Eine Mitarbeiterin im DKMS Life Science Lab in Dresden arbeitet an der Einsortierung der medizinischen Wattestäbchen mit Zellen der Wangenschleimhaut für den Typisierungsprozess. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/Robert Michael

Eine Wahrscheinlichkeit von 1:10.000 wird oft genannt, wenn es darum geht, wie die Chancen stehen, seinen genetischen Zwilling zu finden. Trotzdem finden viele Blutkrebs-Patienten in Deutschland einen passenden Stammzell-Spender.

Rund 70 neue potenzielle Stammzell-Spender aus Waldachtal haben sich bei der in Tübingen ansässigen DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) registrieren lassen. Selina Weiermann, bei der DKMS verantwortlich für die Rekrutierung von Spendern, erklärt, wie es nach der Aktion in Waldachtal weitergeht und wie die Chancen sind, einen passenden Spender zu finden.

Erleben Sie öfter Erfolge nach großen öffentlichen Aufrufen, sich bei der DKMS registrieren zu lassen?

Zuerst einmal freuen wir uns natürlich sehr über das Engagement der Narrenzunft Lützenhardt und den Einsatz. Unsere Erfahrungen zeigen, dass besonders persönliche Schicksale und Geschichten die Menschen dazu bewegen, sich als Stammzellspenderin oder Stammzellspender zu registrieren. Jeder öffentlicher Aufruf ist daher unterschiedlich und spricht verschiedene Personengruppen an. Toll, dass sich auch am Wochenende wieder weitere 70 Freiwillige registriert haben.

Was geschieht jetzt mit den Proben und wann wird klar, ob eine davon für die Patientin passt?

Die Proben werden durch uns in unser Labor nach Dresden versendet. Dort werden Gewebemerkmale, die Humane Leukozyten-Antigene (HLA), bestimmt. Dabei handelt es sich um Strukturen auf den Oberflächen der Zellen im Körper, anhand derer das Immunsystem zwischen eigenen und fremden Geweben unterscheidet. Wesentlich für den Erfolg einer Transplantation ist die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zwischen Patient und Spender. In unserem Labor werden grundsätzlich zwölf Gewebemerkmale bestimmt, was die Suche nach der optimalen Spenderin bzw. dem optimalen Spender noch zuverlässiger ermöglicht. Die Befunde werden anschließend pseudonymisiert nationalen und internationalen Registern für die weltweite Suche nach geeigneten Stammzellspendern zur Verfügung gestellt. Dieser sehr aufwendige und detaillierte Prozess dauert etwa vier bis sechs Wochen.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in Ihrer Spenderdatei für einen Patienten fündig werden?

Wie viele passende Spenderinnen oder Spender für eine Person in der Datei sind, ist schwer zu sagen. Dies ist immer abhängig von der Zusammensetzung der Gewebemerkmale und deren Seltenheit. Einer von zehn Patienten in Deutschland findet leider keinen passenden Spender oder Spenderin. Die Wahrscheinlichkeit, selbst Stammzellen zu spenden, liegt bei 1 Prozent. Einer aus 100 registrierten Spendern wird daher eines Tages auch tatsächlich spenden.

Vor Kurzem hat die DKMS mitgeteilt, dass rund 125.000 Menschen aus der DKMS aus Altersgründen ausscheiden. Wie wollen Sie jetzt mehr Menschen erreichen?

Die DKMS freut sich über jede neue Registrierung. Besonders aktiv arbeiten wir mit Schulen zusammen, um bereits die jungen potenziellen Spender aufzuklären und als Stammzellpender zu gewinnen. Je jünger ein Mensch zum Zeitpunkt der Registrierung ist, desto länger steht er für den weltweiten Suchlauf zur Verfügung. Jedoch kann man auch als Verein oder Unternehmen aktiv werden und Typisierungsaktionen durchführen. Wir freuen uns hier über jede Anfrage und das Engagement der Bevölkerung.

Welche Personengruppe ist aus medizinischer Sicht besonders geeignet, um Stammzellen zu spenden?

Auch hier gilt: Jeder Einzelne zählt! Da junge, männliche Spender jedoch häufiger für eine Spende angefragt werden, ist für die DKMS diese Zielgruppe besonders wichtig.