In der Kippenheimweilerer Kaiserswaldhalle führten der Heimatverein und die Theatergruppe "Fünf Szenen einer Eingemeindung" auf: Der ehrenamtliche Bürgermeisterstellvertreter Bernhard Schell (Mitte, mit Glocke) berät mit Vertretern der Vereine über die Lahrer "Geschenke", OB Philipp Brucker (gespielt vom Dinglinger Walter Blum) stellt sich den Fragen der Bürger. Foto: Baublies

Sollte Wylert vor 50 Jahren ein Teil der Stadt Lahr oder der Gemeinde Kippenheim werden? Am Samstagabend haben Akteure der Laienspielgruppe sowie des Vereins für Heimatpflege und Ortsgeschichte "Fünf Szenen einer Eingemeindung" aufgeführt.

Kippenheimweiler. Die Szenen umrahmte ein Liebespaar aus Kippenheim und Wylert. Sie haben sich vor der Eingemeindung heimlich getroffen und heute, mehr als 50 Jahre nachdem Kippenheimweiler ein Teil der Stadt Lahr geworden war, finden die Senioren ihre Bank des Stelldicheins wieder. Sie sind glücklich, alles hatte seine Richtigkeit.

Dass das Thema vor mehr als 50 Jahren mehr als "viel Lärm um nichts" war, führten die drei Szenen zwischen dem Stelldichein vor. Carmen Blümle stellte die ehemalige Dorfschullehrerin Annemarie Kittler dar. In der Rolle moderierte sie die Szenen und gab den Gästen in der voll besetzten Halle immer einen kurzen Überblick.

So traf sich damals der ehrenamtliche Bürgermeisterstellvertreter Bernhard Schell mit Vertretern der Wylerter Vereine, um über die "Hochzeitsgeschenke" der großen Kreisstadt Lahr zu beraten. Max Zipf, der Bürgermeister von Kippenheimweiler, war kurz davor bei einem Unfall ums Leben gekommen. Bei den meisten Versprechen der Stadt waren sich alle einig. Nur das Wasser aus Lahr, das wollte zuerst kaum jemand. In der vierten Szene stellte sich OB Philipp Brucker (gespielt vom Dinglinger Walter Blum) den Fragen der Bürger. Viel Beifall gab es, als Brucker versprach, dass die "Lohrer" ihre Versprechen halten würden.

Kippenheimweiler wurde bekanntlich ein Teil der Stadt Lahr. Bei einer Befragung der Einwohner stimmten etwa 90 Prozent für den Anschluss nach Lahr und der Gemeinderat war derselben Meinung. Eberhard Roth, lange Jahre Ortsvorsteher von Wylert moderierte nach dem Theater eine Gesprächsrunde mit den Zeitzeugen Konrad Schneble, Klaus Hockenjos und Thomas Schneble. Sie waren alle Ortschaftsräte und als Vertreter des Lahrer Ortsteils auch im Gemeinderat. Einig waren sich alle, dass der Entschluss der Wylerter, ein Teil der Stadt Lahr zu werden, auch aus heutiger Sicht absolut richtig war.

Nach dieser Einigkeit der Zeitzeugen beantworteten Matthias Gutbrod, heute Bürgermeister von Kippenheim, und der Lahrer Baubürgermeister Tilman Petters Fragen des Moderators. Gutbrod, Jahrgang 1981, kannte die Geschichte der Eingemeindung nur aus den Erinnerungen der Älteren. Er lobte aber den heutigen "respektvollen und freundlichen Umgang" untereinander.

Petters erinnerte daran, dass die Eingemeindung eine rein organisatorische Angelegenheit gewesen war. Die Frage nach der Heimat, "wo gehöre ich hin", lasse sich davon völlig losgelöst betrachten. Dem schloss sich Katja Fässler von den Landfrauen in Wylert an. Sie kam am 3. Januar 1972 auf die Welt und war somit das erste Lahrer Kind in Wylert. Fässler ist seit dem Jahr 2020 die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Maria Frieden in Kippenheim. Die Kontakte, das sagen alle Zeitzeugen unisono, zwischen Lahr, Wylert und Kippenheim seien heute gut.

Die erste Erwähnung von Kippenheimweiler stammt aus dem Jahr 1365. Das Dorf wurde von Kippenheim aus gegründet: Weiler von Kippenheim. Im Jahr 1417 heißt der Flecken "Wilre", im Jahr 1462 "Kippenwiler" und gehörte weiter zu Kippenheim. Erst im Jahr 1805 wurde die Gemeinde selbstständig. Daher gab es bei der Eingemeindung 1972 tatsächlich die Wahl zwischen Lahr und Kippenheim. Heute teilt Wylert weiterhin eine Telefonvorwahl mit Kippenheim und gehört zur katholischen Gemeinde Maria Frieden, ebenfalls in Kippenheim.