Die Rückkehr zum G9-Gymnasium, der Bevölkerungsschutz und eine möglich Kennzeichnungspflicht bei der Polizei – vielfältige Themen kamen beim politischen Aschermittwoch des FDP-Kreisverbands Rottweil zur Sprache.
Bei der traditionellen Aschermittwoch–Veranstaltung des FDP - Kreisverbands Rottweil im Gasthaus „Hirsch“ in Flözlingen blieb kein einziger Platz mehr frei.
Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag von Baden–Württemberg, Julia Goll, und der Rottweiler Landtagsabgeordnete Daniel Karrais kritisierten auf ihrem Streifzug durch wesentliche Felder der Landespolitik die Arbeit der Regierung.
Einen Tag nach Ende der fünften Jahreszeit laden die Parteien landauf landab zu Veranstaltungen ein. Die Kreis-Liberalen eröffnen den Schlagabtausch mit dem politischen Gegner nach der Fasnet schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert in der Flözlinger Brauereigaststätte. Mitglieder, Interessierte und Stammgäste waren zum politischen Aschermittwoch gekommen. Es wurde zwar Tacheles geredet, die Angriffslust der beiden Landtagsabgeordneten blieb jedoch im Rahmen.
Rückkehr zum G9-Gymnasium gefordert
Von einer „enttäuschenden Bilanz der grün-schwarzen Regierung“ und einem „philosophierenden, achselzuckenden Ministerpräsidenten“ sprach Karrais. In der Bildung sei das Land weit abgerutscht, stellte er fest. Beide Landtagsabgeordnete forderten die Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung und zum G 9-Gymnasium. Goll, sie ist auch innenpolitische Sprecherin in der Fraktion, meinte: „G 8 war eine Idee, hat aber nicht funktioniert“. Die Landesregierung sage nun, eine Rückkehr gehe nicht, weil es zu wenig Lehrer gebe.
Der Oberndorfer Bürgermeister Hermann Acker, er war auch unter den Gästen, wies später im Gespräch am Tisch auf einen weiteren kritischen Punkt hin. Die Kommunen verfügten im Moment gar nicht über die räumlichen Kapazitäten für einen kurzfristigen Wechsel zum G9-Gymnasium, gab er zu bedenken.
Rückennummern bei der Polizei in der Diskussion
Die FDP-Politikerin prangerte die Kennzeichnungspflicht bei der Polizei an. „Rückennummern sind überflüssig“, damit werde die Polizei unter Generalverdacht gestellt. Ein Besucher, wohl ein ehemaliger Polizeibeamter, sah die Kennzeichnungspflicht dagegen als nicht kritisch an. Seitdem die Grünen an der Regierung seien, habe sich der Staatshaushalt und die Personalausstattung gewaltig aufgebläht, „man hat eine desolate Finanzpolitik betrieben“, bemängelte die fünffache Mutter und Ehefrau des früheren baden -württembergischen Justizministers Ulrich Goll. Sie nannte dazu entsprechende Zahlen.
Thema war auch die geplante Justizvollzugsanstalt in Rottweil. Aufgrund der langen Verzögerung komme diese nunmehr auf 280 Millionen Euro Kosten. Kritik übte sie ebenso an der Verteilung der Mittel für die Wiedereinführung der Sirenen nach dem Windhundprinzip. Karrais warf der Regierung vor, die vorgegebene Anzahl der Windräder bei weitem nicht erreicht zu haben.
Missstände bei Bevölkerungsschutz ignoriert
Etliche Wortmeldungen gab es dann auch beim politischen Aschermittwoch nach den Kurzreferaten der beiden Landtagsabgeordneten Julia Goll und Daniel Karrais.
Einige Missstände wie bei der äußeren Sicherheit und dem Bevölkerungsschutz seien bekannt gewesen, jedoch ignoriert worden, äußerte Oberndorfs Bürgermeister Hermann Acker. Die Politik, so seine Forderung, sollte sich mehr an der „Realität in den Kommunen“ orientieren. Als ein Beispiel führte der Bürgermeister den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung an. Jetzt seien die Kita-Plätze da, doch nun habe man kein Erziehungspersonal. Sein Appell an die Politik: Sich auf das Wesentliche konzentrieren und den Kommunen auch Zeit für die Umsetzung einzuräumen. Denn: „Alles geht nicht gleichzeitig.“
Hielscher für bundeseinheitliches Abitur
Arzt Martin Hielscher verlangte aus Gründen der Gleichheit und Gerechtigkeit ein bundeseinheitliches Abitur. „Ohne Gleichheit ist Demokratie nur eine leere Worthülse.“ Die FDP müsse „Kante zeigen“ und die Deindustrialisierung verhindern, verlangte ein Zuhörer im Zusammenhang mit der Entwicklung in der Automobilindustrie. Elektromobilität („Wie Lemminge rennen die Grünen ihr hinterher“) sei begrenzt, synthetische Kraftstoffe würden vernachlässigt, so die Kritik.
Manfred Haas wünscht schärferen Blick auf Özdemir
Der Flözlinger Manfred Haas wünschte sich, „dass die FDP Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mehr auf die Finger klopft“. Den lasse man machen, was er wolle, beklagte der Landwirt. Was die FDP davon abhalte, sich für die Einführung von Privatschulen einzusetzen, wollte ein Zuhörer wissen. Diese gebe es immerhin auf der ganzen Welt, „die FDP sollte dieses Tabu-Thema aufgreifen.“ Bildung dürfe keine Frage des Geldbeutels sein, erwiderte Karrais und erteilte dazu aus sozialen Gründen eine klare Absage.