Die Kikripp will ab September aus der Platzvergabe der Stadt ausscheiden und als eigenständiger privater Träger auftreten. Foto: Marc Eich

Die Kikripp sieht die eigenständige Platzvergabe als Chance für die Zukunft. Eine Voraussetzung ist für den Geschäftsführer allerdings, als privater Träger in der städtischen Bedarfsplanung zu bleiben. Ein offener Brief fordert Unterstützung für die Kindertagesstätte.

Nach den noch nicht geklärten rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Stadtverwaltung will die Villinger Tagesstätte Kikripp einen neuen Weg einschlagen: „Die Kikripp löst sich mit dem neuen Kindergartenjahr ab September 2025 aus der Platzvergabe der Stadt und tritt als eigenständiger privater Träger auf“, ist am Aushang der Einrichtung zu lesen.

 

Den Ausschlag für diese Entscheidung habe der im vergangenen Jahr gefasste Beschluss des Ausschusses für Jugend, Bildung und Soziales gegeben, den Vertrag mit der Kikripp zum 31. August 2025 über eine 100-prozentige Förderung zu kündigen, erklärte Kikripp-Geschäftsführer Marius Neininger auf Nachfrage unserer Redaktion. Unklar sei, ob die Kikripp in der Bedarfsplanung bleibe und damit Anspruch auf Zuschüsse habe.

Rechtsstreit um die gezahlten Mittel

Genau um die an die Kikripp gezahlten Mittel hatte sich ein Rechtsstreit entwickelt. Aus Sicht der Stadt hatte die private Kindertageseinrichtung über Jahre zu hohe Betriebskosten abgerechnet, so dass sie 1,3 Millionen Euro zurückforderte. Dagegen hatte die Kikripp geklagt und vor dem Verwaltungsgericht Freiburg Recht bekommen, dass ein sofortiger Vollzug der Forderungen seitens der Stadt nicht rechtens ist. Gegen dieses Urteil hatte die Stadtverwaltung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim eingelegt.

Durchaus rechtens war es aus Sicht des Freiburger Verwaltungsgerichts allerdings, dass die Stadt die Betriebskostenzuschüsse um 24 Prozent gekürzt hatte. Dagegen wiederum hat die Kikripp Rechtsmittel eingelegt. Beide Urteile stehen derzeit noch aus.

Schwarze Zahlen möglich

Unabhängig vom Ausgang der Verfahren gehe es der Kikripp nun darum, dass sie in der städtischen Bedarfsplanung bleibe und die gesetzlich vorgeschriebene Mindestfinanzierung für den Betrieb zu bekomme, betonte Neininger. Mit der freien Platzvergabe könne die Kita dann selbst entscheiden, welche Kinder sie aufnehme und die Beiträge der Eltern festsetzen. So sei es möglich, schwarze Zahlen zu schreiben, unterstrich Neininger. Biete die Einrichtung doch eine hohe Qualität. Seit den Anfängen sei es gelungen, nie ein Kind wegen Personalmangels heimschicken zu müssen – und das bei einer Betreuung von bis zu 49 Stunden in der Woche.

Plädoyer des Kitaverbands

Seit ihrer Gründung zeichne sich die Kikripp durch Qualität, flexible Öffnungszeiten und eine hervorragende Betreuung aus, für berufstätige Eltern und deren Arbeitgeber bedeute diese Stabilität eine unverzichtbare Unterstützung, schreibt denn auch der Deutsche Kitaverband in einem offenen Brief an die Stadt und die Gemeinderäte. Angesichts der laut Neininger im Frühjahr anstehenden Entscheidung im Gemeinderat, ob die Kikripp im Bedarfsplan bleibt, hält der Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten ein flammendes Plädoyer für den Erhalt der Kikripp und die langfristige Betreuung von 80 Jungen und Mädchen.

Folgen für die Eltern

„Die Schließung dieser Einrichtung hätte gravierende Folgen für die betroffenen Eltern, Kinder und nicht zuletzt für den dringend benötigten Bestand an Kindergartenplätzen in der Stadt Villingen-Schwenningen“, argumentiert der Landesvorsitzende Clemens M. Weegmann. Die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags bedeute unklare Zukunftsaussichten für den Weiterbetrieb.

Der Bestand von 80 dringend benötigten Kindergartenplätzen dürfe nicht von offenen Rechtsstreitigkeiten abhängen, sondern müsse sich am Bedarf der Familien orientieren. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz bedeute für die Stadt eine klare Verpflichtung zur Sicherstellung eines ausreichenden Betreuungsangebots. Allerdings habe es bereits 2024 einen Mangel an 400 Kindergartenplätzen in der Stadt gegeben.

„In dieser Situation ist es unverständlich, dass im Sinne der Bildungsgerechtigkeit sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf 80 funktionierende Plätze gefährdet werden sollen“, führt Weegmann ins Feld. Nach Meinung von Sozialrechtsexperten sei die Aufnahme in die Bedarfsplanung nur auszuschließen, wenn der örtliche Bedarf gedeckt sei und auch im Rahmen des Wunsch- und Wahlrechts die Belegung der Kita unwahrscheinlich wäre, was nicht der Fall sei.

Aus droht weiterhin

„Der Gemeinderat hat die Verantwortung, die Bedarfsplanung objektiv und ohne sachfremde Erwägungen zu bewerten“, heißt es im offenen Brief. „Eine Entscheidung gegen die Kikripp würde nicht nur gegen die Interessen der betroffenen Familien gehen, sondern auch der allgemeinen Versorgungslage schaden und die Stadt weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen aussetzen.“

Die Eltern, Mitarbeiter und Träger hätten in den vergangenen Monaten große Anstrengungen unternommen, um eine Insolvenz abzuwenden und den Fortbestand der Einrichtung zu sichern. Dennoch drohe weiterhin das Aus, falls der Gemeinderat eine Entscheidung treffe, die den Kindergarten nicht in die Bedarfsplanung aufnimmt.

Stadt verweist auf laufendes Verfahren

Gefragt sei ein klares Zeichen für die Familienfreundlichkeit sowie die Sozial- und Bildungspolitik der Stadt – zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Betreuungsplätze in Villingen-Schwenningen.

Die Stadt wollte sich indes nicht näher zum offenen Brief und den Argumenten der Kikripp äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handle. Die Verwaltung erwarte in Bälde die Gerichtsbeschlüsse, war von Pressesprecherin Madlen Falke zu erfahren.