Vielen bleibt weiterhin nur der Blick über die Grenze – wie hier bei einer Protestaktion in Kehl am Samstag. Die Grenzregelung bleiben bis zum 15. Juni in Kraft, nur die Kontrollen werden nicht mehr systematisch erfolgen. Foto: Armbruster

Corona: Weniger Kontrollen, keine Reisefreiheit / IHK begrüßt Neuregelung / Große Enttäuschung bei manchen

Ortenau - Erst am Samstag haben hunderte Menschen am Rhein für die Grenz-Öffnung zu Frankreich demonstriert – nun folgt die Enttäuschung: kein freier Reiseverkehr vor dem 15. Juni. Kontrollen sollen aber nur noch stichprobenartig stattfinden.

Nur noch stichprobenartige Kontrollen ab Samstag 

Die Änderungen gehen aus der Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer hervor: Ab Samstag soll es keine "systematischen Grenzkontrollen" mehr zwischen Deutschland und Frankreich geben. Lediglich stichprobenartig soll weiterhin kontrolliert werden. Vor allem bei der Wirtschaft sorgt das für Erleichterung, vielen Privatpersonen ist damit jedoch noch nicht geholfen.

IHK-Präsident begrüßt Abbau der Kontrollen: Laut der Schengen-Vereinbarung seien Grenzkontrollen das letzte Mittel der Länder, um Gefahren zu begegnen, erläutert Steffen Auer im Gespräch mit unserer Zeitung. Schon länger sei der Virus jedoch auf beiden Seiten des Rheins angekommen. "Wir sehen hier die Verhältnismäßigkeit nicht mehr", so Auer. Daher begrüßt der Präsident der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein die Bekanntgabe des Bundesinnenministers.

Rund 46 000 Berufstätige pendelten jeden Tag von Frankreich nach Deutschland, in die Gegenrichtung seien es noch einmal 2000. "Die sind im Moment noch stark durch die Grenzschließung und -Kontrollen behindert", erklärt der Lahrer Unternehmer. Auch für den Warenverkehr seien die Kontrollen kritisch gewesen. Diese führten schlichtweg zu einer "Bremswirkung in der Region." Nun gehe es darum zu zeigen, dass die Europäische Union als Ganzes funktioniert, sagt Auer.

"Dass wir Leute zum Arbeiten herholten aber diese hier nicht einkaufen durften, kam schlecht an." Zwar hat sich dies seit Montag geändert, jedoch "müssen wir schauen, wie wir das wieder geraderücken". Für die IHK sei die Grenzregion ohnehin ein einziger Wirtschaftsraum.

Abgeordneter Peter Weiß setzt sich für Öffnung ein: "Die heutige Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer, dass ab Samstag keine systematischen Grenzkontrollen mehr zwischen Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz stattfinden, ist ein bedeutender Schritt zu Normalisierung der grenzüberschreitenden Verkehre", erklärt CDU-Bundestagsabgeordneter Peter Weiß.

Zusammen mit dem Abgeordneten in der französischen Nationalversammlung für das Département Bas-Rhin, Antoine Herth, hatte sich Weiß mit einem Schreiben beim Bundesinnenminister für die Öffnung der Grenzübergänge eingesetzt. Beide Abgeordneten freuen sich über den Erfolg der Initiative, so eine Erklärung.

Landrat wünscht sich schnellere Lösung: "Grenzüberschreitende Freizügigkeit ist ein Kernelement des Zusammenlebens in unserer Region, das durch die anhaltenden Grenzkontrollen stark beschnitten wird", erklärt Landrat Frank Scherer – ebenfalls Vize-Präsident des Eurodistrikts Straßburg-Ortenau. Die Maßnahmen seien anfangs durchaus gerechtfertigt gewesen, seien nun jedoch im Hinblick auf das Infektionsgeschehen nicht mehr verhältnismäßig, "weshalb ich mir eine deutlich schnellere Öffnung erhofft hatte". Positiv sei, dass nun alle Grenzübergänge genutzt werden können, sodass Pendler zumindest keine stundenlangen Umwege mehr in Kauf nehmen müssten, betont Scherer.

Demo-Organisator fordert Rücknahme aller Kontrollen: "Jede Einschränkung vom ursprünglichen Punkt aus bedarf immer wieder einer neuen Begründung", erklärt Peter Cleiß im Gespräch unserer Zeitung. Diese Begründung bleibe der Bundesinnenminister jedoch weiterhin schuldig. "So wie der Innenminister spricht und argumentiert, müssen die Bürger fast dankbar sein, wenn die Regelungen etwas weniger streng sind. Unsere Forderung bleibt völlig klar: Überhaupt keine Grenzkontrollen"

Die ganzen Maßnahmen brächten als Kollateralschaden, dass die gleichwertige Beurteilung der nicht-verheirateten plötzlich wieder aufgegeben wird. "Wer kein offizielles Dokument vorweisen kann, der kommt nach wie vor nicht rüber", sagt der ehemalige Leiter der beruflichen Schulen Kehl.