Wenn Mama Julia Béraud als Hebamme abends Hausbesuche macht, dann bleibt ihre kleine Tochter Maria beim Papa. Foto: Rademacher

Jeder Mutter steht im Rahmen der Hebammenhilfe eine Wochenbettbetreuung zu. Doch was nützt Frauen dieses Anrecht, wenn sie keine Hebammen finden? So müssen viele Frauen ohne diese Hilfestellung leben.

Bräunlingen - Dem möchten zwei Hebammen aus Bräunlingen nun mit dem Angebot einer Wochenbettambulanz entgegenwirken. Selina Mühlbauer ist gebürtige Bräunlingerin. Ihr Entschluss, Hebamme zu werden, geht bereits auf die Grundschulzeit zurück, als ihr kleiner Bruder geboren wurde. Ihre Ausbildung hat sie im Villinger Krankenhaus absolviert. Im Kreißsaal des Schwarzwald-Baar-Klinikums sammelte sie ihre ersten Berufserfahrungen und blieb dort bis zur Geburt ihres ersten von drei Kindern. Seit 2015 ist sie freiberuflich tätig.

Julia Béraud wuchs in Ibbenbüren bei Rheine auf. Als sie dann als Zwölfjährige einen Vortrag über Hebammen besuchte, stand ihr Berufswunsch fest. Sie arbeitete in einem Krankenhaus in der Lüneburger Heide, in einem Privatspital in Zürich und dem Hebammenhaus in Villingen. Seit der Geburt ihres ersten Kindes 2015 hat Béraud keine Geburtshilfe mehr gemacht.

Mangel an Hebammen in ganz Deutschland

Heute gibt es einen akuten Mangel an Hebammen in ganz Deutschland, sagen die beiden Bräunlingerinnen. Die meisten blieben nach der Ausbildung nur fünf Jahre im Beruf, gäben ihn auf oder wechselten. Mitunter seien die Arbeitsbedingungen schlecht und die Bezahlung zu gering, ähnlich wie bei den Pflegekräften. Zudem hätten viele Hebammen im Städtedreieck kleine Kinder und könnten nicht voll arbeiten, so wie auch Selina Mühlbauer und Julia Béraud.

Hinsichtlich der Versorgung mit Hebammen gibt es von Seiten der Krankenkassen widersprüchliche Aussagen. Während die Pressestelle der AOK Baden-Württemberg auf eine stabile Anzahl an freiberuflichen Hebammen im Land hinweist und lediglich lokale Engpässe einräumt, bestätigt Michael Braun, Vorstand der BKK Rieker in Tuttlingen die Einschätzung der beiden Hebammen in vollem Umfang. "Es gibt definitiv eine Not und das ist nicht gut. Jetzt stellt sich die Aufgabe, mit wenigen Hebammen viele Frauen zu betreuen. Dass ist eine sehr schwierige Situation", sagt er. Deshalb wollen die beiden Bräunlinger Hebammen einen kleinen Beitrag leisten. Die Idee einer Wochenbettambulanz wurde bei einem Hebammen-Treff geboren, "als Notnagel für die Familien, die wirklich keine Hebamme gefunden haben".

Termin ist jeden Freitag ab 18 Uhr

Die Wochenbettambulanz findet seit Monatsanfang jeden Freitag von 18 bis 21 Uhr im Bräunlinger Vereinshaus statt. Betroffene Frauen können per E-Mail an wochenbettambulanz@gmail.com für sich und ihr Baby Termine in diesem Zeitraum buchen. Auch die Männer sind willkommen, mitzubringen ist die Gesundheitskarte.