Das evangelische Bezirkskantorat hat Rossinis "Petite Messe solennelle" in der Stiftskirche aufgeführt. Mit dabei waren Kulturamtsleiterin Cornelia Lanz und die Tänzer von "Szene Zwei".
Auch wenn die Instrumentierung eher karg ist: Die musikalische Rezeptur von Gioachino Rossinis "Petite Messe solennelle" ist nicht allzu weit von einer Oper entfernt. Rossini, der Großmeister des Belcanto, hat sich nach der Fertigstellung seiner letzten großen Messe im Jahr 1863 erst einmal bei dem lieben Gott entschuldigt, weil irgendwie doch wieder eine Art Oper herausgekommen sei. Er sei eben für die maledeite Musik der Opera buffa geboren, bitte trotzdem aber gnädig um die Aufnahme ins Paradies, schrieb er in einer ironischen Widmung.
Die "Petite Messe solennelle" tanzt tatsächlich aus der Reihe, wenn man die übliche Rezeptur einer feierlichen Messe betrachtet. Es gibt auch eine Orchesterfassung, die Rossini selbst kurz vor seinem Tod verfasst hat, damit niemand die letzte seiner "Alterssünden" nachträglich verhunzt. Zurückhaltend instrumentiert, stellt sie dem Chor und den vier Solisten nur ein Klavier und ein Harmonium zu Seite, verbreitet aber durchaus musikalischen Glanz. Die Gesangspartituren fallen üppig aus und erinnern an Opernarien. Das Offertorium der Messe manifestiert sich als virtuose Klaviereinlage. Bezirkskantor Hermann Feist, der Anfang 2022 in Ruhestand geht, hat sie mit dem "Concertino Vocale Lahr" bereits mehrfach konzertant aufgeführt, nun aber in Kooperation mit dem städtischen Kulturamt und der inklusiven Tanzkompanie "Szene Zwei" eine reizvolle Neufassung vorgelegt.
Cornelia Lanz mischt sich unter die Tänzer
Fernando Balsera, José Manuel Ortiz Sánchez, Jörg Beese, Deborah Heim, Matthieu Bergmiller und Ricarda Noetzel haben die Aufführung in der Stiftskirche mit Elementen des zeitgenössischen Tanztheaters unterlegt. Die vier Solisten, Hanna Feist (Sopran), Cornelia Lanz (Alt), Nik Kevin Koch (Tenor) und Menno Koller (Bass) sind teilweise aus der statischen Bühnenpräsenz einer rein konzertanten Aufführung herausgetreten. Am Klavier überzeugte Carl-Martin Buttgereit, das Harmonium wurde durch ein Akkordeon (Franco Coali) ersetzt. Rossinis Messe hat dadurch einen neuen, frischen Anstrich erhalten, der das Publikum in der Stiftskirche spürbar beeindruckt hat.
Kraftvolle Chorpassagen und beeindruckende Sangeskunst, moderner Ausdruckstanz und szenische Gesten, in die auch acht Glaskäfige des Theaters Baal einbezogen wurden. Die von William Sánchez H. entworfene Choreografie drängte sich nie spektakulär in den Vordergrund. Die Tänzer verwandelten Fragmente des eingeknüpften Glaubensbekenntnisses in poetische Bilder, die immer auch von der Musik Rossinis inspiriert wurden. Mit am beeindruckendsten war die Schlusssequenz der Aufführung, ausgehend vom "Preludio religioso" des Klaviers, über das "Sanctus" des Chors und den in ein kraftvolles "Agnus Dei" mündenden Schlusssatz. Cornelia Lanz mischte sich hier unter die Tänzer von "Szene Zwei" und vollendete ihren Part ganz im Geist einer dramatischen Oper.
Gioachino Rossini (1792 bis) 1868) gilt als einer der bedeutendsten Opernkomponisten. Seine Opern "Der Barbier von Sevilla", "Die Italienerin in Algier" und "Aschenputtel" gehören weltweit zum Standardrepertoire der Opernhäuser.