt als bei uns.

Mit dem 31. Dezember beginnt in Russland die längste Feiertagsperiode. Sie reicht über das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar bis zur Mitte des Monats. Am 13. Januar wird das neue Jahr schon wieder alt, denn die Russen feiern zusätzlich zum neuen Jahr noch das "alte" Neujahr nach dem alten Julianischen Kalender, der um 13 Tage nach hinten verschoben ist.

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es keine vorbereitende Adventszeit, keine Tradition des Plätzchenbackens und schon gar keine Linzertorten. Mehr oder weniger plötzlich steht dann Silvester vor der Tür, das in Russland den Status unseres Weihnachtsfests hat: Familienfeier mit Geschenken.

Für die Familienstimmung bin ich nach Uglitsch zu meiner Gastfamilie gefahren, bei der ich während meines Auslandschuljahrs gelebt hatte. Dabei gab’s einen kurzen Abstecher in die Hauptstadt nach Moskau, weil in Russland buchstäblich alle Wege dorthin führen: Wer mit dem Zug von A nach B will, muss erstmal in die Metropole. Dafür kamen dann in der Hauptstadt ein wenig heimische Weihnachtsgefühle auf.

Denn dort gastierte tatsächlich der Straßburger Weihnachtsmarkt. Rund 20 original Elsässer Marktbuden verkauften zwei Wochen lang Christbaumschmuck, Zwiebelsuppe und Brezeln.
Väterchen Frost und seine Enkelin bringen die Geschenke

Russisch-orthodoxes Weihnachten

In Uglitsch haben wir den Neujahrsbaum statt mit mundgeblasenen Kugeln aus dem Elsass lieber mit viel viel Lametta geschmückt. Und schon kamen Väterchen Frost und seine Enkelin Snegurotschka vorbei, um die Geschenke zu bringen. Kurz vor Mitternacht haben wir, wie alle Russen – ob oppositionell oder nicht – Putins Neujahrsrede im Fernsehen angeschaut.

Er hat uns gewünscht, dass in jedem Hause und in jeder Familie Freude und Harmonie herrschen, "dann wird auch Russland stark und unerschütterlich sein." Danach ging’s auf zum großen Neujahrsbaum im Stadtzentrum, wo sich zum neuen Jahr ganz Uglitsch trifft. Sekt, Kognak und Plastikbecher in der Plastiktüte durften natürlich nicht fehlen.

Die nächsten Tage liefen im Grunde alle ähnlich ab: Entweder haben wir Freunde und Bekannte besucht, um bei ihnen Tee zu trinken, oder es kamen Gäste zu uns nach Hause. Zwischendurch wurden die unzähligen Salate, die vom Silvesterabend übrig waren (natürlich alle mit tonnenweise Mayonnaise) aufgegessen.

Zu einem Freund meines Gastvaters sind wird dann aber doch lieber nicht gefahren. Er gehört zu den Russen, die im normalen Leben seriöse Geschäftsmänner, die Feiertage damit verbringen, ihren Alkoholpegel von morgens bis abends konstant bei zwei Promille zu halten, um dann pünktlich zum 14. Januar wieder nüchtern bei der Arbeit zu erscheinen.

Sie wissen mit ihrer ungewöhnlich vielen Freizeit sonst nichts anzufangen. Das russisch-orthodoxe Weihnachten ging mehr oder weniger spurlos an mir vorüber – es ist nur ein weiterer Feiertag in einer langen Reihe. Am 13. Januar leuchteten die letzten Feuerwerke am Himmel, bevor am nächsten Tag wieder alles in seinen gewohnten Alltag überging.