Im Haus des Vaters würden "Geister wohnen" – so beschrieb das Mädchen den sexuellen Missbrauch. (Symbolfoto) Foto: new africa - stock.adobe.com

Im Prozess wegen sexuellen Missbrauchs und des Besitzes von Kinderpornografie fordert die Staatsanwaltschaft vier Jahre und zehn Monate Haft für den Angeklagten aus Rottenburg.

Rottenburg/Tübingen - Voraussichtlich am Donnerstag wird am Landgericht Tübingen das Urteil gegen einen pädophilen Vater gefällt, der gestand seine Tochter schon im Kleinkindalter sexuell missbraucht zu haben. Zudem besaß er Tausende kinderpornografische und jugendpornografische Bilder, eigene Fotos seiner unbekleideten Tochter und auch Videos. Die Staatsanwältin betonte, dass hinter dem Bild- und Filmmaterial der Kinder und Jugendlichen das "unsägliche tausendfache Leid und der sexuelle Missbrauch unzähliger Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendlicher steht". Der Beschuldigte räumte ein, dass er seine damals dreijährige Tochter sexuell missbraucht hat – in einem Chat brüstete sich der Täter damit. Auch soll er in einem Internetchat seine Tochter einem anderem Mann zum sexuellen Missbrauch angeboten haben, was sich allerdings nicht verifizieren ließ.

Kind ist in logopädischer Behandlung

Die Staatsanwältin erklärte, es sei gut und richtig gewesen, das kleine Kind vor seinem Vater zu schützen – es lebt heute in einer betreuten Wohngruppe und kann trotz seiner fünf Jahre wenig sprechen. Dies sagte die Erzieherin aus, die die Wohngruppe betreut. So bekommt das Mädchen mittlerweile zwei Mal in der Woche eine logopädische Behandlung und mache sichtlich Fortschritte, wie die Erzieherin betonte. Als sie in die Wohngruppe kam, sei sie übergewichtig gewesen – heute habe das kleine Mädchen aufgrund einer normalen und gesunden Ernährung und mehr Bewegung fast Normalgewicht, sie sei aufgeschlossen und lebenslustig und "ist eine Frohnatur". Anfangs habe es Probleme beim einschlafen gegeben, jedoch habe das Mädchen nicht geweint und auch keine Panikattacken oder Angstzustände gehabt. Jedoch erzählte sie den Betreuern, dass im Hause des Vaters "Geister wohnen". Die Geister kämen abends und auch nachts – "Die haben mich nachts erschreckt" – mehr sagte das kleine Mädchen den Erziehern nicht. "Was Genaues über die Geister konnte das Mädchen uns nicht sagen – nur dass sie später auch tagsüber da waren."

Erzieherin berichtet

Die vor der Jugendkammer des Gerichts aussagende Erzieherin meinte auf die Frage des Richters, ob von den sexuellen Übergriffen auf das kleine Kind etwas hängen geblieben sei: "Das Mädchen kann sich auch heute noch nur schwer ausdrücken – selbst wenn sie es uns hätte sagen wollen, hätte sie es nicht gekonnt."

Im Juli 2020 wurde das kleine Mädchen in die Betreuungs-Gruppe aufgenommen, bereits im vergangenen Jahr kam der Angeklagte in Haft. Aufgrund einer Überforderung der Mutter und der Straffälligkeit des Vaters kam das ältere Kind des Elternpaares in eine Heimgruppe. Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben den Hauptschulabschluss, musste dort die achte Klasse wiederholen. Seine Eltern, also die Großeltern des Mädchens, arbeiteten früher beide. In der Haftanstalt gebe es Probleme mit anderen Mitgefangenen – diese verurteilen wohl auch das abartige sexuelle Verhalten des Angeklagten. Der will sich nun seinem Problem stellen, hat sich in Sozialtherapie in der Justizvollzugsanstalt begeben.

Therapie in der Haft möglich

Der vorsitzende Richter deutete an, wie es mit dem Mann nun weitergehen kann – so gebe es eine Therapiemöglichkeit in Hohenasperg sowie in der Justizvollzugsanstalt Offenburg. "Damit muss man aber warten, bis man in Strafhaft ist", so der Richter – der Bruder des Angeklagten und auch seine Eltern besuchen ihn in der Haft regelmäßig. Einschlafen könne der Mann ohne Schlaftabletten, wie er dem Richter erzählte, er nehme weder Antidepressiva noch Schlaftabletten ein. Dafür konsumiere er regelmäßig übermäßig Alkohol – täglich eine Flasche Wein. Nun wolle er mit seiner Familie reinen Tisch machen und die Wahrheit erzählen.

Identität in Chats verschleiert

Auf zwölf Smartphones, Laptops, Rechnern, USB-Sticks und anderen Speichermedien, etwa Tablets, sammelte der Angeklagte über 8000 Fotos mit Kinderpornografie und dazu mehr als 15.000 Fotos kinderpornografischen Inhalts in einer Cloud an. Zudem gab es einige zigtausend Fotos mit Jugendpornografie. Nach einer Hausdurchsuchung, besorgte er sich sofort ein neues Smartphone und füllte es erneut mit Kinderpornografie. Zudem wurden fast 600 kinder- und jugendpornografische Filme beim Angeklagten sicher gestellt. Schwer sei es für die Polizei gewesen, sich all das Datenmaterial anzuschauen – es mussten unzählige Bilder und Filme in Augenschein genommen werden. In einigen Chats gab sich der Täter sogar als Frau aus, um seine Identität zu verschleiern.

Plädoyer der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwältin erklärte, dass "aus Gedanken Worte werden, und aus Worten werden Taten" - daher müsse man das, was der Vater in Chats angedeutet habe, nämlich seine minderjährige Tochter einem anderen Mann zur sexuellen Befriedigung zur Verfügung zu stellen, ernst nehmen. "Irgendwann wird so ein Gedanke dann auch zur Tat." Zugute hält ihm die Staatsanwaltschaft, dass er "vollumfänglich geständig" sei und auch bereitwillig alle Passwörter preisgab. Beim sexuellen Missbrauch sei seine Tochter möglicherweise erst drei Jahre alt gewesen – ein Foto zeigt sie mit heruntergelassener Windel. Er habe seiner Tochter "Schutz und Fürsorge verweigert" und ihr zusätzlich großes Leid angetan. Es sei dem Kind zuhause nicht gut gegangen, der Vater habe ihr schwere Taten angetan. Daher plädierte die Staatsanwältin auf vier Jahre und zehn Monate Haftstrafe für den Angeklagten. Die Verteidigung plädierte dagegen auf drei Jahre und acht Monate Haft.