Doping ist in Deutschland verboten. Foto: Markus Mainka - stock.adobe.com/Markus Mainka

Nicht die stärkste Idee hatte ein Hobby-Bodybuilder aus Balingen: Im Internet bestellte er sich Anabolika. Das Paket erregte beim Zoll Aufmerksamkeit. In der Speisekammer des Mannes entdeckten die Ermittler erhebliche Mengen an Dopingmitteln. Dafür musste er sich nun vor dem Balinger Amtsgericht verantworten.

Die Staatsanwältin musste sich durch eine lange Liste mit Zungenbrechern quälen, als sie die Anklageschrift verlas: Was bei dem 31-jährigen Mann in der Speisekammer gefunden war, hörte sich fast an wie die Inventarliste einer gut gefüllten Apotheke. Allein: erlaubt sind weder der Besitz, noch die Einnahme dieser Anabolika und Steroide.

 

Warum er die Mittel aus Spanien bestellt hatte? Der Deutsche nahm an sogenannten semi-professionellen Bodybuilding-Wettbewerben teil. Dort werde explizit darauf hingewiesen, dass die Veranstalter keine Dopingtests durchführen würden, erklärte der Angeklagte. „Da dopen alle, das ist ein offenes Geheimnis.“

Testosteron habe er seit 2021 durchgehend eingenommen, in den Vorbereitungsphasen für die Wettbewerbe dann auch Wachstumshormone zur Fettverbrennung und Substanzen zur Muskelhärtung. Durchaus mit sportlichem Erfolg: In seiner Wohnung fanden die Ermittler etliche Pokale. „Das war eine gute Saison“, bilanzierte der Mann, der mit gleich zwei Verteidigern vor Gericht erschienen war.

Das „System Steroide“ funktionierte bis zum Januar vergangenen Jahres. Dann tauchten Ermittler des Zolls bei der Arbeitsstätte des Mannes auf – dieser arbeitet im Gesundheitswesen. Sein Chef sei davon alles andere als begeistert gewesen. In der Wohnung des Balingers fanden die Beamten fast 60 Mal mehr verbotene Substanzen, als toleriert werden. Der 31-Jährige hätte damit handeln können ob der schieren Menge, so die Staatsanwältin.

„Das war ein kalter Entzug“

Der Schock über die Durchsuchung und Beschlagnahmung scheint bei dem jungen Mann Wirkung gezeigt haben. Seit jenem Tag habe er nichts mehr eingenommen. „Das war ein kalter Entzug“, berichtete er im Gerichtssaal. Er habe Depressionen bekommen und zehn Kilo Muskelmasse verloren. Halt gegeben habe ihm in jener Zeit sein Beruf, der für ihn Berufung sei: „Ich will den Menschen helfen, gesund zu werden.“

Dass sein eigenes Handeln alles andere als förderlich für die Gesundheit war, sei ihm damals bewusst gewesen. Allerdings sei es in der Szene, in der er sich bewegt habe, ganz normal gewesen, derlei Mittel zu schlucken. „Ich habe komplett damit gebrochen, die Szene schmeißt einen raus.“

„Mein Mandant ist eine absolut ehrliche Haut“

Die Anwälte legten Berichte von regelmäßigen Urinkontrollen in einem Labor vor. Der Mann ist tatsächlich seit einem Jahr „sauber“ und fühle sich nach eigenem Bekunden heure besser und ausgeglichener. Auch habe er Kontakt zu einem Veranstalter, der ihn für Vorträge buchen wolle. Thema: Weg vom Doping.

In einem ersten Strafbefehl forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstraße von 18 000 Euro, mit den angesetzten 150 Tagessätzen wäre der Mann vorbestraft gewesen. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt, weswegen nun in Balingen verhandelt wurde.

„Mein Mandant ist eine absolut ehrliche Haut“, so der Verteidiger, er habe den Beamten sogar bereitwillig geholfen bei der Durchsuchung. „Das wünscht sich eigentlich kein Anwalt.“Sein Mandant habe sich gefangen und zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, mit den Medikamenten zu handeln. Höchstens 90 Tagessätze halte er für angemessen.

Die Urteilsfindung war nicht einfach

Ganz einfach war die Urteilsfindung für die Richterin nicht – für die Berufsgruppe des Mannes gäbe es keine gesetzlichen Leitlinien für Höhe und Anzahl der Tagessätze, nach denen sich die Gesamtstrafe errechnen ließe. Klar sei, dass der Angeklagte die Mengen erheblich überschritten habe und deswegen der ursprüngliche Strafbefehl angemessen sei.

Allerdings ließ sie Milde walten und setzte 90 Tagessätze fest. Einen Tagessatz mehr und der Mann wäre vorbestraft gewesen. Das wäre einem Berufsverbot gleich gekommen. 9900 Euro muss der Balinger bezahlen. „Bei einer zweiten Anklage stehen Sie vor einem beruflichen Scherbenhaufen“, gab sie dem Mann mit auf den Weg.

Das will der Gesetzgeber

Das Anti-Doping-Gesetz
vom 10. Dezember 2015 dient der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im Sport. Mit ihm sollen Gesundheit, Fairness und Chancengleichheit für die Athleten gesichert und die Integrität des Sports gefördert werden.

Anabole Substanzen
sind sogenannte Steroidhormone, die vom Sexualhormon Testosteron abgeleitet sind. Beispiele auf der Verbotsliste sind Nandrolon und Stanozolol, aber auch das Asthmamedikament Clenbuterol.