Der 1967 errichtete Effringer Kindergarten "Werre" ist in die Jahre gekommen. Foto: Priestersbach

Die Frage, ob der bestehende Effringer Bolzplatz in der Ortsmitte einem fünfgruppigen Kindergarten weichen muss wird am 4. Dezember geklärt – per Bürgerentscheid.

Wildberg - Im Mai hatte der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Bildungs- und Betreuungsstandort Effringen" gefasst, nachdem es im Effringer Ortschaftsrat in dieser Frage ein Unentschieden gegeben hatte. Klare Mehrheitsmeinung im Gremium war und ist es nach wie vor, dass eine Erweiterung am bestehenden Kindergarten-Standort "Werre" nicht nachhaltig wäre und dass der Standort "Schule/Bolzplatz" auch unter wirtschaftlichen Aspekten in die Zukunft gerichtet sei.

Gegen diesen Beschluss hatte sich Widerstand formiert, und es wurde eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen, um den Effringer Bolzplatz zu erhalten und die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses zu erwirken. Für ein entsprechendes Bürgerbegehren legte die Initiative rund 700 Unterschriften wahlberechtigter Wildberger vor, worauf der Gemeinderat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestätigt hatte. Für die Bürgerinitiative ist der Standort Werre unter allen Aspekten geeigneter als der Bolzplatz.

Beide Seiten beharren auf ihren Standpunkten

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats hatten Verwaltung, Fraktionen und die Vertreter der Bürgerinitiative in dieser Woche noch einmal die Gelegenheit, ihre Argumente vorzutragen. Da beide Seiten in der Stadthalle erwartungsgemäß bei ihren Standpunkten blieben, haben nun die Wildberger in einem Bürgerentscheid das letzte Wort. Die 8069 Wahlberechtigten sind aufgerufen, folgende Frage zu beantworten: "Sind sie dafür, dass der Bolzplatz in Effringen erhalten bleibt und der Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats vom 19. Mai 2022 aufgehoben wird?".

Initiative rechnet sich gute Chancen aus

Als Vertreter der Bürgerinitiative wiesen Frank Dengler, Benjamin Seeger und Heiko Bürkle darauf hin, dass sie gute Chancen sehen, den Bürgerentscheid zu gewinnen. So seien zwischen 2006 und 2019 zwei Drittel aller Bürgerbegehren, die zu einem Bürgerentscheid führten, von den Bürgerinitiativen gewonnen worden. In der Sache plädieren sie dafür, dass der bestehende Bolzplatz weiterhin den Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen sollte, zumal bislang kein Ersatz geplant sei. Zudem könnte der Bolzplatz an der Grundschule dann weiterhin für den Schulsport und als zentraler Festplatz für Veranstaltungen genutzt werden. Der Umzug des Kindergartens auf das Bolzplatz-Areal wird auch räumlich als Verschlechterung angesehen, zumal es dort keine Erweiterungsmöglichkeiten gebe.

Verkehrssicherheit in der Kritik

Mit Blick auf den Standort Werre sind die Vertreter der Bürgerinitiative überzeugt, dass dort durch Grundstückstausch oder -Erwerb die notwendigen Flächen bereitgestellt werden könnten. Außerdem könnten die angeführten Synergieeffekte nach ihrer Auffassung auch am bisherigen Standort erreicht werden. Kritisiert wird zudem die nach Ansicht der Bürgerinitiative fehlende Verkehrssicherheit beim Bolzplatz – vor allem während der Bring- und Abholzeiten. Mit Blick auf die Baugebiete Unterer und Oberer Bergsteig in Effringen stellten die Vertreter der Bürgerinitiative die Aussage in den Raum, dass es dort versäumt worden sei, eine Fläche für einen Kindergarten zu berücksichtigen.

Bünger hält mit "Faktencheck" dagegen

Mit einem "Faktencheck" ging Bürgermeister Ulrich Bünger anschließend auf die Argumente der Bürgerinitiative ein. Zuvor betonte der Rathauschef: "Im Gemeinderat geht nicht um Gewinnen oder Verlieren, sondern um die beste Lösung." So wies er auf einen Vorschlag aus dem Ortschaftsrat hin, wonach ein alternativer Festplatz beim Reitgelände geschaffen werden könne. Gleichzeitig skizzierte er mögliche Ersatzflächen für einen Bolzplatz. In seinen Ausführungen stellte Bürger weiter fest, dass das an den bestehenden Kindergarten angrenzende Grundstück "laut Aussage des Eigentümers definitiv nicht zur Verfügung steht". Für die rückwärtigen Grundstücke lägen zwar teilweise Zusagen vor, die jedoch ohne einen Bebauungsplan mit Umlegung nicht bebaubar seien.

"Nicht beratungsresistent"

Zum Thema Verkehrssicherheit wies der Bürgermeister auf Lösungsmöglichkeiten hin, unter anderem geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen, die Ausweisung der Schulstraße als Sackgasse oder entzerrte Abhol- und Bringzeiten. Hinsichtlich des Bergsteigs wies er darauf hin, dass sich Ortschaftsrat und Gemeinderat einig waren, den Kindergarten-Standort in der Ortsmitte zu stärken. Abschließend betonte Bünger: "Wir sind nicht beratungsresistent, aber der Bau des Kindergartens auf dem Bolzplatz ist die wirtschaftlichste und zukunftsfähigste Lösung – und am schnellsten umsetzbar."

Ostertag vermutet "private Erwägungen"

Zu Wort kamen auch die Fraktionen: Für die CDU äußerte Gerhard Ostertag die Vermutung, dass bei dem Bürgerbegehren "private Erwägungen und Vorteile über das Allgemeinwohl" gestellt würden. In seinen Ausführungen erinnerte er an die Zusage, dass der ohnehin nicht mehr so intensiv genutzte Bolzplatz an anderer Stelle ausgewiesen werden kann. Deshalb appellierte Ostertag an die Bürgerinitiative, ihren Antrag zurückzuziehen und so den Weg frei zu machen für eine "rasche und zeitgemäße Lösung zugunsten der Effringer Kinder".

Nach "bestem Wissen und Gewissen"

Dass die Standortentscheidung nach "bestem Wissen und Gewissen" erfolgte, unterstrich Rolf Dittus von den Freien Wählern. In seinen Augen solle ein Bürgerbegehren nicht als Druckmittel benutzt werden, um eine Rücknahme von Beschlüssen des Gemeinderats zu erreichen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass sich die Bürger bei der Abstimmung nicht von Emotionen leiten lassen sollten, sondern eine sachgerechte Entscheidung treffen müssten

"Es wäre die beste Lösung, wenn die Bürgerinitiative auf ihr Bürgerbegehren verzichtet", erklärte SPD-Rat Dieter Dannenmann – zumal sich der Gemeinderat aus guten Gründen für den Standort Bolzplatz entschieden habe.

Traub: Bevölkerung muss Flagge zeigen

Die Fraktionen der Grünen und FDP stehen ebenfalls weiterhin hinter dem Beschluss des Gemeinderats. Der Effringer Ortsvorsteher Uwe Traub brachte es in seinem emotionalen Statement auf den Punkt: "Kein Thema hat die Effringer seit der Eingemeindung so aufgewühlt." Mit Blick auf den Bürgerentscheid fügte er hinzu: "Jetzt muss die Bevölkerung Flagge zeigen, denn es geht um die Zukunft unserer Kinder."

Dengler: "Ungleiche Machtverhältnisse"

Von den Vertretern der Bürgerinitiative wurde im Nachgang zur Sitzung mitgeteilt, dass sie sich durch das Verfahren in der Sitzung benachteiligt fühlen. So gingen die Argumente von Seiten der Initiative der Stadtverwaltung und den Fraktionen bereits Mitte vergangener Woche zu. Doch im Gegenzug habe man keine Stellungnahmen und Argumente erhalten, weder von der Stadtverwaltung noch von den Fraktionen. "Somit war es uns unmöglich, auf die Argumente der Gemeinde einzugehen, da eine Diskussion seitens der Stadtverwaltung nicht vorgesehen war", kritisierte Frank Dengler das Procedere. Auch die unterschiedlichen Zeitanteile von Bürgerinitiative und Gemeinde hätten ihm "die ungleichen Machtverhältnisse" aufgezeigt.