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Statt der erwarteten Kosten von 857,3 Millionen Euro heißt die Zwischensumme jetzt 912,9 Millionen Euro.

Stuttgart - In den vergangenen vier Wochen ist hinter den Kulissen des Rathauses eifrig gerechnet worden. Ende Juni war beschlossen worden, dass für die Umstrukturierung am Katharinenhospital das erst gut 20 Jahre alte Eingangsgebäude Katharinenhof an der Kriegsbergstraße abgerissen wird und dort zwei zentrale Neubauten entstehen. Dadurch hatte sich damals zwar bereits eine Kostensteigerung von fast 40 Millionen Euro abgezeichnet, doch ansonsten wurde Entwarnung signalisiert. Bei der Kostenprüfung sei „mit großen Überraschungen nicht zu rechnen“, sagte der zuständige Bürgermeister Werner Wölfle damals vor dem Krankenhausausschuss.

Die am Freitag im Ausschuss vorgelegten Zahlen sehen anders aus. Statt der erwarteten Kosten von 857,3 Millionen Euro heißt die Zwischensumme jetzt 912,9 Millionen Euro. Darin enthalten sind voraussichtliche Baupreissteigerungen für die zentralen Neubauten in Höhe von 29 Millionen sowie 17,5 Millionen für Ausstattung und Inbetriebnahmekosten. Weitere Mehrkosten verursachen ein Laborumbau im Neubau für das Olgahospital und die Frauenklinik, verschiedene Stationssanierungen und ein Umbau am Standort Türlenstraße für das Behandlungszentrum Mitte. Mögliche Zusatzkosten für die Ertüchtigung des Hubschrau-berlandeplatzes auf dem Katharinen-hospital sind darin noch nicht enthalten.

Im Krankenhausausschuss wurde das Zahlenwerk mit den Kostensteigerungen ohne große Diskussion oder gar Kontroverse zur Kenntnis genommen. Im Gegenteil: Sprecherinnen der Fraktionen von Grünen, CDU und SPD lobten die Verwaltung ausdrücklich für die klare und kompakte Zusammenstellung der Zahlen.

Beim Durchrechnen der zu erwartenden Kosten für die Umstrukturierung und Modernisierung des städtischen Klinikums an den Standorten Bad Cannstatt und Katharinenhospital, die bis 2022 abgeschlossen sein sollen, sind die Experten sogar auf eine Gesamtsumme von 941,5 Millionen Euro gekommen. Diese würde fällig, wenn für die Errichtung der zentralen Neubauten und einer neuen Strahlentherapie die Gewerke einzeln ausgeschrieben würden. Durch die Vergabe an einen Generalübernehmer ließen sich dagegen 28,6 Millionen Euro einsparen.

Nach einer langen Diskussion hat der Krankenhausausschuss am Freitag die Vergabe an einen Generalübernehmer mehrheitlich und prinzipiell begrüßt, die Entscheidung aber an den Gemeinderat weiterverwiesen.

Das Bauprojekt am Katharinenhospital, das etwa 323 Millionen Euro kosten soll, wird in den kommenden zehn Jahren während des laufenden Krankenhausbetriebs abgewickelt. Um die komplizierte Projektorganisation, die Qualitätssicherung und die Vergabeverfahren zu optimieren, will der Krankenhausausschuss einem Organisationsvorschlag der Unternehmensberatung Ernst & Young folgen und eigene Kompetenzen abgeben.

Herr des Verfahrens soll demnach kein Unterausschuss des Krankenhausausschusses, sondern ein noch einzurichtender Lenkungskreis sein. Ihm gehören neben dem Krankenhausbürgermeister als Vorsitzendem auch der Technikbürgermeister sowie der Geschäftsführer und Projektleiter des Klinikums an. Vertreter der Gemeinderatsfraktionen und des Personalrats sind als Gäste dabei und können bei Bedarf strittige Punkte dem Krankenhausausschuss vorlegen lassen.

„Der Lenkungskreis ist ein kluges Instrument“, lobte Stadträtin Silvia Fischer von den Grünen den Vorschlag der Unternehmensberatung. Ähnlich sieht es auch Alexander Kotz von der CDU: „Es geht um Bauen, nicht um Politik. Von daher ist der Lenkungskreis gut.“ Auch Krankenhaus-bürgermeister Wölfle lobt dieses Gremium als „schlanke und schnelle Struktur“.

Auf breite Zustimmung stieß ein Antrag der CDU, die dem noch zu findenden Generalübernehmer nahelegt, in einem transparenten Verfahren auch örtliche und regionale Anbieter mit ins Boot zu holen. Außerdem soll mit dem Generalübernehmer verbindlich vereinbart werden, dass alle am Bauvorhaben Beschäftigten nach Tariflöhnen oder zumindest nach Mindestlöhnen bezahlt werden. Eine Weitergabe von Aufträgen an Sub-Sub-Sub-Sub-Unternehmer müsse ausgeschlossen werden.

Bürgermeister Wölfe hat diesen CDU-Antrag übrigens sofort an die Landesregierung als Argumentationshilfe bei der Diskussion eines Tariftreuegesetzes weitergeleitet. „Mal sehen, was die Opposition im Landtag dazu meint“, sagte Wölfle.