Ilse Bodenhöfer-Frey (re.) im Gespräch mit einer Hoffelderin Foto: Leif Piechowski

Die Identität der Freien Wähler ist bekannt: Sie sind keine Partei, aber sie fühlen sich als wichtige politische Kraft in der Stadt. Mit dieser Botschaft kämpft auch Ilse Bodenhöfer-Frey um Stimmen.

Stuttgart - Markus Rapp hat keinen Hang dazu, die Dinge zu verklären. Er steht mit beiden Beinen auf dem Boden und weiß am besten, was die Menschen in Hoffeld bewegt. Seit neun Jahren betreibt er seinen Kiosk im Herzen des Stadtteils, kennt fast jeden Kunden mit Namen und damit auch die Sorgen und Nöte der Menschen. „Doch darüber gibt es kaum etwas zu erzählen. Die meisten Leute kommen mit einem Lachen hier rein“, sagt er, „denn Hoffeld ist eine Oase des Friedens.“

Auch Ilse Bodenhöfer-Frey meint zu ahnen, dass hier einer etwas zu dick aufträgt. Zudem würde das bedeuteten, sie wäre an diesem Tag zur falschen Zeit am falschen Ort. Schließlich will sie als Kandidatin der Freien Wähler bei der kommenden Gemeinderatswahl den Menschen rund um Degerloch zur Seite stehen. Sie will die Anliegen der Bürger erfahren, um sie schließlich in die politische Debatte einzubringen. Also fragt sie an diesem Morgen von zehn bis zwölf im Kiosk von Markus Rapp jeden Passanten: „Wo drückt der Schuh?“

Die meisten schauen die Betriebswirtin des Handwerks verdutzt an. Mit einem Lächeln antworten viele wie die Rentnerin Anneliese Mächler: „Wir sind zufrieden.“ Auch Heidi Winghofer, ebenfalls im Ruhestand, gibt der Stadträtin keine Aufgaben mit auf den Weg: „Wir Hoffelder fühlen uns wohl. Hier kommt man sich immer vor, als sei man im Urlaub.“ Zudem sei die Nahversorgung perfekt.

Hoffeld ist in dieser Hinsicht tatsächlich außergewöhnlich. Hier gibt es fast alles. Und alles ist bequem zu Fuß zu erreichen: ein Lebensmittelmarkt, eine Bank, ein Friseur, ein Bäcker und natürlich der Kiosk von Markus Rapp, der gleichzeitig Poststelle und Kommunikationszentrum des Fleckens ist.

Ilse Bodenhöfer-Frey hätte also keinen besseren Platz für ihren Wahlkampf finden können. Und nach einer Stunde der netten Plauderei erfährt sie schließlich doch, wo sie anpacken kann.

Herta Weigert hat sogar eine ganze Latte an Vorschlägen. Am wichtigsten ist ihr und vielen anderen Bewohnern des benachbarten Altenheimes aber, dass Hoffeld wieder eine ordentliche Busanbindung bekommt. „Wir wollen unseren 70er zurück“, sagen viele. Ilse Bodenhöfer-Frey verspricht, dafür zu kämpfen, will das Thema aber breiter anlegen. Denn die Bewohner des Altenheimes auf der Waldau haben ähnliche Probleme wie die Hoffelder: Sie wollen aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität – die meisten sind auf eine Gehilfe angewiesen – nicht von der Welt abgehängt sein.

Manchmal sind es aber auch ganz kleine Probleme im Alltag, die gerade älteren Menschen das Leben erleichtern würden. Herta Weigert, auch auf einen Rollator angewiesen, nennt Ilse Bodenhöfer-Frey gleich zwei Ärgernisse: „Auf der Epplestraße gibt es keine Sitzmöglichkeiten mehr, wo man sich beim Einkaufen mal kurz ausruhen könnte“, klagt sie und schiebt ihren zweiten Aufreger hinterher: „Die Sitzbänke an den Haltestellen der SSB sind zu weit unten.“ Soll heißen: Ältere Menschen kommen nur schwer runter, aber noch schwerer wieder hoch. „Ein paar Zentimeter mehr würden genügen“, sagt Herta Weigert.

Jetzt ist Ilse Bodenhöfer-Frey in ihrem Element. Hier könne sie im Gegensatz zu den Kandidaten der anderen Parteien effizienter helfen. „Bei anderen müssen solche Dinge immer erst in den Gremien besprochen werden“, sagt sie, „aber bei den Freien Wählern werden solche Dinge direkt und ohne Fraktionszwang angegangen.“

Pragmatismus statt Parteiideologie.

Das leuchtet so manchem ihrer Gesprächspartner ein. Wahrscheinlich mehr als die acht Parolen, die Ilse Bodenhöfer-Frey auf ihr Flugblatt drucken ließ. Zum Beispiel: „Kinder- und familienfreundliche Stadt.“ Oder: „Sinnvolle Wohnraumschaffung.“ Auch die übrigen fünf Forderungen der Stadträtin klingen nicht unvernünftig. Aber mit manchen Schlagworten könnte auch die politische Konkurrenz punkten. Das ist Ilse Bodenhöfer-Frey bewusst. Umso wichtiger ist ihr an diesem Vormittag, die Kern-Kompetenz der Freien Wähler herauszustellen: „Wir engagieren uns für den Stadtbezirk. Und zwar immer unterschiedlich. Denn was in Vaihingen richtig ist, muss nicht zur Situation in Möhringen passen.“

Und schon gar nicht zu Hoffeld, wo die Uhren offenbar ganz anders ticken.