Bayern-Trainer Jupp Heynckes Foto: dapd

Kampfansagen kommen vom Bayern-Trainer vor dem Duell gegen den alten Rivalen nicht.

Stuttgart - Kampfansagen kommen ihm vor dem Duell gegen den alten Rivalen nicht über die Lippen. Und vorlaute Sprüche sind ihm ein Graus. Doch Karl Valentin würde sagen: Gewinnen täte er schon gern möchten. "Es wird eng", sagt Jupp Heynckes, "aber wir wollen als Herbstmeister in die Winterpause gehen."

Vor Mitleid mit dem großen FC Bayern in Tränen zu zerfließen wäre gewaltig übertrieben. Aber permanent unter der Beobachtung von Konkurrenten zu stehen, die einem das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnen, ist auch nicht das reine Vergnügen. Der FC Bayern hat gelernt, damit zu leben. Das verdient Respekt. Doch irgendwie scheint es neuerdings, als habe sich das tosende Meer um den Leuchtturm der deutschen Fußball-Herrlichkeit in eine sanft plätschernde See verwandelt. Ein harmloses Grippevirus von Arjen Robben dominiert seit Tagen die Schlagzeilen, und der Münchner Boulevard diskutiert bevorzugt darüber, ob die Skijägerin Magdalena Neuner demnächst die Marketing-Abteilung des Clubs verziert. Selbst die Pleitenserie gegen Hannover, Dortmund und Mainz produzierte nicht die sonst üblichen apokalyptischen Reflexe. Es ist das Paradies auf Erden.

"Es ist doch ganz normal, dass eine Mannschaft im Verlauf einer Saison auch mal eine kleine Leistungsdelle erlebt", sagt Jupp Heynckes (66). Gefallen hat das dem Trainer natürlich nicht. Aber erfahren wie der gebürtige Gladbacher ist, hat er aus dem Tief nicht das gemacht, was es beim FC Bayern ansonsten schnell geworden wäre: ein Drama. Geduldig wie ein Hütehund hielt er seine Herde zusammen. Und schon beim 4:1 gegen Werder Bremen gab sie eine Antwort, die keine Fragen mehr offenließ. Der FC Bayern ist wieder Tabellenführer, zwar nur mit einem Pünktchen Vorsprung, aber das reichte dem mächtigen Präsidenten Uli Hoeneß, um Mannschaft und Trainer die Note 1,5 für die Hinrunde zu erteilen. Auch im DFB-Pokal sind die Bayern noch am Start, und durch die Gruppenphase der Champions League marschierten sie mit der Leichtigkeit des Überlegenen.

"VfB kann den Einzug in die Europa-Liga schaffen"

"Ich habe eine Mannschaft mit einem tollen Charakter, das sind lauter super Fußballer", sagt Heynckes. Er weiß allerdings, dass mit der Klasse des Personals allein noch keine Mannschaft Meister geworden ist. "Es ist wichtig, dass sich ein Profi immer wieder auf das Entscheidende fokussiert, dass er sich zu hundert Prozent auf die nächste Partie konzentriert", sagt Jupp Heynckes. Und deshalb redet er vom VfB Stuttgart wie von einer Mannschaft, die seinen Bayern den kommenden Sonntagabend gründlich verderben könnte. Im vergangenen Jahr, so erinnert er sich, habe man zwar kurz vor Weihnachten zweimal in Stuttgart (5:3/6:3 im Pokal) gewonnen, "aber die Ergebnisse waren eindeutiger als der Spielverlauf". Das will er durchaus als Warnung an seine Helden verstanden wissen.

Früher nannte er den VfB Stuttgart einmal eine "Euphoriemannschaft". Das sei zwar schon ein paar Jahre her, sagt der Bayern-Trainer, aber aus seiner Stimme klingt noch immer eine ordentliche Portion Respekt. Er ist sicher: "Der VfB Stuttgart kann den Einzug in die Europa-Liga schaffen." Bruno Labbadia sei ein akribischer Arbeiter. Und der Stuttgarter Kollege, schätzt Heynckes, werde eine laufstarke und kämpferisch überzeugende Elf ins Duell schicken. Heynckes ist sicher: "Mit dem Publikum im Rücken wird sie einen sehr emotionalen Fußball spielen."

Andererseits ist der FC Bayern nicht der FC Giesing. Die Mannschaft, das hat diese Saison gezeigt, genügt an guten Tagen allerhöchsten Ansprüchen. "Ich hoffe, dass wir in Bestbesetzung antreten können", sagt Heynckes, "dann verfügen wir auch über die spielerischen Mittel, um das Spiel für uns zu entscheiden."

Die Grippeviren von Arjen Robben und Toni Kroos haben sich inzwischen den Antibiotika ergeben, auch die leicht erkälteten Matadore Thomas Müller und Mario Gomez werden sich bis zum Sonntag wohl erholen. Der Bayern-Coach hofft, dass Gomez dabei sein kann. "Es ist der Club, bei dem er seine ersten Schritte als Profi gemacht hat", sagt Jupp Heynckes, "das motiviert besonders."