Der Weg nach oben kann in mittelständischen Betrieben des Maschinenbaus kurz sein. Gute Leute haben dort gute Chancen. Foto: Okapia

Im Maschinenbau sind die Möglichkeiten, Karriere zu machen, gut. Vor allem mittelständische Unternehmen müssen gute Leute finden.

Stuttgart - Es hat fast Tradition. Zum Start eines jeden Ausbildungsjahres lamentieren Verbände und Unternehmen, wie schlecht vorbereitet Jugendliche ins Arbeitsleben stolpern. Besonders schnell fällt dieses Urteil über Teenager, deren Eltern aus der Türkei, Italien oder Griechenland stammen. Dass es andere Beispiele gibt, wird gerne vergessen. Dass Jammern wenig hilft, wenn es um die Qualifizierung des Nachwuchses geht, hat Stephan Schneider verstanden.

Der Chef von 120 Mitarbeitern sah bereits vor Jahren, dass die Umformtechnik Radebeul aus Sachsen engagiert ausbilden muss. Schneider, der das mittelständische Unternehmen vor sieben Jahren kaufte, beschäftigt inzwischen dreimal so viele Mitarbeiter wie zu Beginn. Karrieren finden in einem so rasant wachsenden Unternehmen beinahe zwangsläufig statt. Schneider, der selbst Maschinenbauingenieur ist, hat etwa die Positionen Leitung, Einkauf und Arbeitsvorbereitung einem jungen Mitarbeiter mit kaufmännischer Ausbildung zugetraut. Als Chef der Schmiede mit 35 Mitarbeitern setzte Schneider auf seinen erfahrenen Instandhaltungsleiter, einen gelernten Elektriker. Und auch auf der Facharbeiterebene geht Schneider andere Wege. Einen ehemaligen Sonderschüler, der sich im Praktikum geschickt angestellt hatte, bildete der Unternehmer zum Zerspanungsmechaniker aus. Einer, der ebenfalls von der Pike auf Karriere gemacht hat, ist Serhan Ili.

Seine Diplomarbeit schrieb er 2006 bei Porsche in Weissach

Der 34-jährige, promovierte Wirtschaftsingenieur hat einen beeindruckenden Weg hinter sich. Ende der 1970er Jahre als Sohn türkischer Eltern in Karlsruhe geboren, schickten ihn die Grundschullehrer auf die Hauptschule. 'Doch weil ich ehrgeizig bin, wechselte ich schnell auf die Realschule', erzählt Ili, der anschließend das Wirtschaftsgymnasium besuchte. Nach Abitur und Zivildienst beim Diakonischen Werk nahm er sein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der ehemaligen Universität Karlsruhe, dem heutigen KIT, auf. Seine Diplomarbeit schrieb er 2006 bei Porsche in Weissach. 2009 folgt die Promotion, in der es im Kern um die Öffnung von Innovationsprozessen in Forschung und Entwicklung geht. Ilis bisher letzte Stufe auf der Karriereleiter ist der Schritt in die Selbstständigkeit. Als Chef von Ili-Consulting berät er neben Autobauern und deren Zulieferern mittelständische Maschinenbauer. Hintergrund: typisch schwäbisch tüfteln die Entwickler bislang oft im Verborgenen an Prozessen und Patenten, ehe sie die neuen Produkte im angestammten Markt verkaufen wollen. 'Doch in Zeiten sozialer Medien und einer dadurch entstehenden globalen Transparenz steigt der Wettbewerbsdruck. Ein Umdenken findet statt', sagt Ili.

Anstatt sich auf Fähigkeiten der eigenen Forschung zu verlassen, müssten Unternehmen externe Problemlöser integrieren. Gleichzeitig könnten Firmen eigene Technologien außerhalb ihrer Geschäftsfelder verwerten. Das weiß auch der schwäbische Maschinenbauer Robert Bürkle aus Freudenstadt. Der Spezialist für Pressen, Beschichten und Laminieren hat sein Wissen aus den Geschäftsfeldern Leiterplatten und Holzwerkstoffe auf die Solarindustrie transferiert: So bauen und liefern weltweit 730 Bürkle-Beschäftigte heute neben Anlagen, auf denen Möbelteile oder Elektrokomponenten beschichtet werden, inzwischen auch Maschinenstraßen, die Solarmodule oder Kreditkarten laminieren. Kaufmännischer Leiter Marco Spindler sagt, dass für diesen Wandel kreative Querdenker gefragt sind. Die Leitungspositionen der mechanischen und elektrotechnischen Konstruktionen hat das Unternehmen mit eigenen Nachwuchsleuten besetzt. 'Zwei ehemalige Studenten der Berufsakademie Horb sind inzwischen bei uns Führungskräfte mit hoher Verantwortung', so Spindler. Einer von ihnen ist Markus Heintel.

Zu Beginn der 1990er gab es in der Konstruktion weder PC noch E-Mail

Der Maschinenbauingenieur hat die Karrierechance erkannt und ergriffen. In den 20 Jahren, in denen er in Freudenstadt beschäftigt ist, hat der 41-Jährige für nahezu alle Produkte und Märkte der Firma Maschinen konstruiert. Nach dem Studium startete Heintel als Mitarbeiter in der Entwicklung, avancierte zum Gruppen- und zum Konstruktionsleiter, um schließlich Gesamtverantwortlicher für die mechanische Konstruktion aller drei deutschen Werkstandorte zu werden. Heintel erläutert, wie sich der Wissenstransfer verändert hat: Zu Beginn der 1990er Jahre gab es in der Konstruktion weder PC noch E-Mail-Programme, ein CAD-System war erst in der Einführungsphase. 'Üblich war es, dass die Konstrukteure damals abends ihren Schreibtisch abschlossen', erinnert sich der gebürtige Schwarzwälder. Wer etwas wissen wollte, musste erst das Vertrauen der Kollegen erwerben. Heute werde Konstruktionswissen bei Bürkle mittels Mindmap und Wiki elektronisch aufbereitet, und es sei gewollt, dass Entwicklungsergebnisse unternehmensweit publiziert und ausgetauscht werden.

Spindler formuliert das Ziel so: 'Bürkle will entwickelte Fertigungstechnologien auf viele Produkte für möglichst viele Absatzmärkte adaptieren.' Daher setzt der Maschinenhersteller, der in den zurückliegenden 15 Jahren mehr als 50 Ingenieure per dualem Studium ausgebildet hat, auf Eigengewächse, die diesen Spirit verinnerlicht haben.