Die Vorfälle in der JVA Bruchsal bringen jetzt auch Justizminister Stickelberger in Bedrängnis. Foto: dpa

Das Gefängnis Bruchsal kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nach zwei Todesfällen zeugt nun ein makabrer Scherz von einem seltsamen Korpsgeist unter den Bediensteten.

Bruchsal - Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) gerät wegen fragwürdiger Vorgänge im Gefängnis Bruchsal in Bedrängnis. CDU-Justizexperte Bernhard Lasotta bemängelte am Montag in Stuttgart, der Minister habe verschwiegen, dass im Herbst 2013 gegen zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Disziplinarstrafen verhängt wurden, weil sie Gefangene verhöhnten. Die FDP deutete eine Rücktrittsforderung an Stickelberger an. Die JVA Bruchsal steht seit dem Sommer im Fokus von Ermittlern und Öffentlichkeit, weil ein Häftling in Einzelhaft gestorben war. Die Opposition wirft dem Justizminister eine Salamitaktik bei der Aufklärung vor.

Nach einem „Spiegel“-Bericht hatten sich Mitarbeiter einen makabren Scherz erlaubt: Ein Bediensteter habe den anderen in ein gestreiftes Häftlingskostüm gesteckt, den Kollegen „einvernehmlich“ an eine Heizung gekettet, den Mund zugeklebt und ihm schwarze Schuhcreme auf Stirn und Kopfhaut geschmiert. Kollegen hätten Fotos gemacht. Eine Sprecherin Stickelbergers bestätigte die Disziplinarvergehen am Montag. Zwei Mitarbeiter hätten Geldbußen von je 1000 Euro gezahlt.

Unterdessen dauern die Ermittlungen wegen des in Einzelhaft gestorbenen Häftlings an. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe untersucht den Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen den vorläufig suspendierten Anstaltsleiter und eine Ärztin. In der vergangenen Woche wurde ein zweiter Todesfall bekannt - der Häftling hatte wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten. Auch hier laufen die Untersuchungen noch, unter anderem zu der Frage, ob dem Mann rechtzeitig medizinisch geholfen wurde.

Lasotta warf Stickelberger vor, den „schwerwiegenden Vorfall“ mit den Bediensteten bei der Beantwortung eines parlamentarischen Antrags der CDU-Fraktion und auch bei der Befragung im Ständigen Ausschuss des Landtags verschwiegen zu haben. „Die scheibchenweise Information an das Parlament verhindert die Aufklärung.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte Stickelberger auf, zu den neuen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die im „Spiegel“ beschriebenen Vorgänge wiesen auf einen ausgeprägten Korpsgeist unter den JVA-Bediensteten hin. „Ein Justizminister, der nur immer genau das einräumt, was ohnehin herausgekommen ist, kann auf Dauer nicht im Amt bleiben.“

Eine Sprecherin Stickelbergers wies die Vorwürfe zurück. „Dem Disziplinarvergehen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal vom Ende vorigen Jahres wurde nachgegangen, wie es im Landesdisziplinargesetz vorgesehen ist.“ Grundsätzlich seien Anstaltsleiter für Disziplinarverfahren innerhalb von Justizvollzugsanstalten zuständig. „Das Justizministerium kann in Einzelfällen Verfahren an sich ziehen. Im konkreten Fall wurde das Verfahren vor Ort geführt, das geschah jedoch in enger Abstimmung mit dem Ministerium“, sagte die Sprecherin. Ein Zusammenhang zwischen dem Tod des Gefangenen Anfang August und dem Disziplinarvergehen der beiden Mitarbeiter sei nicht zu erkennen.