Bei den Dreharbeiten zu den Kampagnen-Filmen: Christian Schulze (rechts) von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Pforzheim filmt die Szene. Foto: Polizeipräsidiums Pforzheim

Immer wieder geben sich Betrüger als falsche Polizisten aus. Sie rufen Senioren an, verunsichern diese mit erfundenen Geschichten und gelangen so an deren Vermögen. Mit einer neuen Kampagne wollen das Polizeipräsidium Pforzheim und das Landeskriminalamt für das Thema sensibilisieren.

Nordschwarzwald - Die echte Polizei hat genug: Seit einigen Jahren gibt es das Phänomen, dass sich Betrüger am Telefon als falsche Ordnungshüter ausgeben. Ihre Opfer sind ältere Menschen, ihre Anrufe haben nur ein Ziel: Den Senioren eine Geschichte aufzubinden, die zur Folge hat, dass diese den Betrügern ihre Ersparnisse aushändigen. Zu mehr als 10 000 solcher Fälle ist im vergangenen Jahr allein in Baden-Württemberg gekommen. Der Schaden lag bei rund 10,5 Millionen Euro.

Für die Opfer ist er allerdings noch viel größer als nur der finanzielle Verlust: Ihr einst so tiefes Vertrauen in die echte Polizei ist erschüttert, auch in ihren Familien fehlt oft das Verständnis, wie Oma oder Opa auf so etwas hereinfallen konnten.

Als das sind Gründe für das Polizeipräsidium Pforzheim, in Kooperation mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg die Kampagne "Wir stehen auf gegen falsche Polizeibeamte" zu starten. In fünf Videoclips, die seit Dienstag und noch bis Samstag, jeweils um 8 Uhr, auf diversen Internetplattformen veröffentlicht werden, macht die Polizei auf die Gefahr durch falsche "Kollegen" aufmerksam.

Filme sollen sensibilisieren

Im Mittelpunkt der kurzen Filme stehen ein Großvater und seine Enkelin. Bei dem Opa ist die Sache noch einmal gut ausgegangen, weil er eben nicht auf den falschen Polizisten hereinfiel, der sich wegen eines angeblich drohenden Einbruchs bei ihm gemeldet hatte. Als Darsteller fungieren übrigens ein pensionierter Polizist und Kollegen, die noch im Dienst sind.

Das ist der erste Teil der Videoserie:  Falsche Polizisten, Betrüger, die eine vermeintliche Schocknachricht überbringen, oder der sogenannte Enkeltrick: Die Verbrecher nutzen am Telefon zahlreiche Maschen und vermischen diese, um ans Geld ihrer Opfer zu gelangen. Oliver Hoffmann vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg beobachtet, dass es seit drei oder vier Jahren zu immer mehr solcher Betrugsversuche am Telefon kommt. Typischerweise behaupten die Anrufer, dass beispielsweise das Enkelkind in einen schweren Autounfall verwickelt sei. Bezahlten die Großeltern nicht eine größere Summe – in der Regel mindestens 10 000 Euro – dann komme das Enkelkind nicht mehr frei. Besonders dreist ist die Tatsache, dass die Betrüger unter der Telefonnummer 110 anrufen.

Kooperation mit LKA

Die allerwichtigste Botschaft lautet für Hoffmann deshalb: "Die (echte) Polizei wird niemals unter 110 bei Ihnen anrufen!" Außerdem: "Die Polizei holt niemals Geld oder Wertgegenstände bei Ihnen ab" – genau darauf läuft es bei den Betrugsanrufen jedoch hinaus. Wer solch einen Anruf erhält, für den hat die Polizei einen Rat: Sofort auflegen! Und anschließend die echte Notrufnummer 110 wählen. Wer dann noch mit seinen Angehörigen über den Zwischenfall redet, der hat alles richtig gemacht.

Die Kooperation zwischen LKA und Polizeipräsidium Pforzheim, das nicht nur für die Goldstadt, sondern auch für die Kreise Calw, Enzkreis und Freudenstadt zuständig ist, ist landesweit einmalig. Entstanden ist sie über gute kollegiale Kontakte zwischen den Mitarbeitern der Behörden, gerade im Bereich soziale Medien. Das Präsidium etwa ist auf Facebook und Twitter vertreten. Über ihre Accounts erreicht die Polizei "nahezu alle Zielgruppen", erklärt Dirk Wagner, Pressesprecher in Pforzheim. "Außer die Opfer."

Perspektivwechsel vollzogen

Auch deshalb wollen die Ordnungshüter mit ihrer Kampagne einen Perspektivwechsel vollziehen: Erreicht werden sollen Internet affine 14- bis 59-Jährige. Die wiederum sollen das Thema Anrufe von falschen Polizisten mit ihren älteren Familienmitgliedern besprechen und sie dafür sensibilisieren. Denn gerade, weil Senioren in der Situation eines solches Anrufs oft mit niemanden darüber reden können, fallen sie darauf herein. Die Corona-Pandemie und die damit verbundene soziale Distanz macht das Problem noch größer. Wagners Kollege Christian Schulze bekräftigt darum: "Redet in der Familie drüber, das ist einfach unheimlich wichtig!"

Weitere Informationen:

Hier sind die Videos zur Kampagne zu sehen: Auf Facebook unter lkabw und PolizeiPforzheim; Twitter unter @LkaBaWue und @PolizeiPF; Youtube unter Polizei Baden-Württemberg oder auf der Homepage pppforzheim.polizei-bw.de

Statistik

2020

Im Bereich des Polizeipräsidiums Pforzheim kam es zu 209 Fällen von Anrufen falscher Polizisten. Der Schaden belief sich auf mehr als 92 000 Euro. Dazu kamen 30 Fälle sogenannter Schockanrufe. Bei diesen erbeuteten die Betrüger mehr als 400 000 Euro.

■Landkreis Calw

Insgesamt 170 Fälle von Anrufen falscher Polizisten beziehungsweise von Schockanrufen, 150 000 Euro Gesamtschaden

Kreis Freudenstadt

15 Fälle, 120 000 Euro Schaden

■Enzkreis

15 Fälle, 160 000 Euro Schaden

■Pforzheim

Drei Fälle, 150 000 Euro

(Die Diskrepanz zwischen der Gesamtzahl der Fälle und der Kreisübersicht ergibt sich durch unterschiedliche Erfassungsdaten und zwischenzeitlich neue Erkenntnisse.)

2021

Bis zum Stichtag 31. August erbeuteten Betrüger, die sich als falsche Polizisten ausgaben, im Präsidiumsbereich in 81 Fällen mehr als 209 000 Euro. Dazu kamen 30 Schockanrufe, bei denen die Opfer insgesamt sogar 420 000 Euro verloren.