Spezialisten bei der Arbeit: Der Turm der Kapellenkirche wird derzeit umfassend restauriert. Foto: Werner Schwenk

Sind 40 000 Euro Zuschuss für eine Sanierung, die 8,5 Millionen Euro kostet zu wenig? Ja, sagen einige Stadträte. Denn es geht um eine der Rottweiler Ikonen: den Turm der Kapellenkirche. Nein, sagt die Stadt und verweist auf die angespannte Finanzlage.

Rottweil - Die Sanierung der Kapellenkirche ist für die katholische Kirchengemeinde eine Mammutaufgabe. 8,5 Millionen Euro soll sie kosten. Die Stadt will die Gemeinde damit nicht alleine lassen und schlägt einen Zuschuss vor. 40 000 Euro sollen fließen, verteilt auf die Jahre 2022 und 2023. Doch der Betrag ist einigen Stadträten zu mickerig. Die Frage nach der Außenwirkung kommt auf. Doch die kann man auch ganz anders sehen.

Eigentlich gibt es keinen Grund für die Stadt, sich überhaupt an den Kosten für die Sanierung von Gotteshäusern zu beteiligen. Sie ist dazu nicht verpflichtet, hat es aber bei vergangenen Eingriffen, wie der Restauration des Kapellenturms 2013 bis 2015 oder der umfassenden Innensanierung des Heilig-Kreuz-Münsters in der Vergangenheit getan. So flossen zuletzt 150 000 Euro in den Kapellenturm und 50 000 ins Münster. Bei letzterem Sanierungsprojekt waren das 1,62 Prozent der Gesamtkosten, weshalb die Verwaltung für die anfallende Sanierung des Kapellenturms die selbe Zuschussrate wählte. Der Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschuss hatte das Vorgehen bereits abgenickt. Dass das kein Garant für ein schnelles Abnicken im Gemeinderat sein muss, ist wiederum keine Seltenheit.

Der schöne Turm und seine Wirkung

Kurzum aus den Reihen von SPD, CDU und Freien Wählern erwuchs in der Sitzung am Mittwochabend Kritik an der Zuschusskultur. "Die Kapellenkirche ist ein Markenzeichen", betonte Arved Sassnick, Fraktionsvorsitzender des Bündnisses aus SPD und FFR. Der Betrag sehe "mickerig" aus, "als ob wir knausern". Fraktionskollege Jürgen Mehl bließ ins selbe Horn. Der Betrag von knapp zwei Prozent der Sanierungskosten sei gemessen an der Bedeutung des Kapellenturms für die Stadt dürftig. Er könne sich vorstellen, den Betrag gegebenenfalls aufzustocken – wenn sich die Einnahmesituation der Stadt ändern, sprich verbessern sollte. Und Monika Hugger (CDU) zog gar die Parallele zu den Projekten des Sanierungsgebiets Innenstadt, wo für weniger bedeutende Vorhaben größere Zuschusssummen fließen würden. Ihr Vergleich: 80 000 Euro für ein kleines Haus, das weniger wahrgenommen werde wie der Kapellenturm, für den es nur 40 000 Euro geben soll. "Ich würde mir in Relation zur Kapellenkirche und der Bedeutung für die Stadt mehr wünschen." Die Höhe des Zuschusses, so Hugger, sollte angepasst werden.

Ira Hugger von den Grünen war mit der Zuschusshöhe zufrieden ("Es ist der am besten zu vermittelnde Betrag"), störte sich aber an der Tatsache, dass die Kirchengemeinde es versäumt habe, das Projekt dem Gemeinderat vorzustellen. Das fand auch Hermann Breucha (FWV), der erst nach einer solchen Projektvorstellung über die Höhe des Zuschusses reden wollte.

Die Sache mit der Steuerschätzung

Nun gibt es neben der Kapellenkirche weitere "Leuchttürme", die nicht nur von großer Bedeutung für Rottweil sind, sondern für deren Erhalt die Stadt auch – anders als bei den Kirchen – finanziell in der Pflicht steht. "Wir identifizieren uns mit den Kirchtürmen", betonte OB Ralf Broß. "Noch mehr aber sollten wir uns mit dem Schwarzen Tor und dem Hochturm identifizieren." Für die Sanierung beider Bauwerke steht die Stadt mit über zwei Millionen Euro in der Kreide. Und auch sonst sind die Auftragsbücher voll, der städtische Sparstrumpf hingegen leer.

Dass sich daran so schnell nichts ändern wird, rechnete der Fachbereichsleiter der Haupt- und Finanzverwaltung, Herbert Walter, vor. Der rückte die fast schon gefährlich schöne Steuerschätzung von Bund und Land in ein anderes Licht und erteilte damit auch gleich der Meinung eine Absage, man könne den Sanierungszuschuss bei sprudelnden Steuereinnahmen nach oben korrigieren. Von den für 2022 geschätzten 500 000 Euro Mehreinnahmen aus der Einkommenssteuer blieben am Ende vielleicht 80 000 Euro übrig. Sie werden aufgefressen – von versprochenen Steuersenkungen, der Inflation und der Energiekrise. Seine Meinung zum Zuschuss fiel daher deutlich aus: "Er ist eine reine Freiwilligkeitsleistung, da sollte man sich an der Finanzlage orientieren." Das tat die Mehrheit letztlich auch. Die 40 000 Euro Zuschuss gingen mit 16 Ja-Stimmen durch.