Münz- und Sporerstraße sollen sich an der Markthalle zu einem Platz weiten. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie. Foto: Behnisch Architekten

Das Dorotheen-Quartier steht in der Diskussion – Es gibt Lob für die Überarbeitung.

Stuttgart - Die abgespecken Pläne von Breuninger für die Neubauten am Karlsplatz finden bei Architekten im Städtebauausschuss Anerkennung. Dennoch wird um jeden Meter gerungen. Im Fokus steht der an die Markthalle anschließende Komplex. Er soll den Blick zur Halle nicht verstellen

Im Städtebauausschuss sind die Architekten fast unter sich, ein paar Stadträte füllen die Bänke auf. Was das Gremium beschließt hat keine Verbindlichkeit, nur den Charakter einer Empfehlung. Weil die Zunft der Formgeber aber unter sich gnadenlos sein kann, ergeben sich immer wieder Aussagen mit seltener Klarheit.

Am Dienstag zeigten sich das Gremium beim Thema Planungsstand für das Quartier am Karlsplatz, das jetzt Dorotheen-Quartier heißt, überwiegend zufrieden mit der Entwicklung. An Stelle des alten Innenministerium will das Handelshaus Breuninger bis 2016 für rund 200 Millionen Euro in drei statt bisher geplanten zwei neuen Gebäuden auf 35.250 Quadratmetern Handel, Gastronomie und Büros unterbringen. Auf 3000 Quadratmetern soll es zudem Wohnungen geben, im ersten UG auch Läden, dann 400 Stellplätze. Das frühere Hotel Silber an der Dorotheenstraße bliebt stehen, wird zum Doku- und Lernort über die Nazi-Zeit.

Dachtraufe als Mogelpackung bezeichnet

„Stadtplanung ist Kärrnerarbeit“ erinnerte Professor Franz Pesch an die Anfänge und Ausmaße des Projekts, das unter dem Namen Da Vinci startet, dem in der Bürgerschaft aber weniger Genialität als Monumentalität zugeschrieben wurde. Die Stadt habe versucht, „das Projekt zu domestizieren oder zu urbanisieren“, sagte Pesch. Das sei gelungen. „Kompliment“, lobte Pesch den geschrumpften Entwurf, „das ist ein Beitrag zum öffentlichen Raum“. Der Erhalt des Hotels Silber steht dem nicht entgegen. Was Pesch nicht passt ist der Versuch, die Massen zu kaschieren. „Die Dachtraufe ist eine Mogelpackung, denn danach kommt ja noch ein ganzes Haus“, so der Stadtplaner. Das Dach hat eine gläserne Haut. Die könnte am Ende als nur „dunkle Haube“ wahrgenommen werden“, warnt Pesch.

Einheitliche Fassaden an gleich drei großen Baukörpern, dazu Glas Glas und nochmals Glas, daran störte sich Thomas Herrmann. Er wolle „nicht überall Glas“. Manuel Schupp lobte den Behnisch-Entwurf. „Die Baumassen sind gut, die Frage ist, wie mutig man entlang der Holzstraße in die Höhe geht und wie bedächtig bei der Markthalle“.

„Wir haben nach wie vor eine großartige Architektur“

Für die SPD-Fraktionsvorsitzende Roswitha Blind hat Behnisch an der Holzstraße schon zu viel Mut bewiesen. Im Gegenteil, findet Michael Conz von der FDP. Behnischs erste Arbeit mit über 50.000 Quadratmetern sei „ein wirklich großer Entwurf“ gewesen“, sagte der Liberale, nun aber komme man „der Spießigkeit und Normalmaß-Attitüde entgegen“. Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) konterte trocken: „Wir haben nach wie vor eine großartige Architektur.“

Trotz der Großartigkeit ringt die Stadt noch mit Breuninger und Behnisch, zum Beispiel darum, dass der der Markthalle am nächsten stehende Neubau sich an die Grenze des alten Innenministeriums hält. Das springt von der Dorotheenstraße leicht zurück, so dass verzierter Makthallen-Erker und Turm sichtbar bleiben. Auch von der Holzstraße soll Breuninger abrücken, damit der Blick auf das Alte Waisenhaus frei bleibt. „Das sind historisch bedeutsame Stellen“, sagt der städtische Planungsexperte Uwe Stuckenbrock. Das Problem: Allein an der Holzstraße verlöre Breuninger 800 Quadratmeter Geschossfläche.

Sorgen machen auch die Glasdächer. „Ein Gimmick aus Acryl aus dem Wettbewerb, unter dem sich dann jeder das vorstellen konnte, was er wollte“, so Hahn. Tatsächlich werde das Glas bedruckt sein. In zwei Monaten, wenn Behnisch Details zeige, werde man nochmals diskutieren. Fix ist in Sachen Dorotheen-Quartier immerhin der Zeitplan. Am 28. Februar 2013 soll der Bebauungsplan für Breuninger fertig sein.