Selten sind die Zuschauerreihen bei den Sitzungen des Gemeinderats im Feuerwehrhaus so gut besetzt wie am Dienstag. Foto: Kauffmann

Ein bislang nicht rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen war der Anlass, Kriterien zur Vergabe der Kernzeitplätze neu zu definieren.

Bürgermeister Roman Waizenegger machte am Dienstagabend die Problematik deutlich: Die Nachfrage ist höher als das Angebot.

 

Verwaltung und Gemeinderat seien bestrebt, alle Anfragen zu bedienen, „ob uns das vollumfänglich gelingt, kann ich nicht versprechen, wir arbeiten daran“. Deshalb hat die Gemeinde auf Anraten der Eltern ein „Platz-Sharing“ eingeführt, das auch sehr gut funktioniert hat.

Ein Elternteil, das eine Absage für einen regulären Platz mit Baustein drei (Betreuung Unterrichtsende bis 16 Uhr) erhielt, einen solchen aber benötigte, zog vor das Verwaltungsgericht in Sigmaringen. Die Richter gaben den Eltern vorläufig Recht.

Begründung des Gerichts

In der Urteilsbegründung, die unserer Redaktion nach Anfrage ans Gericht anonymisiert vorliegt, heißt es unter anderem: Die Gemeinde Bisingen habe nicht dokumentiert, wie die Auswahl der 17 Bewerber um einen Betreuungsplatz im Baustein drei erfolgt sei. Das Gericht beanstandete, dass die Auswahlentscheidung „nicht hinreichend transparent und nachvollziehbar erfolgt bzw. dokumentiert ist“.

Darüber hinaus sind die Vergabekriterien „lediglich im Informationsflyer“ zur Kernzeitbetreuung geregelt, nicht aber in der Benutzungsordnung. Plump gesagt: Der Flyer ist nicht offiziell genug.

Kriterien sind offizieller

Der Beschluss des Gemeinderats hebt diese Kriterien nun auf ein offizielles Niveau. Dazuhin sind die Vergabekriterien nun transparent und nachvollziehbar definiert. Sind zwei Bewertungen gleichwertig, dann entscheidet das Los. Das Verwaltungsgericht bestätigt auf Anfrage, dass dies eine legitime Möglichkeit darstellt.

Mit dem Beschluss des Gemeinderats kann die Verwaltung weitere Entscheidungen treffen. So kann anhand der neuen Kriterien über den Fall des Klägers rechtssicher entschieden werden. Darüber hinaus bescheidet die Verwaltung fünf Anträge auf Platz-Sharing.

Neue Richtlinien kommen

Mit der Anpassung der Auswahlkriterien hat sich das Thema für Verwaltung und Gemeinderat keineswegs erledigt. Waizenegger sagte ausblickend, dass diese Kriterien vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz ab dem Schuljahr 2026/2027 ohnehin nochmal überarbeitet werden müssen.

Das könnte in der Praxis bedeuten, dass die Nachfrage nach der Kernzeitbetreuung erneut deutlich steigen wird. Haben Kinder den Platz sicher, könnte für Eltern die Hemmschwelle sinken, ihr Kind anzumelden – was möglicherweise zu höherer Nachfrage führt. Der Rechtsanspruch wird stufenweise pro Klassenstufe eingeführt, beginnend mit Klasse eins. Betroffen von potenziellen Absagen wären im Schuljahr 2026/2027 deshalb zuerst die Zweit-, Dritt- und Viertklässler. Wie sich die Anmeldezahlen entwickeln, lässt sich aktuell aber nicht zuverlässig vorhersagen, unter der Elternschaft kursieren nachvollziehbarerweise entsprechende Befürchtungen.

„Müssen uns anstrengen“

Will der Gemeinderat im Hinblick auf die Kapazitäten auf Nummer sicher gehen, müsste das Gremium schon bald beginnen, die Kapazitäten auszuweiten. Gemeinderat Volker Büschgen (Freie Wähler) sagte bei der Sitzung: „Wir müssen uns anstrengen für nächstes Jahr, dass auch jedes Kind einen Platz erhält.“ Schon bei den nun anstehenden Haushaltsberatungen müssten die Fraktionen in dieser Frage Farbe bekennen.

Zwei Enthaltungen

Büschgen und Daniela Ehrnsperger (Freie Wähler) enthielten sich bei der Abstimmung über die Vergabekriterien. Büschgen begründete seine Abstimmung so: „Ich kann es nicht ertragen, dass wir auf dem Rücken der Kinder eine Losentscheidung machen.“ Sein Appell an die Verwaltung der Gemeinde Bisingen: „Alles dafür tun, dass kein Kind unter den Tisch fällt.“ Waizenegger machte klar: Ob es gelingen wird, ausreichend Plätze zur Verfügung zu stellen, dahinter „stelle ich ein Fragezeichen“.

Ein „wichtiges“ Thema

Gemeinderätin Gisela Birr (SPD) berichtete, dass viele Eltern sie im Vorfeld der Sitzung angesprochen hatten. An die Eltern adressiert: „Wir wissen, wie wichtig das Thema ist“, auch vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Birr war diese Feststellung wichtig, weil das Gremium die Kernzeitbetreuung trotz Anwesenheit zahlreicher Eltern nicht ausführlicher besprochen hat.

Der Gemeinderat nahm die neuen Auswahlkriterien einstimmig an.