Der berühmte Christoph Sonntag-Kranich nimmt die Bühne ein. Foto: Morlok

Zwei Stars des schwäbischen Kabaretts sorgen in Horb für einige lustige Aha-Effekte: Doris Reichenauer und Christoph Sonntag.

Horb - "Hallo Horb – ihr seit Rekordhalter! Im Verschieben von Veranstaltungen!"

Mit dieser Feststellung begrüßte "Dui do", Doris Reichenauer (oder ist sie "de Sell"?), vom gleichnamigen schwäbischen Comedian-Duo die Gäste in der gutbesetzten Hohenberghalle. Und sie hatte damit gar nicht so unrecht. Manche Kartenbesitzer hatten ihre Tickets bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie gekauft und sie seitdem am Pin-Brett am – (nicht im) – Kühlschrank oder in der Schublade aufbewahrt.

Und fast hätte man auch diese Veranstaltung, die zusammen mit dem Schwarzwälder Bote veranstaltet wurde, absagen müssen, denn Petra Binder, die andere Hälfte von "Dui do on de Sell" ist vor ein paar Wochen überraschend erkrankt und befindet sich derzeit in Reha.

Die Frage nach etwa sieben Bier

Nun war guter Rat teuer und der Zufall musste helfen. Die beiden schwäbischen Hausfrauen machen mit dem Stuttgarter Kabarettisten Christoph Sonntag die Sendung "Das jüngste Gerücht", die wegen dem "beschissenen Ukrainekrieg" – wie es Sonntag nannte – ebenfalls bereits dreimal verschoben werden musste, und Doris Reichenauer fragte ihren Kollegen nach geschätzten sieben Bier, ob er nicht zusammen mit ihr ungeprobt in Althengstett auftreten würde. Gesagt getan und so wollte es der Zufall, dass die sogenannten Hoheiten des schwäbischen Kabaretts gemeinsam auftraten. Viel proben mussten die beiden dafür nicht, denn der eine saß am Tisch, während der andere eine Art Soloprogramm bot. Und dies abwechselnd.

Frau Reichenauer, ausgestattet mit viel Bling-Bling und poppigem Hosenanzug, stellte gleich von vorneweg fest, dass sie die Schnauze voll habe von Corona. "Das mit der Maske ist gefährlich", erklärte sie und berichtete, dass sie deshalb neulich im Rewe einen falschen Mann mit nach Hause genommen habe. "Aber das war kein schlechter Tausch, der war jünger und sah besser aus als mein Dieter. Leider wollte er aber nicht bleiben", bedauerte sie.

Ehemann nervt beim Einkaufen

Apropos Dieter. Der sei jetzt Vollzeitrentner und ginge ihr voll auf die Nerven. "Eingekauft wird nur noch nach Durchsicht der täglichen Prospekt-Lawine und der Wagen wird nach dem Wege-System der Einkaufs-App durch den Laden geschoben", stöhnte sie von der Bühne herunter, und die Damen im Publikum stöhnten aus Erfahrung mit. Auch habe sich der Dieter einen Aufsitzrasenmäher gekauft und mähe nun die Grünflächen in der ganzen Siedlung. Besonders gerne die der jungen Hausfrauen, die sich im Bikini im Garten sonnen. "Dann schielt er unter seiner überdimensionalen Sonnenbrille unten durch und denkt, ich sehe das nicht. Aber was der in anderen Gärten sieht, das muss ich Zuhause schon nicht mehr zeigen", tröstete sie sich und kam zu der Erkenntnis: "Wenn der Vogel he isch, kannst du den Käfig ruhig offenlassen."

Sie erzählte weiter von Männern, die ihre Frauen beim Schrott-Wichteln gewonnen haben, von Waschmaschinen, die selbst einparken, vom Postboten im Homeoffice, der anruft, wenn was Wichtiges im Brief drinsteht, und von ihrem Sohn Kevin, der nach alter Skilehrer-Manier gerne zwei Schnallen klarmacht und die mütterliche Fürsorge so gar nicht mag, sie aber immer wieder in geballter Form erleben darf. Es sind halt Geschichten, die das Leben schreibt und die für den Aha-kenn-ich-Effekt im Publikum sorgen. Ein Publikum, dass sich prächtig amüsierte.

Tücken der Familien-Quarantäne

Und dazu trug auch Christoph Sonntag einen erheblichen Teil bei. Was er mit seiner Zufalls-Partnerin bot, das war abwechselnde Stand-Up-Comedy in seiner ganz feinen Form.

Auch er erlebte zu Corona-Zeiten Kurioses. "Wir mussten in Familien-Quarantäne. Da lebt man plötzlich mit Leuten zusammen, die man gar nicht kennt und nach zwei Wochen auch nicht mehr kennen will", war eines seiner prägenden Erlebnisse. Mit den Smartphones steht er irgendwie auf Kriegsfuß, wie er berichtete. "Du kannst heutzutage keines deiner Kinder mehr im Wald aussetzen – die finden mit der Navi-App wieder zurück", bedauerte er und erinnerte sich an die Zeiten zurück, als es noch Walkie-Talkies gab, mit denen man die Mama anfunken konnte, wenn der schwarze Bär kam. "Heute laufen die Leute mit ihren Smartphones herum, als wären das Ritter-Sport-Schoko-Tafeln, in die sie gleich reinbeißen wollen." Auch das Thema "Bluetooth" ist für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. "Ich soll mein Handy mit dem Kopfhörer paaren – ja wie geht das denn? In der Nachttischschublade? Und wer liegt oben?" – Fragen, die unbeantwortet blieben, jedoch für Lachsalven sorgten.

"Päppen heißt von selber heben"

In eine Halle voller Aborigines, sprich Schwaben, haben sich auch ein paar "Auswärtige" verirrt. Eine Dame aus Hamburg wurde von Sonntag gefragt, ob sie den Begriff "päppen" verstehe. "Päppen heißt von selber heben" wurde sie aufgeklärt. Zudem erfuhren sie und der Rest der Besucher, dass Tonic ohne Alkohol ginlos ist und das Wort "Hipster" nichts anders als "Seggel" bedeutet.

Als sich Christoph Sonntag auf Anraten seiner Tochter eine moderne Frisur (Pferdeschwänzchen) aufs Haupt zauberte und dieses Bild im Internet auftauchte, war jemand der Meinung, endlich die Mutter von Conchita Wurst entdeckt zu haben, lautete eine andere Anekdote aus dem reichen Fundus von Sonntag.

Die Besucher liebten diese Art des Humors, sie waren froh, endlich wieder Kabarett und gute Unterhaltung live erleben zu können. Sie dankten es den beiden Künstlern mit viel Applaus. Ein Applaus, der von Doris Reichenauer und Christoph Sonntag zurückgegeben wurden, die sich so für den Besuch in der Horber Hohenberghalle bedankten.