Auch Zähne putzen lernen Kinder in Krippen und Kitas – wenn sie einen Platz ergattern. Foto: AP

4600 Kleinkinder warten auf Krippenplatz – Nachfrage nach Ganztagsbetreuung in Kitas steigt.

Stuttgart - Der Gemeinderat wird auch in diesem Jahr nicht an Investitionen für Kinderbetreuung vorbeikommen. Immer noch fehlen rund 4600 Plätze für Kleinkinder, und der Bedarf an Ganztagsplätzen in Kitas und Schulen steigt und steigt. Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer schlägt Investitionen von 100 Millionen Euro vor.

Seit mehreren Jahren in Folge steckt die Stadt Stuttgart Millionen in den Ausbau der Kinderbetreuung. Zuletzt hatte der Gemeinderat ein 47,5-Millionen-Euro-Paket geschnürt, mit dem das Angebot deutlich erhöht wurde. Zum 1. März dieses Jahres konnte das Jugendamt 4972 Plätze für Kleinkinder vorweisen, 15.919 Plätze für Mädchen und Jungen im Kindergartenalter sowie 5362 Hortplätze. Sind alle bisher gefassten Haushaltsbeschlüsse des Gemeinderats umgesetzt, steigen diese Zahlen nochmals an.

Doch "immer noch hinkt der Ausbau der Kleinkinder- und der Ganztagsplätze für ältere Kinder der Entwicklung des realen Bedarfs der Familien deutlich hinterher", heißt es im Jahresbericht des Sozialreferats, der am kommenden Montag den Stadträten im Jugendhilfeausschuss vorgelegt wird. Damit das Angebot tatsächlich "bedarfsgerecht" werde, seien jetzt und in den nächsten Jahren weitere große Anstrengungen erforderlich. Bei Kleinkindern sei damit zu rechnen, dass mindestens die Hälfte von ihnen einen Krippenplatz brauchen.

Die Sozialverwaltung macht für die kommenden Haushaltsplanberatungen mehrere Vorschläge. Für Kleinkinder, deren Zahl in Stuttgart um 296 auf rund 16.200 angestiegen ist, sollen 1744 weitere Plätze in Krippen geschaffen werden. Einerseits könnte dies durch Angebotsveränderungen, andererseits durch Neueröffnungen geschehen. Der momentane Versorgungsgrad von 30,8 Prozent wird dadurch auf 47 Prozent steigen - so lautet die Prognose. Derzeit stehen 4600 Kinder auf der Warteliste für einen Krippenplatz.

Zurzeit ist die Nachfrage nur zu 42,6 Prozent zu befriedigen

Für die circa 15.600 Stuttgarter im Alter zwischen drei und sechs Jahren sollen vor allem weitere Ganztagsangebote geschaffen werden. Zurzeit ist die Nachfrage nur zu 42,6 Prozent zu befriedigen, die Bedarfsdeckung soll auf 60 Prozent steigen.

Noch schlechter ist dieser Wert bei der Schulkindbetreuung: Nur 19,4 Prozent der Sechs- bis Zwölfjährigen können sich auf eine Betreuung im Hort verlassen. 143 Plätze sollen dazukommen, doch vor allem setzt die Verwaltung als Zwischenlösung auf Schülerhäuser und zuletzt den Ausbau der Ganztagsschulen.

Für die genannten Vorschläge hat die Verwaltung ein gewaltiges Investitionsvolumen errechnet. Alles in allem würden der Ausbau und die Platzumwandlungen, verteilt auf die Jahre 2012 und 2013, circa 100 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen Betriebskosten und -zuschüsse in Höhe von rund 50 Millionen Euro, die ab 2014 jährlich anfallen. Da Kinderbetreuung bis zum Schuleintritt eine staatliche und kommunale Pflichtaufgabe ist, kann die Sozialverwaltung allenfalls mit rund zwei Millionen Euro an Einnahmen aus den Gebühren aufwarten.

In den veranschlagten Investitionssummen nicht inbegriffen ist die Betreuung von Kindern bei Tagesmüttern und -vätern, die ebenfalls stärker ausgebaut werden soll. Derzeit läuft in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit eine Kampagne, mit der weitere betreuende Familien für dieses Modell gewonnen werden sollen. Nun ist der Gemeinderat gefordert, Vorschläge zur Umsetzung zu machen.

Vonseiten der Finanzverwaltung und OB Wolfgang Schuster kam bisher die Zusage, insgesamt 150 Millionen Euro zusätzlich für Schulen und Kitas bereitzustellen. In der neuen Wunschliste des Doppelhaushalts, der in diesem Herbst verabschiedet werden muss, tauche darüber hinaus aber kein weiterer Betrag zum Abbau des Sanierungsstaus an Schulen auf, bemängelt Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold. Dabei war vorgesehen, 2013 weitere 54 Millionen Euro, 2014 und 2015 jeweils 25 Millionen Euro und 2016 nochmals 13 Millionen Euro zu investieren.

In Anbetracht der nun genannten Summe sagt auch Iris Ripsam (CDU): "Das reicht hinten und vorne nicht aus." Die Politik müsse nachjustieren, "da bleibt eine Neuverschuldung wohl nicht aus".