Wie geht es für Karstadt weiter? Foto: dpa

Der neue Karstadt-Aufsichtsrat befasste sich erstmals mit der Zukunft des Konzerns. Die Kontrolleure berieten stundenlang hinter verschlossenen Türen. Dutzende Filialen und Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Der neue Karstadt-Aufsichtsrat befasste sich erstmals mit der Zukunft des Konzerns. Die Kontrolleure berieten stundenlang hinter verschlossenen Türen. Dutzende Filialen und Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Essen - Karstadt sucht einen Ausweg aus der Dauerkrise: Stundenlang haben sich die Aufsichtsräte der angeschlagenen Kaufhauskette über die Sanierung den Kopf zerbrochen. Das Kontrollgremium trat am Donnerstag erstmals nach der Übernahme der Kette durch den österreichischen Immobilieninvestor René Benko zusammen. 17 000 Mitarbeiter fürchten drastische Einschnitte und bangen um ihre Jobs.

Ein Ende der Sitzung war auch am späten Nachmittag nicht absehbar, weder endgültige Entscheidungen über die Schließung eines Teils der 83 Warenhäuser noch andere Ergebnisse drangen zunächst an die Öffentlichkeit. Nach jahrelanger Krise wurden von dem Treffen hinter verschlossenen Türen wichtige Weichenstellungen erwartet.

Der frühere Chef des ehemaligen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, übte unterdessen Kritik an dem neuen Eigentümer. Auch von René Benko sei kein wirklicher Aufschwung zu erwarten. „Er ist ein Immobilieninvestor, und er behandelt das Unternehmen so: Er interessiert sich vor allem für die Grundstücke“, sagte Middelhoff am Rande seines Untreue-Prozesses vor dem Essener Landgericht.

Karstadt wird wohl Standorte schließen

Bereits der frühere Eigentümer Nicolas Berggruen, der Karstadt nach der Insolvenz 2010 erworben hatte, habe durch seine viel zu geringen Investitionen die großen Chancen für einen Neustart verspielt, kritisierte Middelhoff. Karstadt werde jetzt Standorte schließen, später rechne er mit der lange diskutierten Fusion mit Kaufhof, sagte Middelhoff. Möglicherweise müssten in der zusammengelegten Groß-Warenhauskette danach noch mal weitere Filialen geschlossen werden. „Dann entsteht ein lebensfähiges Unternehmen.“

Der neue Karstadt-Eigentümer Benko hatte sich nach Informationen des „Handelsblatts“ (Donnerstag) nicht zu dem Treffen des Aufsichtsrats am Donnerstag angekündigt, ist aber durch mehrere Vertrauten im Gremium vertreten. Bereits im Oktober sei eine weitere Sitzung geplant, bei der es dann Gewissheit geben werde, hieß es. Medienberichten zufolge sollen bis zu 30 Filialen geschlossen werden und davon 3000 bis 4000 Mitarbeiter betroffen sein.

Neben Entscheidungen über das Schicksal der Karstadt-Filialen werde es dann vermutlich auch um die neue Karstadt-Führungsmannschaft gehen, so die Zeitung. Nur wenige Tage nach dem erneuten Eigentümerwechsel war Karstadt-Interims-Chef Kai-Uwe Weitz im vergangenen Monat ausgeschieden.

Rückt Stephan Fanderl an die Unternehmensspitze?

Nach dem überraschenden Rückzug von Karstadt-Chefin Eva Lotta Sjöstedt hatte der Arbeitsdirektor zusammen mit Finanzvorstand Miguel Müllenbach das Unternehmen geleitet. Nun werde über einen Wechsel von Aufsichtsratschef Stephan Fanderl an die Unternehmensspitze spekuliert, berichtete die Zeitung. Die Gewerkschaften haben bereits Widerstand gegen harte Einschnitte angekündigt. Aufsichtsratsmitglied Stefanie Nutzenberg, die bei Verdi für den Bereich Handel zuständig ist, beklagte wiederholt „Ungewissheit, Verunsicherung und Ängste“ bei den Beschäftigten.

Unterdessen setzt Investor Benko auf Luxus. Die ehemalige Karstadt Premium GmbH, zu der das KaDeWe in Berlin, das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören, tritt laut „Handelsblatt“ ab sofort als „The KaDeWe Group“ auf. „Wir vereinheitlichen die Erscheinungsbilder der einzelnen Häuser, von den Schaufenstern über die Ladengestaltung bis hin zum Sortiment“, sagte der Geschäftsführer der Luxus-Warenhäuser-Gruppe, André Maeder, der Zeitung. Er denke über die Eröffnung weiterer exklusiver Vorzeigehäuser nach. Unter dem Dach der KaDeWe Group seien weitere Eröffnungen, etwa in Frankfurt am Main, Wien oder Prag, vorstellbar.