Anders als zum Beispiel in Bayern, will Baden-Württemberg nicht beim Betreuungsgeld einspringen, sondern das Geld für den Kita-Ausbau verwenden. Foto: dpa-Zentralbild

Nach dem Aus für das Betreuungsgeld bekommen Eltern, die ihre Kleinkinder in Baden-Württemberg zuhause betreuen, vom Land kein Geld. Die grün-rote Landesregierung will die Leistung für den Kita-Ausbau verwenden.

Stuttgart - Eltern im Südwesten können nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts künftig nicht mehr mit Betreuungsgeld rechnen. Anders als Bayern wolle das Land nicht für den Bund einspringen und Mütter oder Väter, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen, 150 Euro im Monat zahlen, teilte das Sozialministerium am Dienstag in Stuttgart mit.

Ressortchefin Katrin Altpeter (SPD) verlangt allerdings Bestandsgarantie für die Familien, die die Leistung des Bundes beziehen oder einen rechtskräftigen Bescheid dafür erhalten haben. Betroffen sind rund 108.000 Familien im Land.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) kündigte bereits an, „nach einer Lösung suchen, damit Familien, die das Betreuungsgeld bereits beziehen, es bis zum Ende bekommen“.

Südwest-CDU: Erfolgsgeschichte Betreuungsgeld

Das Betreuungsgeld müsse umgewidmet und künftig in den Ausbau von Krippen und Kindertagesstätten gesteckt werden, betonte Altpeter. Bisher seien allein an Familien in Baden-Württemberg nahezu 178 Millionen Euro Betreuungsgeld ausbezahlt worden. Aus Sicht der Sozialdemokratin hat die Leistung familien- und bildungspolitisch sowie frauenpolitisch falsche Ziele verfolgt.

Die CDU-Fraktion hingegen sprach von einer „Erfolgsgeschichte“ des Betreuungsgeldes in Baden-Württemberg. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf forderte: „Diese Familien dürfen wir auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht im Regen stehen lassen.“ Sie dürften nicht zu den Verlierern eines formalen Zuständigkeitsstreites werden. Aus Sicht des Bezirksvorsitzenden der CDU Württemberg-Hohenzollern, Thomas Bareiß, ist das Urteil unverständlich. „Es muss möglich sein, dass sich Eltern in den ersten drei Jahren auch für die Erziehung zuhause entscheiden können.“ Außerfamiliäre Betreuung dürfe nicht vor eigener Betreuung stehen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag das umstrittene, auf Betreiben der CSU eingeführte Betreuungsgeld gekippt. Nicht der Bund, sondern die Länder seien für die Leistung zuständig. Seit dem 1. August 2013 konnte für Kinder, die vom 1. August 2012 an geboren wurden, vom 15. Lebensmonat bis zum dritten Geburtstag monatlich 150 Euro bezogen werden.

Viele Eltern im Südwesten beanspruchen Mittel

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht das Urteil positiv. Die Karlsruher Richter hätten den Ländern ihre Kompetenz gesichert. „Das dient dem Föderalismus und damit einer guten Ordnung der politischen Dinge in Deutschland.“ Aus Sicht von Kretschmann hat die institutionelle Förderung von Bildung und Betreuung Vorrang. Sie müssten erschwinglich sein und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten. Das Betreuungsgeld habe unter Mitnahmeeffekten gelitten.

Sein Herausforderer Wolf sagte, Baden-Württemberg brauche in Zukunft eine passende familienpolitische Förderung - entweder mit den freiwerdenden Mitteln des Bundes oder durch ein Familienförderprogramm des Landes.

SPD-Landeschef Nils Schmid bezeichnete das Urteil als „schwere Klatsche“ für die Union. „Die Herdprämie war schon immer ein familienpolitischer Irrweg, nun ist sie auch für verfassungswidrig erklärt worden.“

Die Grünen-Landesvorsitzende Thekla Walker appellierte an die Bundesregierung, ihre familienpolitischen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen. Deutschland gebe mit jährlich rund 200 Milliarden Euro mehr Geld als andere Länder für die Familien aus. „Doch das Geld versickert in einem Dickicht aus etwa 160 verschiedenen Leistungen, deren Nutzen unterdurchschnittlich ist.“

Dass die Inanspruchnahme der Mittel im Südwesten hoch ist, zeigt das vierte Quartal 2014: Das Land rangierte mit 76.721 Fällen im Bundesvergleich an dritter Stelle nach Bayern mit 85.683 und Nordrhein-Westfalen mit 85.326 Fällen.