Auf der Richterbank im Schwurgerichtssaal des Landgericht Karlsruhe liegt ein Aktenordner auf dem steht "Mafia Verhandlung". Anlass ist ein Mafia-Prozess der dort beginnt. Foto: dpa

Dutzende Polizisten patrouillieren vor Gerichtsgebäude. Angeklagten werden Bezüge zu Mafia-Clans vorgeworfen.

Karlsruhe - Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag in Karlsruhe ein Prozess gegen neun Männer begonnen, die der italienischen Mafia zugerechnet werden. Etwa ein Dutzend Polizisten patrouillierte vor dem Landgerichtsgebäude, weitere Beamte waren im Inneren des Hauses unterwegs. Die Eingänge wurden streng überwacht und Taschen und Rucksäcke penibel kontrolliert.

Die neun Angeklagten wollen zunächst nicht aussagen. "Wer nichts sieht, nichts hört und nicht redet, wird in Ruhe 100 Jahre alt", sagte der Anwalt von einem der Männer. Sein Mandant sei ein unbescholtener Pizzabäcker.

Die Männer stehen wegen bandenmäßigen Drogenhandels in großem Stil vor Gericht, außerdem in einem Fall wegen versuchten Mordes sowie Körperverletzung, Brandstiftung und illegalen Waffenbesitzes. Die Angeklagten lehnten überwiegend auch Angaben zur Person ab. Bei allen wird ein Bezug zu den italienischen Mafia-Organisationen Cosa Nostra und 'Ndrangheta vermutet.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Konstanz etwa eineinhalb Stunden lang die mehr als 100 Seiten lange Anklageschrift verlesen. Den Beschuldigten stehen insgesamt 17 Verteidiger zur Seite. Die Anklägerseite wird von zwei Staatsanwälten vertreten.

Die Männer, überwiegend Italiener oder aus Italien stammend, waren vor allem im Schwarzwald-Baar-Kreis ansässig. Insgesamt sind 67 Verhandlungstage geplant.

Der für Gerichtsmitarbeiter sonst zugängliche Innenhof blieb abgesperrt. Polizisten wurden von Wachtmeistern der Sicherheitsgruppe für Gerichte und Staatsanwaltschaften unterstützt.

Schauplatz ist für die ersten beiden Verhandlungstage das Gerichtsgebäude in Karlsruhe; angeklagt sind die Männer aber vor dem Landgericht Konstanz. Aus Platzgründen dient aber zunächst das Landgericht Karlsruhe als Ausweichquartier für den Mammutfall, bis in Konstanz eine frühere Firmenkantine umgerüstet ist.

Info: Mafia in Deutschland

Dem Bundeskriminalamt zufolge ist Deutschland für Mitglieder der Mafia vor allem ein Flucht- und Rückzugsort. Aktiv führe sie dort Geschäfte und investiere, insbesondere in der Immobilien- und Gastronomiebranche. Als bedeutendste italienische Mafia-Organisation in Deutschland gilt die 'Ndrangheta mit mutmaßlich 344 Mitgliedern. Ein Clan dieser kalabrischen Mafia stand auch im Fokus der Ermittlungen, die Anfang Januar zu Festnahmen in Deutschland und Italien geführt haben.

In Karlsruhe müssen sich jetzt neun Angeklagte, die Mafia-Verbindungen haben sollen, wegen des Verdachts auf Drogenhandel und teils auch versuchten Mord verantworten. Insgesamt gelten dem Bundeskriminalamt zufolge 585 Menschen in Deutschland als mutmaßliche Mitglieder von Mafia-Organisationen. Das Landeskriminalamt geht davon aus, dass knapp 150 in Baden-Württemberg leben.

Ein Großteil, rund 80, gehört den Informationen zufolge der 'Ndrangheta an, jeweils knapp 30 der Stidda und der Camorra, gut 10 der Cosa Nostra und einige wenige der apulischen Mafia. Die quasi an der Sohle des italienischen Stiefels beheimatete 'Ndrangheta macht das große Geschäft mit Kokainhandel, den sie laut Europol in Europa dominiert. Millionengewinne macht sie aber auch mit Bauprojekten, Versicherungsfällen und Müllentsorgung.