Beschäftigte bei Ceratizit in Empfingen kämpfen um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Foto: Lück

Das ist ein deutliches Zeichen für die heutigen Verhandlungen um den geplanten Jobabbau bei Ceratizit: Eine Menschenkette mit 200 Teilnehmern zieht an der Firma entlang.

Empfingen - Heute trifft sich der Ceratizit-Betriebsrat mit der Geschäftsführung im Empfinger Hof, um über den Interessensausgleich und den Sozialplan zu verhandeln. Dass der Betriebsratsvorsitzende Hartmut Friesinger nicht alleine ist, bewiesen gestern gut 200 Menschen vor dem Werk.

Friesinger steht auf der Bühne aus Paletten. Hinter ihm stehen die Ceratizit-Beschäftigten aus der Früh- und Spätschicht. Und Beschäftigte von Firmen aus der ganzen Region, die für ihre Zukunft kämpfen. Hinten Richtung Autobahn ist Halle 4 hinter den roten IG-Metall-Fahnen zu erkennen.

Der Betriebsratsvorsitzende: "Dort befindet sich die Materialaufarbeitung. Die soll komplett geschlossen werden. Allein das würde 16 bis 17 Arbeitsplätze kosten!"

Friesingers Botschaft an die Ceratizit-er: "Die Würfel sind noch nicht gefallen bei den Entlassungen. Die Zahl von 200 verbleibenden Arbeitsplätzen ist nicht in Stein gemeißelt. Es macht keinen Sinn, so zu sparen, dass die Produktion hier am Standort nicht mehr funktioniert! Deshalb müssen 256 Beschäftigte bleiben!"

Knappe Kalkulation

Er argumentiert, dass die bisher vorgelegten Kürzungspläne nicht funktionieren. Friesinger: "Es besteht weiter der Plan, nur noch 200 Arbeitsplätze am Standort zu erhalten. Doch die Kalkulation der Arbeitgeber ist zu knapp – so funktioniert es nicht! Die Buchhaltung und die CSC müssen in Empfingen bleiben. Und die Verlagerung der Erodierung macht keinen Sinn in der Produktion. Weil es natürlich unnötige Zeit kosten würde, die Teile nach Italien zu fahren."

Die Auseinandersetzung um den Jobabbau – ein bisher harter Kampf. Friesinger: "Als wir am 17. November in der Täleseehalle von der Geschäftsführung erfuhren, dass 125 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen, war das ein Schock! Dann haben wir uns erholt. Inzwischen hatten wir knapp 15 Termine mit der Geschäftsleitung. Mitte Februar ist es dann eskaliert. Auslöser war ein Fragebogen von uns, der nicht ausreichend beantwortet wurde. Mit dem Argument, dass die Informationspflicht für den Betriebsrat ausgeschöpft ist. Ich bin fast in die Luft gegangen. Dann gingen auch noch Gerüchte über die Standortschließung durch den Betrieb. Nach einem weiteren Gespräch mit der Geschäftsleitung haben wir wieder eine sachliche Ebene gefunden!"

Und jetzt wollen Betriebsrat, IG Metall und die Beschäftigten um ihre Zukunft kämpfen. Denn es geht nicht nur um Ceratizit in Empfingen. IG Metaller von Lauffer, Homag, Rolf Benz, Boysen und vielen anderen Firmen aus der Region stehen in Empfingen. Einer ruft: "Die verlagern alles nach China und hier wird zugemacht!" Ralf Kühnle, Betriebsratsvorsitzender von Boysen: "Das ist ein Erdbeben, was jetzt überall passiert. Die Arbeitgeber schüren die Angst, wir als Gewerkschafter stehen für Mut!"

Autofahrer zeigen Solidarität

Ceratizit-Betriebsrat Friesinger: "Natürlich haben wir durch die Krise eine Schieflage, dass die alten Zahlen nicht mehr funktionieren. Allerdings müssen die Werke trotz allem zukunftssicher bleiben. Wir wollen Sicherheit, obwohl das Thema Zukunftssicherheit erst in den späteren Verhandlungen thematisiert wird."

Georg Flaigle, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Freudenstadt: "Im Jahr 2010 hat es bei Ceratizit den letzen großen Beschäftigungsabbau gegeben. Die Chefs haben es versäumt, ein Zukunftskonzept zu entwickeln. Deshalb fordern wir als IG Metall, dass wir frühzeitig mitsprechen dürfen, um die Zukunft der Betriebe zu sichern. Außer Abbau nichts tun – das geht gar nicht. Jetzt geht es darum, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen!"

Und diese Stimmung – sie herrscht nicht nur in der Metallindustrie. Ein Teilnehmer hält das Schild: "Ihr seid für uns. Bitte hupen!" am Straßenrand. Das Dröhnen der Hupen – egal, ob aus dem Sattelschlepper oder dem Fiat 55 – signalisiert der Menge der 200, die für ihre Arbeitsplätze kämpfen: "Ihr seid nicht allein!"

Und worum geht es heute in den Verhandlungen? Laut Betriebsrat Friesinger unter anderem um die sogenannte "Rentenbrücke" – also ein Vorruhestands-Angebot für ältere Arbeitnehmer. Friesinger: "Es kann nicht sein, wenn jemand seinen Arbeitsplatz verliert oder freiwillig aufgibt, dass er dann zum Sozialfall wird!"