Um die Pläne für ein neues Gesundheitszentrum in der Lahrer Turmstraße ist es sehr ruhig geworden. Dabei hatte die Stadt große Erwartungen an das Projekt geknüpft.
Die Pläne hatten vielversprechend geklungen – denn die Vorteile für die Patienten lagen auf der Hand: Sie hätten ein umfangreiches Gesundheitsangebot an einem Ort nutzen, sich somit Zeit und Wege sparen können. Das in der Turmstraße geplante Zentrum hätte man aus der Innenstadt problemlos zu Fuß erreichen können. Ein zeitgemäßer Gesundheitsstandort für Lahr sollte es werden, eine Antwort auf den demografischen Wandel, durch den die Anzahl der Patienten und Arztbesuche zunehmen wird. Dafür müssen Strukturen auf kommunaler Ebene geschaffen werden.
Alles Überlegungen, die so auch innerhalb der Verwaltung angestellt worden waren, die dem Gemeinderat im Oktober 2021 die Pläne für das Ärztehaus vorstellte. Es war verwaltungsintern losgelöst von den Plänen für den gewünschten Krankenhausneubau bei Lan-genwinkel betrachtet worden – als Erweiterung des innerstädtischen Angebots an Fachärzten.
Der ursprüngliche Investor geriet in die Zahlungsunfähigkeit
Knapp vier Jahre später ist aus dem Ärztehaus ein dahinsiechender Patient geworden, dessen Tod sehr viel wahrscheinlicher als die Gesundung ist. Auf die Frage unserer Redaktion, wie es mittlerweile damit aussieht, hat die Stadtverwaltung in dieser Woche knapp geantwortet, dass es „derzeit keinen keinen neuen Sachstand“ gebe. Ob das Projekt noch realisiert werden kann, sei offen. Wer zwischen den (wenigen) Zeilen der städtischen Mitteilung lesen kann, ahnt, dass auch verwaltungsintern der Glaube an die Realisierung des Ärztehauses stark abgenommen hat.
Was ist schiefgelaufen? Der erste große Rückschlag kam Ende 2023, als die IWG-Gruppe Insolvenz anmeldete. Die Unternehmensgruppe aus Gießen war als Projektentwickler für das in Lahr geplante Ärztehaus aufgetreten. Doch im Herbst 2023 geriet die Holding laut Medienberichten in eine kritische wirtschaftliche Situation, verursacht durch die Krise der Immobilienwirtschaft.
Demnach hatten Zinserhöhungen, Bauverzögerungen, gestiegene Bau- und Energiekosten sowie eine eingebrochene Nachfrage bei institutionellen Anlegern infolge des Krieges in der Ukraine das Projektentwicklungsgeschäft der Gruppe stark beeinträchtigt. Es drohte die Zahlungsunfähigkeit. Womit die IWG-Gruppe als Investor für das Lahrer Ärztehaus aus dem Rennen war.
Trotzdem war man bei der Stadt noch vor gut einem Jahr optimistisch, die Pläne umsetzen zu können. Denn im Sommer 2024 hatte man einen neuen Interessenten an der Hand, mit dem auch bereits Gespräche geführt worden waren – so die damalige Auskunft der Verwaltung auf eine Nachfrage unserer Redaktion. Doch die Verhandlungen brachten kein Ergebnis, der Investor zog sich zurück. Und ein neuer ist offenbar nicht in Sicht: Seit dem vergangenen Jahr habe man keine weiteren Gespräche mit einem möglichen Nachfolgeunternehmen geführt, hat die Stadt jetzt mitgeteilt.
Über die Gründe für die ausbleibende Investorennachfrage nach dem Lahrer Ärztehaus kann man nur spekulieren. Vermutlich haben sie mit der allgemeinen Teuerung am Bau zu tun. Darüber hinaus sehen sich Investoren in der Gesundheitsbranche zunehmend mit Schwierigkeiten konfrontiert, da der Sektor unter Finanzierungsproblemen und steigendem Kostendruck leidet.
Mehrere Ärzte sollen an einer Praxiseröffnung dort interessiert gewesen sein
Am Interesse von Fachärzten, in den geplanten Gesundheitsstandort umzuziehen, soll es nach Informationen unserer Redaktion dagegen nicht gefehlt haben. Verständlich, niedergelassenen Ärzten fällt es immer schwerer, die für den medizinischen Fortschritt und gewachsenen Patientenanforderungen nötigen Investitionen allein zu stemmen. Im Ärztehaus hätten sie von Synergieeffekten wie einem zentralen Empfang oder gemeinsamen Patientenparkplätzen profitieren können. Und ihren Patienten außerdem moderne Räumlichkeiten bieten können.
Fünf bis neun Arztpraxen – je nach Größe – hatten in dem Gesundheitszentrum entstehen sollen, so der ursprüngliche Entwurf, der im Oktober 2021 im Gemeinderat vorgestellt worden war. Nach kritischen Rückfragen aus dem Gremium war er später von den Planern nachgebessert worden. Dabei war es um die Modifizierung der ursprünglich vorgesehenen Zufahrt und der großen Eingangstreppe des geplanten Ärztehauses gegangen, aber etwa auch um Ausgleichsmaßnahmen für die Bäume, die dem Neubau weichen sollten.
Aktuell sieht es danach aus, dass die ganze planerische Arbeit vergebens gewesen ist.
Was wird aus dem Grundstück?
Der mittlerweile nicht mehr realistische Bau eines Ärztehauses an der Ecke Turmstraße/Zollamtstraße berührt Fragen der Gesundheitsvorsorge in Lahr. Es geht aber auch einfach darum, eine Lösung für das recht schmucklose Areal hinter dem Polizeirevier zu finden, das der Stadt gehört. Bevor die Idee mit dem Ärztehaus aufkam, hatte es für das Grundstück andere Überlegungen gegeben – ein älterer Entwurf hatte den Bau einer Parkpalette mit 66 Stellplätzen auf zwei Ebenen vorgesehen.
Dann kam die Überlegung einer höherwertigeren Nutzung auf, nämlich eben der Bau des Ärztehauses. Jetzt steht man verwaltungsintern offenbar wieder vor der Frage, wie es mit dem Areal weitergehen soll, auf dem sich zurzeit 17 öffentliche Stellplätze befinden. „Grundsätzliche Überlegungen zur Nutzung der Fläche werden weiterhin geprüft“, heißt es aus dem Rathaus.