Die Kirchengemeinden des katholischen Dekanats wählen in wenigen Monaten ihre neuen Räte. Dekanatsreferent Achim Wicker und Dekan Pater Augusty erzählen, welche Gestaltungsmöglichkeiten Personen in diesem Amt haben.
26 Kirchengemeinden sind unter dem Dach des katholischen Dekanats Balingen organisiert und wählen am 30. März kommenden Jahres ihre neuen Kirchengemeinderäte. Hinzu kommen noch drei muttersprachliche Gemeinden. Dekanatsreferent Achim Wicker und Dekan Pater Augusty berichten über die Herausforderungen und Chancen, die auf die neuen Kirchengemeinderäte zukommen.
35 000 Katholiken können in wenigen Monaten ihre Kirchengemeindevertreter wählen. Aktuell sucht das Dekanat noch nach Kandidaten, die sich aufstellen lassen. Voraussetzungen hierfür: Man muss Mitglied der jeweiligen Kirchengemeinde sein oder sich dieser hingezogen fühlen und mindestens 18 Jahre alt sein. Bis zum 19. Januar 2025 haben Interessierte Zeit, sich aufstellen zu lassen.
Rottenburger Modell bietet mehr Verantwortung
„Noch nie gab es so eine große Möglichkeit, das Geschehen in den Gemeinden mitzugestalten. Neben vielen Herausforderungen bietet sich hier auch eine große Chance“, berichtet Wicker im Gespräch mit unserer Redaktion.
Das liegt unter anderem am sogenannten Rottenburger Modell. Dort heißt es: „Der Pfarrer leitet gemeinsam mit dem Kirchengemeinderat die Gemeinde und der Rat leitet umgekehrt mit dem Pfarrer die Gemeinde.“
„Dieses bislang noch beinahe einzigartige Modell wird künftig von immer mehreren Gemeinden übernommen und überträgt den gewählten Vertretern mehr Verantwortung“, erklärt Wicker.
Zwei Herausforderungen im Fokus
Räte und Pfarrer werden bei diesem Modell gleichgestellt und geben dem Pfarrer lediglich ein Veto-Recht in die Hand, wenn Entscheidungen Schäden für die Kirchengemeinde nach sich ziehen würden. „Von diesem Recht habe ich in 21 Jahren bislang aber nie Gebrauch machen müssen“, sagt Pater Augusty.
Und über was können die gewählten Vertreter letztlich entscheiden? „Der Kirchengemeinderat macht das Kirchenleben erst lebendig“, beschreibt Augusty. Der Rat bestimmt über das Angebot, das den Katholiken in ihrer Gemeinde gemacht wird, er entscheidet über Bauangelegenheiten wie Kirchensanierungen, er regelt die Haushaltsplanungen und organisiert Gemeindefeste.
In den kommenden fünf Jahren stehen besonders zwei Herausforderungen im Vordergrund. Unter dem Motto „Räume für eine Kirche der Zukunft“ sollen bis zum Jahr 2040 rund 30 Prozent der Gebäude in Kirchenbesitz abgestoßen werden – ausgenommen davon sind die Kirchen selbst.
St. Josef in Albstadt-Ebingen stößt das Marienheim ab
„Unsere Aufgabe ist es zu schauen, welche Kirche wir sein wollen und welche Räume wir dafür brauchen“, sagt Wicker. Die Kirchengemeinden müssen demnach auf ihren Geldbeutel achten. Viele Menschen, die in Rente gehen gepaart mit den steigenden Kirchenaustritten bedeuten weniger Einnahmen durch die Kirchensteuer.
So stößt die Gemeinde St. Josef in Albstadt-Ebingen beispielsweise das viel zu große Marienheim ab und plant ein neues besser auf die Gemeindegröße zugeschnittenes Gemeindehaus.
Eine weitere wichtige Aufgabe wird die Koordination der vielen Aufgaben – besonders die größer werdenden Seelsorgeeinheiten – mit weniger Personal zu organisieren und zu stemmen. „Wir werden hier klar priorisieren müssen, was weiterhin möglich ist und wo wir Abstriche machen können“, erklärt Wicker, der trotz der gewaltigen Herausforderungen auf eine hohe Beteiligung und viele Kandidaten hofft.
Für fünf Jahre werden die Kirchengemeinderäte gewählt und leiten in dieser Zeit die Geschicke zusammen mit den Pfarrern. Für Wicker eine wichtige Aufgabe: „Kirche wird sein, was die Menschen daraus machen.“