Alkoholverbot ist vom Tisch: Ministerpräsident Winfried Kretsch­mann (Grüne) gab bekannt, dass die nächsten zwei Jahre zunächst einmal andere Maßnahmen erprobt werden sollen, um öffentliche Trinkgelage von jungen Menschen in größeren Städten einzudämmen. Foto: dpa

Streit um Alkoholverbot: CDU-Landeschef Strobl wirft Ministerpräsident Kretschmann vor, die „Menschen im Land an der Nase herumzuführen“.  

Stuttgart - Der Unmut über die Entscheidung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dass es im Land kein Alkoholverbot an neuralgischen Plätzen in Innenstädten geben wird, zieht Kreise. Nach Städte- und Gemeindetag hat der baden-württembergische CDU-Vorsitzende Thomas Strobl nun deutliche, zugleich grundsätzliche Kritik an der Linie von Grün-Rot geübt. „Das Alkoholverbot ist ein Musterbeispiel für die Methode Kretschmann. Er macht einen Wirbel, versucht den Menschen Sand in die Augen zu streuen – und dann wird das Thema kleinlaut zu den Akten gelegt“, sagte Strobl den Stuttgarter Nachrichten.

Kretschmann hatte Anfang des Jahres die Arbeitsgruppe „Lebenswerter öffentlicher Raum“ eingesetzt, die Ideen sammeln sollte, wie das Problem Alkoholkonsum und Gewaltdelikte in den Innenstädten zu lösen sei – und dass, so Strobl, „obwohl er wusste, dass er an seiner Partei und an seinem Koalitionspartner scheitern wird“. Jetzt aber behaupte der Ministerpräsident, es gebe wichtigere Themen und er wolle nicht mit dem Kopf durch die Wand. „Die Frage ist: Warum hat er überhaupt Anlauf genommen? Sein einziges Ziel war, den Anschein von Geschäftigkeit zu vermitteln – wohl wissend, dass er in der Sache nichts erreichen kann. Mit anderen Worten: Er versucht, die Menschen im Land an der Nase herumzuführen“, sagte Strobl den StN.

Polizei ebenso verärgert

Aus Sicht des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden wiederholt sich das Muster: Als Bundesratspräsident habe Kretschmann entgegen eigener Ankündigungen den Föderalismus nicht revolutioniert. „Er hat ein kleines Tamtam veranstaltet, den Steuererhöhungskurs seiner Partei im Bundestagswahlkampf aber in der Sache um kein Jota beeinflusst.“ Auch den Ausbau der Ganztagsschulen habe sich Grün-Rot „mit großer Geste“ auf die Fahnen geschrieben – und korrigiere die Ziele „still und heimlich so nach unten, dass sie sich praktisch alleine erfüllen“.

Der Landesverband der Gewerkschaft der Polizei ist ebenso „verärgert“, dass es das Alkoholverbot nicht geben werde, so Landeschef Rüdiger Seidenspinner. „Man lässt die Anwohner von Plätzen und Straßen alleine, die unter dem Alkoholkonsum und dessen Folgen zu leiden haben.“

Die Grünen verteidigten am Donnerstag hingegen ihre Absage an ein Verbot. Man habe sich in der Arbeitsgruppe auf ein Maßnahmenpaket wie längere Sperrzeiten und mehr Jugendschutz verständigt „und sich eben nicht auf das Thema Alkoholkonsumverbot reduziert“, sagte der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl. Ein Verbot sei „das letzte Mittel, wenn das Paket nicht funktioniert“.