Zurück im Zuhause: Die Spielzeugtruhe öffnet sich wieder. Felicitas, die Kuscheltiere und der Detektiv sind glücklich. Foto: Fotos: Nädele

Kultur: Kindermusical kommt endlich zur Aufführung / Junge Darsteller glänzen in ihren Rollen

Eine geheimnisvolle Stimmung lag in der Luft, als sich der Vorhang der Stadthalle am Samstag zur Premiere des Kindermusicals "Felicitas Kunterbunt" hob. Endlich wurde die Idee Wirklichkeit, die bereits 2020 hätte auf die Bühne kommen sollen.

Balingen. Die städtische Musikschule und die Musikschule Hübner hatten im Februar 2020 – kurz vor Corona – ein Casting für das Projekt Kindermusical veranstaltet und viele begeisterte Kinder und Jugendliche ins Team aufgenommen. Mit dem ersten Lockdown verschob sich alles auf unbestimmte Zeit, doch Dirk Benkwitz (Musikschule Balingen) und Ute Hübner (Musikschule Hübner) führten die Planungen weiter. Schon vor den Sommerferien gab es intensive Probentage, bei denen sich die einzelnen Sparten jede für sich vorbereiteten und arbeiteten: das Orchester unter der Leitung von Dietrich Schöller-Manno, die Gesangssolistin und der Chor zusammen mit Carla Frick und die Tänzer mit der Choreographin Vanessa Haug. Im August wurden die Puzzleteile dann zu einem großen Ganzen vereint und die gemeinsame Arbeit unter der Regie von Beatrix Reiterer startete.

Das Ergebnis ist beeindruckend: Kinder und Jugendliche von sechs bis 17 Jahre aus 18 verschiedenen Balinger Schulen sangen, tanzten und spielten und zogen das Publikum in ihren Bann.

In Kostümen verwandelten sich die Kinder in Spielzeuge, Tiere und Bewohner verschiedener Kontinente. Das Bühnenbild setzte den Fokus auf die große Spielzeugtruhe und erzeugte mit tollen, farbenfrohen und wechselnden Bildern von jungen Künstler der Jugendkunstschule und der Sichelschule die passende Stimmung für die Reise um die Welt.

Puppen werden lebendig

Und so begann das Abenteuer von Felicitas Kunterbunt sogar mit einer Deutschlandpremiere: Erstmalig wurde es mit einem extra geschriebenen Orchester-Live-Arrangement von Nikolaus Reinke gespielt. Die Zuschauer tauchten ein in die zauberhafte Welt der Puppen und Spielzeuge, die durch Zauberhand in der Nacht im Kinderzimmer zum Leben erwachten. Doch in dieser Nacht war in der großen Spielzeugtruhe alles anders: Eine neue Mitbewohnerin entstieg der Truhe – Felicitas (mit klarer Stimme und großem Talent: Frieda Weier). Bär, Hamster, Hase, Fuchs und Detektiv Franz Findig stellten sich die Frage: Wer ist die Neue, woher kommt sie, was will sie in unserem Kinderzimmer?

Reise um die Welt beginnt

Die Kuscheltiere und der Detektiv ließen kein gutes Haar an Felicitas. Das brachte den Zauberer Rabador (weise und gut: René Patorek) zur Weißglut, und er griff in das nächtliche Geschehen ein. Kurzerhand verschloss er die Spielzeugtruhe mit einem Zauberschloss und nahm allen Bewohnern ihr Zuhause. Die Botschaft von Rabador war klar: Macht euch auf den Weg um die Welt und findet den Schlüssel für die Truhe.

Das war leichter gesagt als getan, denn wie können Kuscheltiere, die in einem Kinderzimmer leben, um die Welt reisen – und wie soll dieser Schlüssel eigentlich aussehen? Franz Findig (witzig, schlau und charmant: Marah Wahl) nahm das Zauberbuch zur Hand, und einen Augenblick später stand ein junger Pirat (stolz, beeindruckend und hilfsbereit: Marc-André Ruf) im Zimmer. Mit seiner Hilfe, mit den Zaubersprüchen im Buch und dem magischen Trommeln, mit dem Felicitas das Zaubern von Franz Findig begleitete, gelangten alle nach Australien, an den Nordpol, nach Amerika, China und Afrika. Auf jedem Kontinent erhielten die Suchenden einen Teil des Schlüssels, den sie so dringend benötigten.

Die Bewohner der Kontinente gaben ihnen aber auch Botschaften mit auf den Weg: So sagten Känguru und Koala in Australien, dass sie seit jeher mit Fremdlingen, die in ihr Land eingeschleppt werden, zurecht kommen müssen. Der Eisbär (wunderschön gesungen: Sarah Schomaker) mahnte, dass sein Lebensraum von Tag zu Tag kleiner wird und die Menschen dies endlich erkennen und handeln müssten. Der Indianerhäuptling berichtete, dass sein Volk vor langer Zeit schon durch Eindringlinge und neue Bewohner Land und Lebensgrundlage verloren habe. Der chinesische Drache verwies auf die Vielfalt und die unterschiedlichen Hautfarben, die diese Welt erst zu dem machen, was sie ist: einen bunten, vielseitigen Planeten.

Vier Teile des Schlüssels waren gefunden und zusammengesetzt, als sich der Hass (richtig fies und beängstigend: Frank Schlosser-Uttenweiler) ins Kinderzimmer schlich und begann, das Klima zu vergiften. Mit seinen Helfern Neid, Missgunst, Halbwahrheit und Vorurteil versuchte er Zwietracht zu streuen und die Freunde auseinander zu bringen. Für einen kurzen Moment gelang ihm das bei Bär (drollig und mit viel Wortwitz: Lena Rau) und Hamster (immer mit einem lockeren Spruch dabei: Lysann Lehnhoff). Doch Franz Findig, der Hase (stets ein bisschen ängstlich, aber immer positiv: Noomi Paul), der Fuchs (tolles Solo, spitzbübisch und sportlich: Lena Krämer) und Felicitas appellierten an ihre neugewonnene Freundschaft, und so wiedersagten sie dem Hass, der sich wütend aus dem Kinderzimmer verabschiedete.

Das letzte Schlüsselteil fanden die Freunde mit Hilfe des letzten Zauberspruchs in Afrika. Mit dem Lied "Herzschlag von Afrika" überreichten ihnen zwei Afrikaner ein Herz aus dem Teil der Erde, der der Ursprung allen Lebens ist. Als die Kuscheltiere, der Detektiv und Felicitas das Herz mit den anderen Teilen zusammensetzten öffnete sich die Spielzeugtruhe wieder, und alle waren glücklich, ihr Zuhause – in dem Felicitas nun selbstverständlich auch einen festen Platz hatte – wieder zu haben.

Appell: Respekt wichtig

Gemeinsam mit dem Chor, der die ganze Reise mit viel Ausdauer und Singfreude unterstützt hatte, sangen sie das Schlusslied "Wir sind alle Kinder dieser Welt". Der Zauberer Rabador war zufrieden und mahnte, die Botschaft aus dem Kinderzimmer hinaus in die Welt zu tragen, denn Respekt füreinander und Achtung im Miteinander sind wichtig und lebensnotwendig. In die Stille nach diesem Appell drang aus dem Publikum ein zartes, aber wohl vernehmliches "Oh, wie schön!"