Das Konzert des Stuttgarter Kammerorchesters bescherte dem Publikum einen exzellenten Musikgenuss und sorgte für Staunen, Verwunderung und frenetische Applaus-Ausbrüche in der Altensteiger Stadtkirche.
Das traditionsreiche, 1945 gegründete Ensemble besteht aus 18 hochkarätigen, äußerst motivierten Streichern, die als Musikbotschafter auf Tourneen rund um den Globus und im Umland oft unterwegs sind. In Altensteig präsentierten sie ein faszinierendes Programm, in dem der Solo-Bratschist Manuel Hofer in doppelter Rolle als Solist und Ensemble-Leiter auftrat.
Einen Vorgeschmack auf die sagenhafte Gesamtleistung brachte die Aufführung des minimalistisch besetzten 6. Brandenburgischen Konzerts von Johann Sebastian Bach für zwei Violen und Basso continuo. Hinreißende Leidenschaft, gläserne Klangtransparenz, Reichtum der Dynamik und solistische Sensibilität – die zweite Solo-Viola spielte Kamila Mayer-Maslowska – veranschaulichten das interpretatorische Konzept der Darbietung.
Zuhörer lauschen atemlos
Atemlos lauschten die Zuhörer dem bewegenden Bratsche-Gesang in „Flow my tears“ des elisabethanischen Lautenisten und Zeitgenossen von William Shakespeare John Dowland. Etwa 350 Jahre später blühte die Schönheit der zeitlosen Lyrik in den Variationen „Lachrymae“ von Benjamin Britten wieder auf – und das von Hofer angeführte Kammerorchester verblüffte abermals mit Präzision der Tongebung, kontrastierenden Klangfarben und einer unter die Haut gehenden Expressivität.
Wie in den vorhergehenden Werken stand die Viola auch in der „Trauermusik für Viola und Streichorchester zum Tod von König Georg V“ von Paul Hindemith im Vordergrund und auch hier integrierte sich ihre samtige und satte Stimme in das homogene und ausgewogene, mit Emotionen durchtränkte Klangbild.
Sänger der Kantorei dabei
Dem von der Professor- Engler-Stiftung organisierten Konzert schlossen sich einige Sänger von der Christophorus-Kantorei und unter der Leitung von Michael Nonnenmann an und ergänzten das Programm mit Bachschen Chorälen. Noch diese Woche bricht der Chor nach Spanien zu einer zweiwöchigen Konzertreise auf. Auf dem Plan stehen unter anderen Auftritte in Burgos, Barcelona, in der Nähe von Madrid und unterwegs in französischem Bordeaux.
Nach der Pause verwöhnten die Stuttgarter das Publikum mit einer fesselnden Interpretation des Streichquartetts Nr. 3 KV 515 von Wolfgang Amadeus Mozart. In vervielfachter Stimmen-Besetzung streifte die fragile Musik den Rokoko-Puder ab und bekam die Kraft einer Streicher-Symphonie, in der ungezügelte Vitalität in Verbindung mit extrem differenzierter Dynamik spontan und zugleich elegant wirkte.
Zum letzten Mal an diesem Abend bewunderten die Zuhörer den makellos ziselierten Klang im symbiotischen Zusammenspiel und die musikalische Intuition der Instrumentalisten. Nach einem lang anhaltenden Schlussapplaus im Stehen ging das Konzert unwiderruflich zu Ende.
Hinter den Kulissen
Das Konzert kam zustande dank dem unermüdlichen Einsatz des Altensteiger Rechtsanwalts und Mitbegründers der Professor-Engler-Stiftung-Musikbildung, Christian Heieck.
Die Stiftung ist eine Gründung des verstorbenen Stuttgarter Professors für das Bibliothekswesen, Klaus Engler. Sein Nachlass wurde von ihm unter Mitwirkung von Heieck in eine Stiftung eingebracht, die verschiedene Aktivitäten auf dem Gebiet der Musik in und für die Stadt Altensteig entfaltete. Sie ist Trägerin der Stiftungsbibliothek, einer der feinsten privaten Musikbibliotheken Baden-Württembergs.
Die Professor-Engler-Stiftung-Musikbildung veranstaltete in Nachfolge ihres Gründers, Jörg Wieber, viele Jahre lang die Altensteiger Meisterkonzerte, bei denen herausragende Künstler von nationalen und internationalen Rang zu Gehör kamen.