Zu wenige Busse in Horb? Eltern beschweren sich, dass ihre Kinder so nicht selbstständig werden können. Foto: Ortmann

Dass auf dem Land wenig Busse verkehren, ist kein Klischee, sondern vielerorts Realität: Auch Anwohner in Horber Teilorten haben damit zu kämpfen. Für Eltern besonders ärgerlich, wenn ihre Kinder nicht selbst von A nach B kommen. Hat Horb ein ÖPNV-Problem?

Horb - Jenny N. ist sauer. Eines schönen Samstagnachmittags wollten ihre Kinder mit dem Bus zu einem Stadtbummel nach Horb aufbrechen. Doch den ganzen Samstagnachmittag wurde ihre Bushaltestelle in Rexingen nicht angefahren. Was ist da los? Wütend wandte sie sich an die Facebook-Community und unsere Redaktion. "Ein Hoch auf Selbstständigkeit, grummeln hier die Kids, die jetzt doch wieder mit unserem Auto zu ihrem Ausflug gefahren werden müssen", schreibt sie dort, und weiter: "es braucht sich echt keiner mehr wundern, wenn die Jugend aus der Gegend verschwindet."

Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt sie: "Es hat mich einfach so geärgert. Wir sollen alle unsere Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, aber das geht hier auf dem Land einfach nicht. Die Busverbindungen sind zu schlecht. Egal wo man hinguckt, für Familien ist das ein Problem", echauffiert sich die Mutter.

Mit Blick in die Kommentare unter ihrem Post, wird klar, was sie meint. "Da hat sich in 25 Jahren, seit wir in Horb wohnen, nichts getan", schreibt ein Kommentar. Eine andere Facebook-Benutzerin stimmt zu: "Wir versuchen seit Jahren eine Busverbindung auf den Buchhof zu bekommen [...] Jeden Tag müssen mehrere Kids von ihren Eltern bis Nordstetten gefahren werden für Schule oder Kindi, oder um dann von dort mit dem Bus weiter zu fahren."

Ein Bus alle zwei Stunden... oder drei, vier...

Die Taktung der Busse von den Horber Teilorten lässt laut Jenny N. zu wünschen übrig. Beispiel Rexingen, Haltestelle Augstbaum zum Bahnhof in Horb. An Schultagen hat man um 6.08 Uhr, um 7.01 Uhr, um 9.08, dann erst wieder um 13.58 Uhr die Chance, direkt zum Bahnhof zu kommen – der letzte Bus verkehrt um 16.33 Uhr. An Samstagen fährt der Bus alle zwei Stunden, an schulfreien Tagen unter der Woche das gleiche Spiel, hier verkehren direkt nach Horb nur vier Busse am Tag – um 7.05 Uhr, 11.49 Uhr, um 13 Uhr und um 16.23 Uhr.

Stadt erteilt mehr Bussen eine Absage

"Aus Sicht der großen Kreisstadt Horb wünschen wir uns selbstverständlich pünktlichere Busse, wir können auch den Ärger verstehen, wenn ein geplanter Bus ausbleibt und dass sich Eltern ein breiteres ÖPNV-Angebot in Form von Linienbussen wünschen", schreibt Pressesprecherin Inge Weber. Sowohl Weber, als auch Sabine Eisele vom Landratsamt Freudenstadt positionieren sich im Zuge unserer Anfrage jedoch eindeutig und erteilen mehr Bussen in Horb eine klare Absage: Das sei wirtschaftlicht nicht machbar, lautet der generelle Konsens.

Was aber machbar ist: Das ÖPNV-Taxi. Und auf das setzen sowohl Stadt, als auch Landkreis und Tarifverbund. Per App kann man es rufen, es soll immer dann fahren, wenn sonst fahrplanmäßig kein Bus kommt. Für Personen über 18 kostet das Taxi zwei Euro Zuschlag, für Minderjährige einen Euro.

Ein Pilotprojekt als Bus-Alternative? Jenny N. ist skeptisch, zumal beim ÖPNV-Taxi mit der App noch nicht alles glatt läuft, wie ein Reporter des Schwarzwälder Boten feststellen musste. "Früher hat man den Kindern immer beigebracht, zu keinem Fremden ins Auto zu steigen", erklärt sie sich. "Sind elfjährige Kinder wirklich schon so geschäftsfähig, dass sie sich einfach ein Taxi bestellen können? Außerdem haben die Kinder alle ein bezahltes Monatsticket in der Tasche und ein Bus hätte ja kommen sollen." Zudem kritisiert Jenny N.: Nirgends kann man die App finden. "Warum an den Bushaltestellen nicht einfach ein QR-Code zur App angebracht wird, ist mir schleierhaft", fragt sie sich.

Landratsamt: "ÖPNV-Taxi ist sicher"

Aus Sicht des Landratsamtes ist die Kritik ungerechtfertigt. "Das ÖPNV-Taxi ist eine hervorragende Alternative. Viele Eltern nutzen das bereits. Taxi-Fahrer sind auch keine ›Fremden‹, alle Fahrzeuge sind genehmigt, gekennzeichnet und jede Fahrt kann über das Backendsystem inklusive Fahrer nachvollzogen werden."

Das sieht Franz Schweizer, Geschäftsführer des vgf-Tarifverbund Freudenstadt, ähnlich. "Die Sorge der Eltern kann hier vollkommen genommen werden", äußert er sich. Dass die Busse in Horb nur so spärlich fahren, sei übrigens eine Sache der Nachfrage, wie er erklärt: "Wir als Tarifverbund handeln eigenwirtschaftlich. Wir setzen nur dann Busse ein, wenn mit diesen auch jemand fährt." Sollte sich allerdings herausstellen, dass auf einer Strecke das ÖPNV-Taxi verstärkt genutzt werde, ist es dann eine Überlegung wert, mehr Busse einzusetzen. Auch an der Werbung für die App, insbesondere für Schüler, soll gefeilt werden. Eventuell werde das Konzept auf den kompletten Landkreis ausgeweitet werden, dann soll es auch QR-Codes an Bushaltestellen geben, wobei Schweizer sowieso empfiehlt, das Taxi von zu Hause aus zu rufen und im Warmen zu warten, anstatt einer Bushaltestelle.

Kein Bus? War wohl ein Versehen

Für Jenny N. erstmal ein schwacher Trost: "Wir haben uns echt in diese Landschaft verliebt – aber Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, dass sie mal aus dem eigenen Dorf rausgehen und flügge werden, ist hier schier unmöglich...", resigniert sie.

Dass an jenem Samstag von Rexingen nach Horb gar kein Bus gefahren ist, dürfe übrigens laut Schweizer nicht passieren: Er könne es sich aber durchaus vorstellen, dass das durch einige Bauarbeiten in Rexingen passiert sei.