Tanzen in Nachtklubs könnte ab 2013 ein teueres Vergnügen werden – vor allem für die Veranstalter. Foto: Symbolfoto: Marius Becker

Tarifänderung der Gema beschäftigt auch Kinzigtäler Veranstalter. "Reine Konzerte" nicht betroffen.

Mittleres Kinzigtal - Die geplante Tarifänderung der Gema sorgt bundesweit für einen Aufschrei unter den Nachtklubbetreibern. Auch den Kinzigtäler Diskotheken drohen immense Gebührenerhöhungen. Er habe sich noch nicht tiefergehend mit dem Thema beschäftigt, erklärt Werner Vetter vom Haslacher Musikclub Milieu. Doch stellt er klar: "Sollte die Gebührenerhöhung in der Form kommen, wie in der Presse kolportiert, kann ich ohne Schwarzmalerei zu betreiben, sagen, dass viele Diskotheken von der Schließung bedroht sind – meine nicht ausgeschlossen."

Was die Gemüter derzeit erregt ist die 2013 von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte angepeilte "Tarifanpassung", wie die Gema das Kind in ihrem Internetauftritt selbst nennt. Damit kommt die Gesellschaft nach eigenen Angaben dem Wunsch vieler Musiknutzer nach und vereinfacht ihre Gebührenstruktur, sodass es im Veranstaltungsbereich statt der bisher elf in Zukunft nur noch zwei Tarife geben soll. Dabei seien nur noch zwei Faktoren ausschlaggebend: die Größe des Veranstaltungsraums und der Eintrittspreis.

Was tun bei Veranstaltungen ohne Eintritt?

David Wilhelm von der Wolfacher Musikbar Tiffany sind diese Annahmen zu theoretisch. Denn die Gema legt bei ihren Berechnungen folgende Annahme zugrunde: Auf einen Quadratmeter Fläche kommt ein Gast. Von dessen Eintrittspreis verlangt sie vom Veranstalter ab dem kommenden Jahr zehn Prozent. "Bei dieser Rechnung geht die Gema davon aus, dass wir jeden Abend ein volles Haus haben, das ist aber nur sehr selten der Fall", erklärt Wilhelm. Diese – gerade im ländlichen Raum – nachvollziehbaren Bedenken sind für die Gebührenerhebung der Gema irrelevant.

Auch wenn das "Tiffany" mit einer relativ kleinen Fläche wahrscheinlich günstiger davon kommt als Großraumdiskos, erklärt Wilhelm: "Gut findet das natürlich niemand." Er weist darauf hin, dass die Rechte der Künstler im Prinzip doppelt geschützt würden: "Die DJs, die bei uns auflegen, kaufen die Musik ja schon. Wir müssen dann noch einmal dafür bezahlen, dass sie sie abspielen dürfen."

Für Werner Vetter hinkt der von der Gema oft herangezogene Vergleich mit dem europäischen Ausland: "Es mag ja sein, dass die Gebühren in anderen Ländern teilweise höher sind. Doch es kommt wohl nicht von ungefähr, dass viele Franzosen aus dem Grenzgebiet in unsere Diskos pilgern." Er stellt zudem eine einfache Frage in den Raum: "Wir haben oft Veranstaltungen, bei denen wir keinen Eintritt verlangen – wie berechnen sich in diesem Fall die Gebühren?"

Weniger Gedanken muss sich Mathias Schaettgen von der gleichnamigen Konzeption und Promotion GmbH aus Haslach machen: Nach mehrfacher Anfrage bei der Gema bestätigte Roxana Repp von der Bezirksdirektion Stuttgart unserer Zeitung, dass "reine Konzerte, bei denen die Musik im Vordergrund steht", von der Tarifänderung nicht betroffen sind. Schaettgen schränkt aber ein: "Die Gebühren für Live-Veranstaltungen haben schon vergangenes Jahr angezogen und steigen sukzessive bis 2015." Grundsätzlich versteht der Eventorganisator, dass die Rechte von Urhebern musikalischer Werke gewahrt werden müssen. Problematisch sei jedoch die Monopolstellung und die damit verbundenen "Macht der Gema, an den Stellschrauben zu drehen, wann immer sie will".

Auch für Martin Schwendemann, Leiter des Amts für Kultur und Marketing der Stadt Haslach und Geschäftsführer des örtlichen Handels- und Gewerbevereins, "ist klar, dass im geistigen Eigentum nicht geräubert" werden darf. Doch: "Auch wenn ich mich mit dem Thema erst noch intensiv beschäftigen muss – es wäre eine Katastrophe, wenn die Gema dafür sorgen würde, dass einige Veranstaltungsarten nicht mehr finanzierbar wären." Die bisherigen Regelungen seien ein ziemlicher Dschungel gewesen. "Ob der sich nun lichtet, weiß ich nicht." Er hofft, dass die Klassik und "Freiluftgeschichten mit einem blauen Auge davon kommen". Im Allgemeinen fühlt er sich von den "kompetenten Sachbearbeiter der Gema gut beraten" und beim Städte- und Gemeindetag gut aufgehoben. Doch es schwingt auch ein wenig Resignation mit: "Objektiv kann man sowieso nichts dagegen tun."

Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Veranstalterverbände, bemühen sich seit einiger Zeit mit dem Musikverwerter vor einem Schiedsgericht um eine beidseitig verträgliche Lösung. Parallel haben eine Reihe von Veranstaltern in einer Online-Petition schon mehr als 200 000 Unterschriften gesammelt, die sie dem Petitionsausschuss des Bundestags vorlegen wollen.

Die Gema ist ein wirtschaftlicher Verein. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. In ihrer jetzigen Form verwertet sie seit 1947 Nutzungsrechte aus dem verfassungsrechtlich verankerten Urheberrecht von Komponisten, Textdichtern und Verlegern von Musikwerken. Momentan vertritt sie nach eigenen Angaben rund 64 000 deutsche Mitglieder und mehr als zwei Millionen ausländische Berechtigter. Nach Abzug der Aufwendungen zahlt die Gema ihre Erträge an Mitglieder und Berechtigte aus. 2011 waren dies 702,3 Millionen Euro.