In vielen kirchlichen Kindergärten fehlt Geld. Foto: dpa

Am 16. Dezember wird der Esslinger Gemeinderat vermutlich mit klarer Mehrheit beschließen, der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Esslingen drei Jahre lang einen Zuschuss von 200 000 Euro zu bezahlen, damit sie ihre 44 Kindergartengruppen aufrechterhalten kann. Dekan Bernd Weißenborn räumt ein: Ohne den Zuschuss ginge das nicht.

Esslingen - Am 16. Dezember wird der Esslinger Gemeinderat vermutlich mit klarer Mehrheit beschließen, der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Esslingen drei Jahre lang jährlich einen Zuschuss von 200.000 Euro zu bezahlen, damit sie ihre 44 Kindergartengruppen aufrechterhalten kann. Dekan Bernd Weißenborn räumt ein: Ohne den Zuschuss ginge das nicht.

Was viele nicht wissen: Die Stadt zahlt ohnehin 90 Prozent der Kosten, die in den kirchlichen Kindergärten anfallen. Zudem gehören elf Immobilien, in denen die Evangelische Kirche Kinder betreut, der Stadt. Und jetzt noch einmal 200.000 Euro jährlich dazu? Der zuständige Bürgermeister Markus Raab sieht dennoch keine Veranlassung, dass die Stadt die kirchlichen Kindergärten übernimmt. Er verweist auf die Vielfalt in Erziehung und Bildung, die durchaus erwünscht sei. In der Verfassung seien Trägervielfalt und Angebotsvielfalt verankert. Das Land fördere ausdrücklich die Pluralität der Angebote, indem es für den Betrieb alternativer Einrichtungen 63 Prozent Zuschuss gewähre.

Raab verweist auf das Subsidiaritätsprinzip, nach dem die öffentliche Hand gesellschaftliche und soziale Aufgaben übernehme, die sonst keiner leisten wolle. Bei den Kindergärten sei das aber keineswegs so. „Es gibt ein starkes Interesse der Kirchen am Betrieb der Kindergärten.“ In Esslingen ist die Evangelische Kirche mit 48 Gruppen der zweitgrößte Träger. Die Stadt bietet 86 Gruppen an, die Katholische Kirche 22 Gruppen, weitere 29 bieten private Träger.

Unmöglich, alle 48 Gruppen zu erhalten

Dennoch: Nach dem Beschluss am 16. Dezember geht es um eine zwischen Stadt und Kirche vereinbarte Übergangszeit. „Nach drei Jahren wird es keine weiteren Zahlungen geben“, sagt Raab. Eine Arbeitsgemeinschaft werde nun klären, wie es dann weitergeht. Denn aus jetziger Sicht, so Raab, werde es der Evangelischen Kirche kaum möglich sein, alle 48 Gruppen zu erhalten. Dann müsse sich die Kirche äußern, welche Gruppen zur Disposition stehen, die Stadt würde sie dann als Träger übernehmen. Um die Transaktion so reibungslos wie möglich zu gestalten, könnte das Personal weiterhin bei der Evangelischen Kirche beschäftigt bleiben. Die Stadt würde der Kirche dann die Personalkosten erstatten. Dies sei für die Beschäftigten womöglich einfacher, da es Unterschiede gebe zwischen einem kirchlichen und öffentlichen Tarifvertrag. Aus Raabs Sicht würde es sich anbieten, dass die Stadt dort Träger wird, wo ihr die Immobilie schon gehört. Spruchreif wird die Geschichte aber erst im Jahr 2016.

Der Esslinger Dekan Bernd Weißenborn, zuständig für 62.000 Kirchenmitglieder in der Gesamtkirchengemeinde Esslingen, will die finanzielle Situation nicht beschönigen. Wenn die Stadt nun jährlich 200.000 Euro zahle, bleibe dennoch ein Minus von 178 000 Euro jährlich. Es müssten also Änderungen in der Struktur vorgenommen werden. Die Erkenntnisse aus einem extern betreuten Prozess lägen nun auf dem Tisch, Weißenborn will die Details aber nicht nennen. Jedoch: „Der Unterhalt von 80 Immobilien ist für uns zu viel.“ Bei acht werde nun geprüft, sie zu verkaufen oder zu vermieten. Weißenborn: „Ziel ist für die Zukunft ein ausgeglichener Haushalt. „Durch die Unterstützung der Stadt gewinnen wir Zeit.“

Dass die Gesamtkirchengemeinde überhaupt so schlecht dasteht, liege weniger an Kirchenaustritten als an der demografischen Entwicklung. Denn es gebe durchaus auch Kircheneintritte, aber mehr Begräbnisse als Taufen. Weißenborn ist trotzdem zuversichtlich, dass in der Arbeitsgemeinschaft „neue Wege der Refinanzierung“ gefunden würden. „Wir wollen uns im Kindergartenbereich nicht ganz zurückziehen.“

Innerhalb der Evangelischen Landeskirche ist die Situation in Esslingen ein Einzelfall. Deren Sprecher Oliver Hoesch weiß von keiner anderen Stadt, die für die Kirche in die Bresche springt. Ob die Gesamtkirchengemeinde in Esslingen schlechter wirtschafte als andere, will Hoesch nicht kommentieren.

Die Übergangszahlungen könnten für die Stadt Esslingen noch weitere Ausgaben nach sich ziehen – etwa wenn die Katholische Kirche oder ein privater Träger eines Kindergartens vorstellig würde. „Für uns gilt der Gleichstellungsgrundsatz“, sagt Markus Raab. Wenn der Fall gleich gelagert sei, wie jetzt bei der Evangelischen Kirche, müsse die Stadt auch dann tätig werden.