Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki hat seine Landsleute zur Geschlossenheit im Kampf gegen den Terror aufgerufen. Foto: EPA

Bislang wirkte der irakische Ministerpräsident Al-Maliki eher hilflos im Kampf gegen die Islamistenmiliz Isis. Nun wendet er sich ans Volk. Doch in Bagdad herrscht angesichts der nahenden Gotteskrieger höchste Alarmbereitschaft.

Bislang wirkte der irakische Ministerpräsident Al-Maliki eher hilflos im Kampf gegen die Islamistenmiliz Isis. Nun wendet er sich ans Volk. Doch in Bagdad herrscht angesichts der nahenden Gotteskrieger höchste Alarmbereitschaft.

Bagdad - Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki hat seine Landsleute zur Geschlossenheit im Kampf gegen den Terror aufgerufen. „Wir gehören zu einem Land und einer Religion“, appellierte der Schiit am Samstag in einer Fernsehansprache an Sunniten, Kurden und die irakischen Stammesführer. „Hört nicht auf die, die über Sunniten und Schiiten reden“, sagte er in der zentralirakischen Stadt Samarra, die offensichtlich aus der Gewalt von Isis-Kämpfern zurückerobert wurde. „Von Samarra aus beginnen wir die Schlacht, um den Terrorismus zu besiegen.“ Die sunnitische Terrorgruppe Isis rückt seit Anfang der Woche auf Bagdad vor und brachte mehrere Städte unter ihre Kontrolle, darunter die nördliche Millionenmetropole Mossul. Hunderttausende Iraker sind allein dort auf der Flucht. Insgesamt sind es nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen etwa eine Million. Aus verschiedenen Richtungen wollen Isis-Kämpfer nun Bagdad umzingeln und in die Stadt einrücken. Ziel der Terrortruppe ist ein sunnitischer Gottesstaat vom östlichen Mittelmeer bis zum Persischen Golf. Nach UN-Angaben wurden bei Kämpfen in den vergangenen Tagen mehrere Hundert Zivilisten getötet und etwa 1000 verletzt. In Bagdad wurden die Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Augenzeugen berichteten, Polizei und Militär patrouillierten in den Straßen. Kontrollposten würden aufgebaut.

Der Nahost-Experte Guido Steinberg geht von einem Angriff der Isis auf die irakische Hauptstadt aus. „Es geht Isis auch deutlich um Bagdad“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Organisation werde versuchen, in den sunnitischen Stadtvierteln Fuß zu fassen. In Bagdad dominierten die Schiiten mit Regierungstruppen und loyalen Milizionären. „Da wird Isis nicht Fuß fassen können.“ Steinberg rechnet aber mit schweren Anschlägen auf die Stadt in den nächsten Tagen. Eine schnelle Lösung des Konflikts sei nicht in Sicht: „Von Stabilität darf man in den nächsten Jahren nicht reden“, „Allerdings wird da auch die Grenze der Expansion liegen“, sagte Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

US-Präsident Barack Obama schloss ein Eingreifen amerikanischer Bodentruppen in den Konflikt aus. Washington bereite „andere Optionen“ zur Unterstützung der Iraker vor, sagte Obama in Washington. Die Entscheidung werde aber nicht über Nacht fallen. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, die Optionen umfassten „breitgefächertes militärisches Potenzial“. Sie würden darauf abzielen, „Isis bei ihrem Vormarsch den Schwung zu nehmen und die irakischen Sicherheitskräfte zu stärken“.

Republikaner fordern entschiedenen Obama

Die oppositionellen Republikaner riefen Obama zu einem entschiedeneren Vorgehen auf. John McCain, einflussreicher Senator aus Arizona, drängte Obama zu sofortigen Luftangriffen, um den Vormarsch der Dschihadisten zu stoppen. Der iranische Präsident Hassan Ruhani wies Presseberichte zurück, wonach Al-Kuds-Brigaden in den Kampf gegen Isis in den Irak entsandt worden seien. „Wir werden unseren Nachbarn Irak in jeder Weise unterstützen und beraten, aber eine militärische Beteiligung ist nicht angefordert worden und steht auch nicht zur Debatte“, sagte Ruhani in Teheran.

Der Iran habe keine Truppen im Irak stationiert und werde auch in Zukunft dort keine Truppen stationieren, sagte Ruhani. Die Zusammenarbeit mit dem Irak sei uneingeschränkt, aber im Einklang mit internationalen Gesetzen. Zuvor hatte das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf iranische Sicherheitskreise berichtet, dass der Iran drei Al-Kuds-Bataillone in den Irak geschickt habe. Al-Kuds-Brigaden sind Eliteeinheiten der iranischen Revolutionsgarden.

Nach Medienberichten vom Samstag konnten kurdische und irakische Truppen den Vormarsch von Isis vorerst stoppen. Mehrere Städte, die die extremistischen Kämpfer seit Dienstag erobert hatten, seien wieder befreit worden. So habe die irakische Armee die Städte Samarra und Tikrit unter Kontrolle und fliege Luftangriffe auf Isis-Stellungen in Mossul, berichtete „Al-Sumaria News“.

Kurdische Peschmerga-Truppen hätten die Stadt Dschalula im Ostirak sowie den Grenzübergang zu Syrien, Al-Jarubija, gesichert, meldete die kurdische Nachrichtenseite „Rudaw“. Damit wäre ein wichtiger Versorgungsweg der Isis zwischen Mossul und Nordsyrien blockiert.

Die Vereinten Nationen hatten zuletzt über Massenhinrichtungen durch die selbst ernannten Gotteskrieger im Irak berichtet. UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay teilte mit, allein in einer Straße in Mossul seien 17 Zivilangehörige der Polizei getötet worden. „Ich bin besonders besorgt über die gefährliche Lage von Minderheiten, Frauen und Kindern“, sagte Pillay.