Die Übernahme ist perfekt: Die Lahrer Firma Kenk wird fortan das Seelbacher Pflegeheim St. Hildegard in gewohnter Form betreiben. Die Caritas zieht sich zum Jahresende zurück.
Tausenden Menschen im Schuttertal fällt ein Stein vom Herzen: Bürgermeister Michael Moser gab am Mittwochnachmittag bekannt, dass die Firma Kenk aus Lahr das Seelbacher Pflegeheim St. Hildegard übernehmen wird – und zwar nahtlos zum Jahresende. „Es ist eine ganz besondere und wichtige Nachricht“, so Moser.
Die Stimmung bei der Pressekonferenz im Bürgersaal des Seelbacher Rathaus war ein Abbild dessen, was sich hinter den Kulissen in den vergangenen Monaten abgespielt hat. Sehr ernst und teilweise ausgelaugt präsentierten sich die Beteiligten. „Viele schlaflose Nächte und langwierige Verhandlungen“, erklärte Moser, würden hinter ihnen liegen. Der Rathauschef blickte auf eine Zeit „extremer Verunsicherung“ bei Bewohnern wie Mitarbeitern zurück: „Sie waren teilweise krank vor Sorge.“ Umso erleichterter zeigte sich Moser, dass er die Nachricht der geglückten Übernahme an die Öffentlichkeit bringen durfte. „Bei vielen Menschen wird dieser Tag Tränen der Freude auslösen.“
Dass Moser damit nicht übertrieb, bestätigte Amtskollege Matthias Litterst aus Schuttertal. „Wir wurden ganz oft darauf angesprochen und haben viele offene Gespräche mit den Bürgern geführt.“ Daraus hätten die beiden Rathauschefs einen „klaren Auftrag“ erkannt, sich um den Erhalt des Heims zu bemühen – zum Wohle der Gemeinden. „Freude und Erleichterung sind auch meine Emotionen“, so Litterst. Er dankte allen Mitwirkenden, darunter dem Gemeinderat Seelbach, der mit einer Änderung des Bebauungsplans im Juni eine andere Nutzung als die eines Pflegeheims ausgeschlossen hat.
Besonderer Dank an die Bauamtsleiter
Litterst hob auch Landrat Thorsten Erny, die Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner und Yannick Bury, Landtagsabgeordnete Marion Gentges und Vertreter der Kirche ausdrücklich hervor. Ein besonderer Dank galt den Bauamtsleitern Simon Grimm (Seelbach) und Wolfgang Wölfle (Schuttertal), die die Bebauungsplanänderung auf den Weg gebracht hatten.
Caritas will Mitarbeitern keine Steine in Weg legen
Mirko Poetzsch verhehlte aus Sicht des Caritasverbandes nicht, dass dieser eigentlich „andere Ziele“ am Standort hatte. Die Rede war von betreutem Wohnen. Der Vorsitzende gestand ein, dass die Ankündigung, das Heim schließen zu wollen, einen „großen Aufruhr“ verursacht habe. Letztlich habe der Verband „Verantwortung für die uns anvertrauten Menschen“ übernommen und die Betriebsübergabe ermöglicht. „Die Bewohner dürfen bleiben“, versicherte Poetzsch. Auch den Mitarbeitern werde man keine Steine in den Weg legen, wenn sie zu Kenk wechseln wollen. Mitarbeiter und Bewohner habe man am Mittwoch in Kenntnis gesetzt.
Firma Kenk hat sich den Schritt gut überlegt
Und was sagt der neue Betreiber? „Eine Wahnsinnszeit liegt hinter uns“, meinte Jonas Kenk. Er versicherte, dass sich sein Unternehmen den Schritt „sehr gut überlegt“ habe, wenngleich das Pflegezentrum enorme finanzielle Investitionen erfordere und er und sein Vater, Edgar Kenk, mit Privatvermögen dafür haften.
Er glaubt, dass ein kleinerer, lokal verwurzelter Betreiber die anstehenden Herausforderungen besser lösen kann als der Caritasverband. „Wir hoffen, dass wir gut aufgenommen werden und dass uns die Seelbacher das Vertrauen schenken“, so der Unternehmer, der einst selbst in Seelbach zur Schule ging.
Baumaßnahmen Anfang des Jahres
Er warf auch schon einen Blick voraus: Ab dem neuen Jahr wird die Firma Kenk Eigentümer und Betreiber des Hauses sein. Für die Bewohner soll sich möglichst wenig ändern, es werden jedoch Baumaßnahmen unter anderem für den Brandschutz notwendig sein. Diese sollen im laufenden Betrieb „möglichst schnell“ von der Baufirma Anton Himmelsbach umgesetzt werden.
Bis dahin gebe es noch einiges zu tun. „Der Zeitstrahl ist knapp bemessen“, so Kenk. Unter anderem seien Gespräche mit Mitarbeitern zu führen, die möglicherweise bleiben wollen. Sie würden „mindestens zu den gleichen Konditionen“ wie zuvor bei der Caritas beschäftigt.
Bekanntgabe noch vor dem Notartermin
Die Bekanntgabe der Übernahme, teilte Mireille Ochalek-Starzetz vom Caritasverband mit, erfolgt noch vor dem Notartermin auf Basis eines Handschlags. Das sei der Wunsch der Bürgermeister gewesen. „Mit jedem Tag, den es länger gedauert hätte, wäre die Situation schwieriger geworden. Es galt, die Ängste zu lösen“, begründete Moser dies. „Es war zermürbend“, ergänzte Litterst. Dass Kenk und die Caritas eine Bekanntgabe zu diesen Zeitpunkt ermöglicht haben, „spricht für beide“.
Moser und Litterst wollen die Übernahme begleiten und der Pflege mehr kommunalpolitische Aufmerksamkeit geben. Moser berichtet, dass Seelbacher in Gesprächen mit ihm die drohende Schließung von St. Hildegard als das emotionalste Thema seit der Kommunalreform – also seit 50 Jahren – bezeichnet haben. Daher dankte auch er allen, die sich „mit viel Herz“ engagiert haben. Abschließend wandte er sich an Jonas Kenk und sprach den Wunsch Tausender Schuttertäler aus: „Wir hoffen auf eine gute Zukunft!“
Kurz-Chronik
14. Mai:
Der Caritasverband Lahr gibt bekannt, St. Hildegard schließen zu wollen. 20. Mai:
Eine Petition für den Erhalt des Pflegeheims findet großen Anklang. Die Gemeinden wollen einen neuen Betreiber finden. 2. Juni:
Beim Infoabend kochen die Emotionen hoch. 30. Juni:
Der Gemeinderat Seelbach bringt eine Änderung des Bebauungsplans auf den Weg und durchkreuzt die Caritas-Pläne. 21. Juli:
Die Firma Kenk tritt in Verhandlungen mit der Caritas.