Wann der Ball wieder rollt, wie hier bei der E-Jugend zwischen Dornstetten und Herzogsweiler-Durrweiler, ist noch vollkommen unklar. Was diese lange Pause für den Jugendbereich bedeutet, darüber haben wir mit Trainern und Jugendkoordinatoren aus der Region gesprochen. Foto: Kugler

Jugendfußball: Betreuer und Trainer hoffen, dass Spieler nicht das Interesse verlieren. Sorgen um Entwicklung und Leistung.

In Corona-Zeiten sorgen sich viele Fußballvereine in der Region um die Junioren, die derzeit zum Nichtstun verurteilt sind. Viele Trainer und Jugendbetreuer befürchten einen Rückgang der Spielerzahlen und machen sich Gedanken, um die Leistungen der Jugendlichen.

Die derzeitige Situation rund um die Corona-Pandemie sorgt bei den Klubs der Region, gerade auch im Jugendbereich, für viele offene Fragen. Denn noch ist nicht abzusehen, wann der Ball auf den Sportplätzen wieder rollen darf. Das stellt die Vereine vor große Herausforderungen. Vor allem geht es darum, die Spieler bei Laune zu halten, bis es zum Re-Start kommt. Doch das ist während des zweiten Lockdowns gar nicht so einfach. Das betrifft nicht zuletzt die Junioren und Juniorinnen, die sich gerade in ihrem letzten Jugendjahr befinden und sich für die Frauen- und Herrenmannschaften empfehlen wollen – aber kaum spielen können.

Auch besteht die Gefahr, dass die eh schon sinkenden Zahlen von Spielerinnen und Spielern im Jugendbereich durch den ruhenden Spielbetrieb noch weiter abfallen könnten. Ein Stimmungsbild aus der Region zu derzeitigen Lage gaben im Gespräch mit unserer Zeitung einige Verantwortliche für den Kinder- und Jugendbereich ihrer Vereine im Nördlichen Schwarzwald ab.

Adnan Nuhija (TuS Ergenzingen, Trainer D- und E-Junioren): "Fehlende Trainings- und Spielpraxis machen sich bestimmt erheblich bemerkbar. So haben beispielsweise Spieler des älteren Jahrgangs, die beim ersten Lockdown die ganze Rückrunde nicht gespielt haben und nun in die nächsthöhere Altersklasse kommen, erhebliche Probleme bei der Umstellung. Da es insbesondere in den Jahrgängen E, D bis C extrem notwendig ist, dass die Jugendlichen so viel wie möglich trainieren und spielen, geht die Leistungsfähigkeit und die Entwicklung, wie sie sonst zu erwarten wäre, meiner Meinung nach erheblich zurück. Das macht sich besonders negativ in den älteren Jahrgängen der E-Junioren, beiden Jahrgängen der D-Junioren, beim jüngeren Jahrgang C-Junioren und beim älteren Jahrgang A-Junioren bemerkbar. Ich befürchte einen Rückgang der Spielerzahlen. Wobei ich nicht denke, dass die Spieler unbedingt gefrustet sind, sondern einfach das Interesse entsprechend nicht mehr vorhanden ist und die Glaubwürdigkeit für den Sport verloren geht."

Florian Buob (SG Herzogsweiler/Durrweiler): "Die Leistungsfähigkeit der Spieler leidet eindeutig unter dem aktuellen Lockdown. Viele Spieler sitzen im Homeschooling und verbringen aufgrund des fehlenden Trainings zu viel Zeit am PC, Smartphone oder der Konsole. Das Training, der Spielbetrieb und der Sportunterricht in der Schule entfallen, was eine negative Auswirkung auf die sportliche Fitness der Kinder und Jugendlichen klar deutlich macht. Da dürfte die klassische Whats-App-Gruppe bei den höheren Altersklassen (ab C-Junioren aufwärts) eine wichtige Rolle spielen. Gerade im wichtigen Alter der D-Junioren (teilweise auch C-Junioren) fehlt die aktuelle Spiel- und Trainingszeit, um die Spieler Stück für Stück zu verbessern. In diesem Alter sind die Spieler noch am ehesten ›formbar‹. Die Trainer können dann die individuellen Fähigkeiten einzelner Spieler gezielt fördern. Das alles entfällt aktuell, sodass die Aus- und Weiterbildung von Jugendspielern auf dem Nullpunkt gelandet ist. Einen Rückgang der Spielerzahlen befürchte ich durch die Coronapause nicht, ich glaube eher, dass es sich (wenn überhaupt) nur um einen sehr leichten Rückgang handeln wird. Viele Jugendspieler wollen wieder zurück auf den Platz und raus von zu Hause. Viele (übrigens auch wir Erwachsene) wollen raus aus dem eingesperrten zu Hause und ihren Hobbys wieder nachgehen. Kicken, Freunde beziehungsweise Mannschaftskameraden treffen und Tore schießen bleibt einfach eine Leidenschaft, die uns kein Virus nehmen kann."

Narcis Nahodovic (SGM Freudenstadt): "Letztes Jahr gab es ein Zeitfenster von ein paar Monaten in denen ein Trainings- beziehungsweise Spielbetrieb möglich war, allerdings auch nur unter eingeschränkten Bedingungen. Aktuell sieht es auch noch nicht danach aus, dass es demnächst weitergehen könnte. Das wird sich alles andere als positiv auf die Entwicklung der Spieler auswirken. Es ist bitter, wenn Kinder und Jugendliche nicht mal im privaten Bereich ihrem Hobby nachgehen können. Video- und Onlinetraining wurde bisher zum Teil genutzt. Allerdings kann man damit höchstens den Fitness- und Athletikbereich abdecken. Der Leistungsabfall zieht sich durch alle Altersklassen durch. Egal ob das der ältere A-Jugend Jahrgang ist, der seit einem Jahr gerade mal eine Handvoll Pflichtspiele absolviert hat, oder im unteren Jugendbereich, wo nur Trainingseinheiten und keinerlei Turnierformen möglich waren. Die Gefahr, dass die Spielerzahlen zurückgehen, ist groß. Trotzdem habe ich Hoffnung, dass, sobald es wieder erlaubt ist auf den Sportplatz zu gehen, die Sehnsucht der Spieler nach Bewegung und Spaß am Fußball größer ist. Über allem steht, dass alle gesund bleiben und sich an die Regeln halten. Dann werden wir auch hoffentlich bald wieder Fußball auf dem Feld und nicht nur im Fernsehen erleben."

Robert Gollor (Jugendkoordinator und B-Jugend-Trainer SG Empfingen): "Wir stellen wöchentlich eine technische Übung als Challenge zu Verfügung. Die Teilnahme der Spieler lässt aber sehr zu wünschen übrig. Fußball ist eben ein Mannschaftssport. Das ist wohl auch für viele der Antrieb, mit Freunden in einem Team zu spielen und zu trainieren. Sich mit anderen Teams zu messen. Das findet alles in einem Onlinetraining nicht statt. Daher ist die Motivation auch nicht dauerhaft aufrechtzuerhalten. Es sei denn, der eine oder andere hat das Ziel, Profi zu werden. Der wird mehr tun als die anderen. Die Entwicklung des Spielverständnisses bleibt vollkommen auf der Strecke. Einen Leistungseinbruch erwarte ich ab der E-Jugend. Ein großes Problem sehe ich bei den A-Jugendlichen, denen fehlt die Praxis, um dann nahtlos bei den Aktiven integriert zu werden. Ein Rückgang der Spielerzahlen ist schon möglich, auf der anderen Seite ist da noch der natürliche Bewegungstrieb, der hoffentlich so stark ist, dass alle wieder zurückkommen."

Wolfgang Ottmar (Jugendkoordinator SGM Vöhringen): "Für die Ausbildung und Entwicklung der Spieler sehe ich aktuell große Einschneidungen. Trotz aller Alternativen in Sachen Trainingsgestaltung und -fortführung zu Hause, bleibt Fußball doch ein Mannschaftssport und das Training in der Gruppe ist durch nichts zu ersetzen. Trotzdem nutzen unsere Trainer in der SGM Vöhringen verschiedene Hilfsmittel und natürlich auch die sozialen Medien. Doch vor allem für die Jahrgänge der A-Junioren (2002) und der B-Juniorinnen (2004) wird dieses fehlende ›Vorbereitungsjahr‹ hin zum Aktivenbereich große Nachteile mit sich bringen, da hier der letzte Entwicklungsschritt einfach fehlt. Ob es ein Rückgang der Spielerinnen -und Spielerzahlen gibt? Im Moment ist diese Frage sehr schwer zu beantworten. Stand heute würde ich eher sagen, dass die Lust auf Fußball deutlich größer ist als der Frust. Da aber die Schulen noch immer geschlossen sind und durch die Lockdowns sehr viel Lernstoff liegen geblieben ist, befürchte ich eine zeitliche Überforderung der Schüler, die ja ohne Lockdown schon sehr in den Schulen gefordert waren. Resultierend daraus könnte es eine für die Vereine und den Fußball ungünstige Verschiebung der Prioritäten geben."

Rajko Pajdic (A-Jugend-Trainer SGM SV Glatten): "Der Lockdown trifft die A-Jugend meines Erachtens hart, da die Spieler sich teilweise im letzten Jugendjahr befinden, in dem sie sich gegen Gleichaltrige messen könnten. Gegebenenfalls verliert man somit das ein oder andere positive Erlebnis, welches man mit der Jugend verbindet. Nach diesem Coronajahr folgt für einige der Schritt in den aktiven Bereich, wo man funktionieren muss. Hoffentlich überwiegen die positiven Erlebnisse und man hat sich nicht zu sehr an die neue Freizeitgestaltung (kein Training, mehr Zeit für andere Dinge) gewöhnt. Da wir in der A-Jugend in einer SGM aus vier Vereinen (Aach, Dornstetten, Hallwangen und Glatten) sind und die Jungs dadurch schon bei den Aktiven in Whats-App- und Zoomgruppen dabei sind, haben wir uns in der A-Jugend mit Onlinetraining zurückgehalten. Sobald die Saisonfortsetzung feststeht, werden wir uns wieder mit der A-Jugendtrainingsgestaltung beschäftigen. Ich denke für die Persönlichkeitsentwicklung schadet es derzeit jeder Jugendaltersklasse, weniger Sozialkontakte zu haben. Sport verbindet und reißt einen aus dem Alltagsstress und bringt für vielen einen Ausgleich. Dieser fehlt allen. Rein sportlich gesehen spricht man in der D-Jugend vom goldenen Lernalter, aber ich denke es wird auch im vorpubertären Alter und Pubertätsalter (C- und B-Jugend) der sportliche Ausgleich guttun. Ich glaube, wenn Spieler nach Corona aufhören, dann durch andere Priorisierungen. Fußball ist auch eine zeitliche Verpflichtung, und da es als Mannschaftssport betrieben wird, kann man es zeitlich nicht individuell gestalten. Da hat der ein oder andere sicherlich den Geschmack daran gefunden. Natürlich hofft man, dass die Jungs den Spaß und die Kameradschaft in der kurzen Zeit nicht vergessen haben, der sie für den Fußball begeistert hat."