Gute Laune: Wendelin Wiedeking und Holger Härter Foto: dpa

Allmählich lichtet sich das Verfahrensdickicht im Nachgang der missglückten Übernahme von VW durch Porsche. Das Landgericht Stuttgart hat am Freitag die Eröffnung des Strafverfahrens gegen Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzvorstand Holger Härter abgelehnt.

Stuttgart - Für die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist es nach den Freisprüchen für die ehemaligen LBBW-Vorstände die zweite Schlappe innerhalb von zwei Tagen. Der seit Jahren mit Spannung erwartete Prozess gegen die beiden ehemaligen Porsche-Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter wird gar nicht erst eröffnet. „Das Landgericht Stuttgart schätzt die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung als gering ein“, sagte ein Sprecher. Das bedeutet, dass die Beweislage sehr dünn war, ein Freispruch als nahezu sicher galt. Die Staatsanwaltschaft kann nun innerhalb einer Woche Beschwerde gegen den Beschluss einlegen.

Wendelin Wiedeking selbst wollte sich am Freitag zu der Entscheidung des Gerichts nicht äußern – dafür aber sein langjähriger Weggefährte, der Porsche-Betriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Uwe Hück. Gegen ihn läuft ebenfalls ein Verfahren, das aber noch nicht entschieden ist. „Ich habe heute mit Wendelin Wiedeking telefoniert, wir sind erleichtert, aber die Sektkorken knallen erst, wenn die Sache komplett ausgestanden ist.“ Hück hatte wie Wiedeking von Anfang an betont, dass an den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft nichts dran sei. „Wendelin Wiedeking und die anderen sind mit viel Dreck beworfen worden, jetzt werden die Beteiligten wieder reingewaschen“.

Angefangen hatte alles am 20. August des Jahres 2009. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft durchsuchte zusammen mit Polizeibeamten die Räume der Porsche-Verwaltung in Zuffenhausen. Anlass war eine Anzeige der Finanzaufsicht Bafin, die zuvor bei der Staatsanwaltschaft eingegangen war. Der Verdacht: Porsche habe bei der versuchten Übernahme des VW-Konzerns falsche Angaben gemacht und damit den Aktienmarkt manipuliert. So hatte Porsche etwa am 10. März 2008 in einer Pressemitteilung die Absicht dementiert, seinen Anteil an VW-Aktien auf 75 Prozent erhöhen zu wollen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte Porsche zu diesem Zeitpunkt aber längst den Plan gefasst, den viel größeren Konzern beherrschen zu wollen. Als Beleg dafür sollte ein Treffen zwischen Porsche-Vertretern und einem hohen Beamten der niedersächsischen Staatskanzlei am 25. Februar gelten. Dabei sei es bereits um Porsches Absicht gegangen, einen Beherrschungsvertrag abzuschließen. Das Land Niedersachsen war und ist einer der Hauptaktionäre von VW.

Tatsächlich war die gescheiterte Übernahme für viele Anleger ein finanzielles Desaster. Sie hatten mit so genannten Leerverkäufen auf fallende Kurse der VW-Aktie spekuliert. Als Porsche aber am 26. Oktober erklärte, seinen Anteil an VW auf 75 Prozent aufstocken zu wollen, schoss die VW-Aktie auf den historischen Höchstwert von 1005 Euro. Viele Leerverkäufer mussten daraufhin die Aktie teuer kaufen und billig weiterkaufen. Hedgefonds verbuchten Milliardenverluste.

Im Laufe der Zeit wurden einige Vorwürfe fallen gelassen, so etwa derjenige der Untreue. Doch auch für den verbliebenen Vorwurf der Marktmanipulation sah das Landgericht Stuttgart offenbar wenig konkrete Anhaltspunkte. Die 13. Große Wirtschaftsstrafkammer ist damit vermutlich der Linie der 28. Zivilkammer gefolgt. Diese musste sich bereits im Februar mit der milliardenschweren Klage von 23 größtenteils amerikanischen Anlegern gegen die Porsche SE befassen. Das 28. Zivilkammer wies die Klage ab und begründete dies damit, dass die Pressemitteilungen des Unternehmens nicht ursächlich für die Leerverkäufe gewesen sein konnten. Diese hätten nicht den Charakter von börsenrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen. Zudem hätten viele Anleger vor und nach diesem Termin munter weiter spekuliert.