Ein Trainer und sein Traumverein: Rainer Scharinger hat Anfang des Monats beim Karlsruher SC angeheuert – und will seinen Heimatclub in der zweiten Liga halten. Foto: dpa

Scharinger über Erfolge des KSC, seinen Aufstieg als Trainer und die Rivalität zum VfB.

Karlsruhe - Rainer Scharinger ist mit 44 bereits bei seinem Traumverein Karlsruher SC angekommen, Illusionen gibt er sich aber nicht hin: "Der Kampf gegen den Abstieg wird bis zum letzten Spieltag eine nervenaufreibende Zeit", sagt der Trainer des Fußball-Zweitligisten vor dem Spiel am Freitag (18 Uhr) bei 1860 München.

Herr Scharinger, Sie haben den Achtstundentag beim KSC eingeführt. Schön, dass Sie kurz Zeit finden für ein Interview.

Es gibt eben derzeit sehr viel zu tun - auf und außerhalb des Platzes. Ich habe eine Ist-Analyse erstellt und wollte mir nach meinem Amtsantritt so schnell wie möglich ein Bild von allem machen.

Wie ist Ihre Ist-Analyse ausgefallen?

Wenn man einen Club auf Platz 16 und mit 54 Gegentoren übernimmt, kann nicht alles in bester Ordnung sein. Es gibt viele Dinge, die aus meiner Sicht geändert und optimiert werden müssen.

Welche denn?

Das betrifft taktische Segmente - zum Beispiel das Defensivverhalten, aber auch das Sozialgefüge innerhalb des Teams. Durch die ersten Sofortmaßnahmen hat sich durchaus schon etwas gebessert.

Zum Beispiel die Ergebnisse.

Das 1:1 in Bochum und das 3:1 gegen den MSV Duisburg waren lebensnotwendig, da hinter uns vor allem der FC Ingolstadt mächtig punktet.

Was haben Sie konkret geändert?

Jeder Einzelne, jeder Mannschaftsteil muss wissen, was zu tun ist, und muss funktionieren wie ein Netzwerk. Dazu sind viele Trainingseinheiten notwendig, Videoanalysen, Spielformen. Die Struktur, die Ordnung muss einfach stimmen.

Klingt irgendwie nach Ralf Rangnick.

Die Zeit unter ihm als Assistent und Trainer der U 23 bei 1899 Hoffenheim war sicher sehr lehrreich.

... und hat Sie geprägt?

Sicher, aber ich habe meinen eigenen Stil entwickelt. Ganz wichtig war dabei auch die wenig aufsehenerregende Station beim Oberligisten Bahlinger SC.

Dort waren Sie drei Jahre.

Ich war dort Spieler, Trainer, Manager. Ich musste in diesem kleinen Dorf alles machen - solche Gesamtaufgaben sind unbezahlbar.

"Der KSC ist ein ganz besonderer Verein"

Sie haben früh gewusst, dass Sie Trainer werden wollen.

Ja, im Alter von 19 Jahren hatte ich schon die B-Lizenz, mit 25 die A-Lizenz, seit 2005 bin ich DFB-Fußball-Lehrer.

Und im Dezember 2010 wurden Sie beim VfR Aalen erstmals in Ihrer Karriere entlassen.

So ist das Trainerleben. Als ich in Aalen angefangen habe, war der Verein am Boden. Es war drei Wochen vor Saisonstart nur ein Spieler unter Vertrag. Wir wurden souverän Regionalliga-Meister und WFV-Pokal-Sieger, wir spielten im DFB-Pokal gegen Schalke 04, und als ich gehen musste, waren wir in der dritten Liga auf dem vorgegebenen Kurs Nichtabstieg. Ich hatte dort etwas aufgebaut. Da tut es schon weh, wenn man nach einer so erfolgreichen Zeit dann plötzlich gehen muss.

Dabei hatte es im Nachhinein doch etwas für sich.

Das habe ich von vielen Seiten gehört. Man kann es so sehen, ja, ich war frei für eine andere Aufgabe.

Andere Aufgabe ist gut. Sie sind mit 44 Jahren Trainer bei Ihrem erklärten Traumverein.

Der KSC ist ein ganz besonderer Verein für mich. Ich stand als Kind im Wildparkstadion im Block 4 und habe meinen Idolen Karl-Heinz Struth, Emanuel Günther, Ede Becker und Rainer Ulrich zugejubelt.

Und Sie haben für den KSC auch gespielt.

Ich habe einige Spiele als Profi absolviert, meistens jedoch auf dem Nebenplatz. Das war eine tolle Zeit. Ich war Kapitän der U23 mit Spielern wie Olli Kahn, Michael Sternkopf, Mehmet Scholl und Jens Nowotny.

Klangvolle Namen, doch die großen Zeiten sind vorbei.

Man braucht sich nichts vorzumachen. Der KSC befindet sich in einer schwierigen Lage. Und ich habe eine brutal harte Aufgabe, eine nervenaufreibende Zeit vor mir. Es wird bis zum letzten Spieltag nur um eines gehen: den Klassenverbleib.

Und mittelfristig haben Sie die Vision, den KSC wieder in die Bundesliga zu führen?

Jetzt Visionen aufzustellen wäre völlig fehl am Platz. Von Europapokal-Nächten, von 7:0-Triumphen wie gegen Valencia zu träumen ist fahrlässig.

Manche KSC-Fans träumen von einem Derby gegen den VfB Stuttgart.

Sie meinen in der zweiten Liga? Dazu wird es nicht kommen, weil der VfB Stuttgart nicht absteigen wird. Ich kann mit diesem Konkurrenzdenken auch wenig anfangen. Wir Baden-Württemberger müssen doch zusammenhalten. Je mehr Bundesligisten das Land hat, umso besser. Von einer hohen Qualität profitieren die Vereine gegenseitig, sowohl die großen als auch die kleinen Clubs.