Sechs Wochen lang hat Jazzy Gabert in einem Wohnwagen auf dem Gelände des Kampfsportstudios Planet Eater gelebt. Inzwischen hat sie eine Wohnung. Foto: Brenner

Kampfsport: Von Außenseiterin zum Wrestling-Superstar hochgekämpft. Anfang der MMA-Karriere.

Bisingen-Steinhofen - Jazzy "Alpha Female" Gabert hat einen langen Weg hinter sich. Von der Außenseiterin hat sie sich erst zum Wrestling-Superstar hochgekämpft und steht nun am Anfang ihrer MMA-Karriere. Am Sonntag fliegt sie nach Japan zum bisher wichtigsten Kampf ihrer Karriere. Für den hat sie in Steinhofen trainiert.

Wir treffen Jazzy Gabert vor dem Kampfsportstudio "Planet Eater" in Steinhofen. "Ich komme gerade vom Joggen mit einem Filmteam hoch auf die Burg Hohenzollern", entschuldigt sich die 34-Jährige. "War echt anstrengend, aber so schön!", es war ihr erster Ausflug auf die Burg. Die Medien reißen sich gerade um die Kampfsportlerin, während die Steinhofener Nachbarn teils gar nicht wissen, dass in ihrem Ort eine wahre Berühmtheit wohnt.

Seit Januar lebt Gabert in Steinhofen in einer Wohngemeinschaft gegenüber des Studios. Ihre Tage bestehen eigentlich nur aus Training, Essen und Schlafen. Zwei- bis dreimal täglich trainiert sie mit Trainer Peter Sobotta und anderen verschiedene Kampftechniken der Mixed Martial Arts (MMA). Als im vergangenen Herbst ihr erster MMA-Kampf in Berlin anstand, übernachtete sie vorher sogar sechs Wochen lang in einem Wohnwagen vor dem Studio. Nun steht der zweite Kampf in Japan an.

Dort wird die 34-jährige Profikämpferin in der "Rizin Fighting Federation" ihren zweiten MMA-Kampf gegen die erst 20-jährige Japanerin "King" Reina Miura bestreiten. Eigentlich hatte Jazzy Gabert ihre Konkurrentin Gabi Garcia aus Brasilien zum Kampf herausgefordert. Die gab sich erst einmal siegesbewusst, unterschrieb dann aber den Vertrag nicht und tritt nicht an. "Ich glaub’, sie hat Angst", sagt Gabert und lacht. Nun muss sie gegen die viel jüngere Japanerin ran. Ihr eigenes Alter sieht Jazzy Gabert aber nicht als Nachteil. "Nö", sagt sie, "Alter ist nur eine Zahl. Man ist immer so alt wie man sich fühlt."

MMA ist neues Gebiet für die Profisportlerin. Seit sie 18 Jahre alt ist, ist Gabert Wrestlerin. Am Wochenende fährt sie immer noch zu Wettkämpfen, "denn ich muss ja auch nebenher noch Geld verdienen", erklärt sie. Wrestling, das sind mit Show-Elementen angereicherte Schaukämpfe. Besonders in den USA, Mexiko und Japan ist diese Sportart beliebt. Da Wrestling in Deutschland relativ unbekannt ist, kann sich die 34-Jährige auf der Straße unerkannt bewegen. In Japan sei das anders, sagt sie, dort würden Wrestler regelrecht verehrt.

Mit 18 kann sie nichts mehr aufhalten

Wrestlerin zu werden, das war immer Jazzy Gaberts Traum. "Ich hatte keine schöne Kindheit", erzählt sie, "ich war die totale Außenseiterin, die anderen Kinder haben mich gehänselt und ausgelacht." Die Adoptiveltern wollten immer ein Mädchen, "aber so war ich halt nicht", sagt sie. Zudem, und darüber kann sie inzwischen lachen, "war ich die totale Sportniete".

Dem schweren Alltag entfloh sie durchs Fernsehen. Am liebsten schaute sie die bunten amerikanischen Wrestlingshows. "Hulk Hogan und der Undertaker waren meine Helden. Die waren so stark." Mit 18 Jahren konnte sie nichts mehr von der Wrestling-Karriere abhalten. Doch die selbstbewusste und entspannte Frau, die uns im Gespräch gegenüber sitzt, sei sie damals nicht gewesen.

Sie hatte eine Zeit lang auf der Straße gelebt, war unsicher. "Zu Beginn meiner Karriere war ich schüchtern, blass und dünn mit langen dunklen Haaren, ich sah eigentlich aus wie Michael Jackson", sagt sie und lacht. Aber der Sport machte sie von Tag zu Tag stärker.

Nach 15 Jahren Wrestling lernte sie MMA und ihren Trainer Peter Sobotta kennen. Über die Sportart kommt sie ins Schwärmen. "Das ist echte Kampfkunst, eigentlich wie körperliches Schachspielen, das einem eine Menge Geschicklichkeit abverlangt", sagt sie. MMA sei anders, härter und schmerzhafter, wie Gabert bei ihrem ersten Kampf im vergangenen Herbst in Berlin erleben musste – obwohl sie siegte. Dass man beim MMA wirklich zuschlägt, daran musste sie sich erst gewöhnen. Jemanden zu schlagen, das koste unheimlich Überwindung, verrät sie.

Am Sonntag geht’s nun los nach Japan. In den Tagen vor dem Kampf will Gabert Freunde besuchen, Kraft tanken, zur Ruhe kommen.

Am Sonntag, 16. April, ist der große Tag in der Yokohama-Arena. Trainer Peter Sobotta fliegt zu ihr, um sie vor Ort zu unterstützen. Verlieren ist keine Option: "Ich mache mir sehr viel Druck. Ich will unbedingt gewinnen, und ich weiß, dass viele mich fallen sehen wollen."

Drei Fragen an Jazzy Gabert

Sie haben mal gesagt: "Mein Traum ist es, die stärkste Frau auf dem Planeten zu sein." Was macht diese Stärke aus? Körperliche Fitness oder mentale Stärke?

Beides! Klar hilft es, körperlich stark zu sein. Aber man braucht auch Charakterstärke, man muss menschliche Reife haben und weltoffen sein.

Ihre Kindheitshelden sind bekannte Wrestler wie Hulk Hogan oder der "Undertaker". Welche Frauen inspirieren Sie?

Das sind die Sängerin Pink und Schauspielerin Angelina Jolie. Beide bewundere ich für ihre soziale Einstellung und ihren Einsatz für Menschenrechte.

Sie sagen, man soll sich frei machen von der Meinung und Vorurteilen anderer. Wie schafft man das? Was sind typische Vorurteile gegen Sie?

Wir sind alle Menschen, und wir sind alle gleich, egal welche Nationalität oder Religion wir haben. Man sucht sich seinen Geburtsort ja nicht aus. Und Vorurteile gegen mich? Da gibt es natürlich viele (lacht)! Viele Leute denken, dass Kampfsportler dumm sind oder aggressiv. Dass sie keine Arbeit haben. Manche denken, ich bin lesbisch oder ein Mann. Leute haben auch Angst vor mir, oder gehen davon aus, dass ich Männer schlage. Und dann finden sie raus, dass ich eigentlich doch nett bin.