Ein französisches Gericht hat den 76-Jährigen am Samstag zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Paris - Ein französisches Gericht hat den deutschen Arzt Dieter K. für schuldig gesprochen, seine Stieftochter Kalinka 1982 getötet zu haben. Er habe der damals 14-Jährigen vorsätzlich Gewalt angetan und so unbeabsichtigt deren Tod verursacht.

Dieter K. will in Berufung gehen

Das Gericht in Paris verurteilte den heute 76 Jahre alten Mann am Samstag zu 15 Jahren Haft. Zudem soll er insgesamt 400.000 Euro an Hinterbliebene zahlen. Als erschwerende Umstände sah das Gericht die Minderjährigkeit von Kalinka und ihr Abhängigkeitsverhältnis zu Dieter K. an.

Der Anwalt von Dieter K., Yves Levano, kündigte an, sofort Berufung gegen das Urteil einzulegen. "Wir sind enttäuscht, das ist sicher", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Aber der Fall werde weitergehen. Das Gericht gab Dieter K. für die Berufung zehn Tage Zeit. Die Verteidigung hatte einen Freispruch für den Arzt gefordert, der aus dem Kreis Lindau am Bodensee stammt.

Die drei Richter und neun Geschworenen folgten mit dem Urteil im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft, die 15 Jahre Haft für Dieter K. gefordert hatte. Staatsanwalt Pierre Kramer war in seinem Plädoyer davon ausgegangen, dass Dieter K. geplant habe, seine Stieftochter zu vergewaltigen. Um sie gefügig zu machen, habe er ihr Beruhigungsmittel gespritzt - die Medikamente hätten das Mädchen jedoch getötet. Dieter K. habe sich der vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht, ohne dass ein Tötungsvorsatz vorgelegen habe, hatte Kramer in seinem Plädoyer gesagt.

Bamberski ließ Arzt 2009 nach Frankreich entführen

Kalinka hatte im Sommer 1982 mit ihrer Mutter Danielle Gonnin im Haus von Dieter K. am Bodensee gelebt. Das Mädchen war an Erbrochenem erstickt und hatte mehrere Einstiche am Arm.

Der leibliche Vater von Kalinka, der heute 74 Jahre alte Franzose André Bamberski, hatte Dieter K. vorgeworfen, seine Tochter 1982 vergewaltigt und mit einer Spritze getötet zu haben. Nachdem in Deutschland ein Ermittlungsverfahren gegen Dieter K. eingestellt worden war und die Bundesrepublik den Arzt nicht an Frankreich auslieferte, hatte Bamberski den Arzt 2009 nach Frankreich entführen lassen.

Die Richter und Geschworenen des Gerichts waren nach zuletzt dreieinhalbstündiger Beratung am Samstagabend zu ihrer Entscheidung gelangt, die mehrheitlich fiel. Dieter K. soll demnach zudem jeweils 100.000 Euro an Bamberski und Gonnin für die moralischen Schmerzen durch den Tod ihrer Tochter zahlen. Zusätzlich soll er Bamberski etwa 200.000 Euro wegen des Einkommensausfalls geben, den dieser erlitten habe, um den Fall vor Gericht zu bringen.

Nach dem Urteil sagte Dieter K.: "Ich möchte nochmals beteuern, dass ich total unschuldig bin und ich finde die Forderung nach dem Geld unakzeptabel." Weder er noch seine Familie werde den Betrag zahlen.

Vergewaltigung schwer nachzuweisen

Bamberski fand es nach eigenen Worten etwas frustrierend, dass Dieter K. nicht wegen Mordes verurteilt worden sei. Er wolle die Entscheidung aber nicht kritisieren. Staatsanwalt Kramer hatte vor dem Urteil gesagt, das Schwerste in dem Prozess sei, eine Vergewaltigung nachzuweisen. Ohne den Beweis, dass Dieter K. Kalinka vergewaltigt habe oder dies versucht habe, sei die Hypothese, dass er die Tat mit einem Mord vertuschen wollte, nicht haltbar.

Dieter K. war bereits 1997 in Deutschland wegen einer Sexualstraftat verurteilt worden. Ein Gericht verhängte damals eine zweijährige Bewährungsstrafe, weil er eine 16-Jährige betäubt und vergewaltigt hatte.

Die Verteidigung von Dieter K. hatte im Vorfeld des Prozesses vergeblich argumentiert, dass er widerrechtlich in Frankreich sei und dort nicht für etwas verurteilt werden könne, für das er in seiner Heimat nicht belangt werde. Doch Kalinka war französische Staatsbürgerin - und damit sah sich Frankreichs Justiz zuständig.