Im Busbereich an der Hohenberghalle hat der Streit unter Schülern des Schulzentrums begonnen. Foto: Hopp

Heile Welt in der Realschule und im gesamten Schulzentrum? Der Gewaltvorfall und die Reaktion der Schulleitungen lassen Kritik von Eltern aufflammen.

Horb - Wird der Gewaltvorfall am Schulzentrum Horb heruntergespielt? Geht es an den dortigen Schulen viel schlimmer zu, als die Schulleiter zugeben möchten?

Nach unserer Berichterstattung über die Attacke mehrerer Schüler von drei Schulen (Realschule, Gemeinschaftsschule und Rossbergschule) gegen einen anderen Schüler haben sich einige Eltern in unserer Redaktion gemeldet und zeichnen ein anderes Bild als die Rektoren.

Das knallharte Eltern-Zeugnis für die Realschule und die Lehrerschaft des Schulzentrums!

1. Mangelnde Zivilcourage

Haben die Lehrer genug getan, um den Konflikt aus der Welt zu räumen? Immer wieder sollen sich Schüler kurz nach Schulschluss "zusammengerottet" haben, es soll sich an der Hohenberghalle ein Pulk gebildet haben.

Götz Peter, Rektor der Gemeinschaftsschule und geschäftsführender Schulleiter der Horber Schulen mit Empfingen und Eutingen, war selbst vor Ort und sah selbst keine Chance, den Konflikt zu lösen. "Ich konnte die Schüler ja nicht nach Hause schicken." Er und seine Kollegin von der Realschule, Heidrun Linka, betonten, dass der Konflikt sich außerhalb des Schulzentrums und außerhalb der Schulzeit abgespielt hätte.

Ein Elternteil möchte das nicht so stehen lassen: "Es entsteht der Eindruck, als würde sich die Schulleitung aus der Verantwortung stehlen. Hier geht es ja auch um das Thema Zivilcourage. Und auch für Lehrer gilt, dass sie sich außerhalb des Schulgeländes und der Schulzeit noch um so etwas kümmern, wenn sie das sehen. Außerdem: Mit einem ›geht nach Hause‹ ist es doch nicht getan. Der Konflikt muss doch richtig aufgearbeitet und nicht ins Private geschoben werden."

Eine Mutter sagt: "Die tätliche Attacke hat sehr wohl auch zumindest zum Teil im Sichtfeld von Lehrern stattgefunden. So haben es einige Augenzeugen berichtet."

2. Der Grund der Auseinandersetzung

Es ist ein schwieriges Thema: Haben kulturelle Gründe zum Konflikt geführt? Hatten Kinder mit Migrationshintergrund einen anderen Jungen attackiert? Rektor Peter berichtete: "Das spätere Opfer soll andere beleidigt haben. Dann wurde mit Vergeltung gedroht." Allerdings soll der Migrationshintergrund keine Rolle gespielt haben, so Peter.

Eine Mutter eines Schülers äußert sich da anders: "Mein Kind kam nach Hause und sagte: ›Derjenige, der geschlagen wurde, hat vorher den Islam beleidigt‹." Auch andere Stimmen äußern sich in diese Richtung. "Es handelte sich um eine ›Ehrverletzung‹", so ein Elternteil eines Realschülers.

3. Keine heile Welt

"Die Realschule genießt leider alles andere als einen guten Ruf", sagt ein Vater. Es habe auch schon vor dem Gewaltvorfall viele schwelende Konflikte und auch schon ähnliche Situationen gegeben.

Eine Gruppe von Eltern, die sich nach der Berichterstattung zusammengetan hat, analysiert: "Es gibt einen Fachkräftemangel, zunehmenden Rassismus in der Schule, immer mehr Schüler mit Migrationshintergrund. Ein weiteres Problem ist, dass es keine bindende Grundschulempfehlung gibt und somit viele Schüler an der Schule sind, die ehrlicherweise dort eigentlich nichts verloren haben."

Gerade letzterer Punkt sorge dafür, dass ein ungestörter Schulbetrieb kaum möglich sei. "Es gibt auch sehr engagierte Lehrer, die versuchen, sich intensiv einzubringen. Aber manchen Lehrern ist das völlig egal. Andere sind überfordert und hilflos." Die kulturellen Unterschiede würden auch zu anderen Konflikten führen: "Einige Kinder bringen von zu Hause das Bild mit, dass ihnen Lehrerinnen nichts zu sagen haben und Frauen weniger wert seien."

4. Die Corona-Nachwirkungen

"Die Corona-Zeit hat viele Kinder aus der Bahn geworfen", sagt eine Mutter. Einige Realschüler würden deshalb nicht mehr mit dem Schulstoff mitkommen, hätten den Anschluss verpasst. "Klar gibt es Programme wie ›Rückenwind‹, aber das wird nicht von allen, die es benötigen, angenommen. Und Lehrer müssen die Schüler eigentlich ›abholen‹, ihnen Unterstützung geben. Aber oftmals versuchen sie einfach nur, ihren Schulstoff ›durchzuprügeln‹."

Eine andere Mutter schildert: "Kinder fühlen sich allein gelassen, gerade bei den Älteren herrscht große Frustration. Sie sind jetzt dem Leistungsdruck ausgesetzt." Dieser Frust führe dann auch zu Konflikten.

5. Mangelnde Kritikfähigkeit

"Das Problem ist, dass die Schulleitung in der Realschule Kritik nicht hören will", berichtet die Elterngruppe. "Im Endeffekt heißt die Botschaft immer: "Es ist alles gut, es ist alles schön, wir haben keine Probleme." Dabei sei es sehr wichtig, sich den Problemen zu stellen.

Und die Schulsozialarbeit? Die sei zwar personell gut aufgestellt. Aber: "Es ist keine Frage der Quantität, sondern der Qualität." Die Elterngruppe kritisiert, dass die Schulsozialarbeit zu eng mit der Schulleitung zusammenarbeite und deshalb nicht die Finger in die Wunde lege. "Natürlich gab es auch teambildende Maßnahmen, aber wir wissen nicht, ob Pizzabacken im Marmorwerk ausreichend ist."

6. Was sich die Eltern wünschen

"Die Realschule hat sich ein Leitbild gesetzt. Und das muss auch gelebt werden, mit allen Konsequenzen", so die Elterngruppe. Das bedeute auch, "hart durchzugreifen", wenn die Vorfälle das zwingend erforderlich machen würden. "Es gab genügend Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit, die für einen Schulverweis gereicht hätten", so die Eltern, Es bringe nichts, die "Augen zu verschließen". Eine Mutter: "Und im Endeffekt muss man auch die bunte Mischung der Schüler als Chance sehen."